Vortrag und Diskussion

Lutz Getzschmann: "Die Zukunft der Krise"

Montag, 26.10.2009, 20.00 Uhr

Freiburg | Universität, Peterhof, HS 2, Niemensstr. 10


Die Wirtschaftskrise ist weit mehr als nur eine Krise der Finanzmärkte und sie ist noch lange nicht vorbei, wie uns in den letzten Wochen eingeredet werden sollte. In ihr kommen verschiedene Faktoren zusammen, die in den nächsten Monaten noch eine ungeahnte Dynamik entfalten können: Globale Überproduktion, etwa in der Automobilindustrie, Krise der ökonomischen und politischen Hegemonie der USA und Neuverteilung des internationalen Kräfteverhältnisses zwischen den führenden kapitalistischen Mächten.

Auch die nach oben drängenden „Schwellenländer“, etwa Indien und China, die momentan einen Prozess nachholender kapitalistischer Modernisierung durchlaufen, sind vor den Auswirkungen dieser Krise nicht gefeit. In China, dessen ökonomische Expansion selbst Bestandteil der internationalen Krise ist, zeichnen sich bereits soziale Eruptionen und Klassenauseinandersetzungen ab, die international ausstrahlen könnten.

Was aber steht uns hier in Deutschland und Europa bevor? Zumindest können wir uns auf einen beträchtlichen Anstieg der Massenarbeitslosigkeit und weitere Angriffe auf Kündigungsschutz und tarifliche Standards sowie weitere marktkonforme „Reformen im Gesundheitswesen“ einstellen. Auch der politische und ökonomische Druck auf Erwerbslose, Prekäre und Minijobber dürfte steigen. Aber führt dies auch hier zu den viel beschworenen „sozialen Unruhen“? In Frankreich und Großbritannien kam es zu einer Welle von Abwehrkämpfen gegen Betriebsschließungen und Massenentlassungen, deren Militanz auch hierzulande so manchen aufhorchen ließ. Diesen Kämpfen soll im Rahmen der Veranstaltung ebenso nachgegangen werden, wie dem Verhalten der Gewerkschaften in Deutschland, die sich zwischen institutioneller Lähmung und Standortnationalismus in einer Sackgasse verirrt zu haben scheinen.

Längst ist klar geworden: Die Angst vor der Vernichtung der sozialen Existenz hat auch Teile des Bürgertums erfasst, die sich bei den letzten Wahlen um das marktradikale Programm der FDP sammeln, bei einer Verschärfung der Lage aber auch empfänglich sein könnten für noch wesentlich rabiatere und sozialchauvinistischere Bewegungen aus der Mitte der bürgerlichen Milieus. Ob sie es sind oder die klassenantagonistischen Kräfte innerhalb der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die in den nächsten 12 Monaten die gesellschaftliche Auseinandersetzung prägend beeinflussen werden, ist jedoch noch offen.

Es spricht Lutz Getzschmann, Sekretär der International Workers of the World Germany (IWW, „Wobblies“), der regelmäßig für die linke Wochenzeitung JUNGLE WORLD über ökonomische Entwicklungen und Arbeitskämpfe schreibt.



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