Nachricht | Parteien / Wahlanalysen - Amerikas - Mexiko / Mittelamerika / Kuba - Staat / Demokratie - International / Transnational Mexiko: «AMLO» wird Präsident

Spezial zum Machtwechsel nach den Wahlen in Mexiko. Analyse und Interviewreihe mit dem Menschenrechtsaktivisten Antonio Cerezo.

Andrés Manuel López Obrador aka AMLO im mexikanischen Wahlkampf (17.Juni 2018)
Andrés Manuel López Obrador aka AMLO im mexikanischen Wahlkampf (17.Juni 2018). Er gilt als bescheiden und ehrlich. Sein Wahlerfolg wird von vielen als der erste demokratische Sieg in der Geschichte Mexikos bewertet. Quelle: lopezobrador.org.mx

Der linksgerichtete Kandidat der «Bewegung zur Erneuerung Mexikos» (MORENA) hat es geschafft: Am 1. Dezember 2018 wird Andrés Manuel López Obrador, von seinen Anhänger*innen «AMLO» genannt, die Regierungsgeschäfte in Mexiko übernehmen. Vor Hundertausenden sprach der Wahlsieger in der Nacht von Sonntag, 1. Juli, auf Montag auf dem «Zócalo», dem zentralen Platz der Hauptstadt, den man ihm für seine Abschlusskundgebung im Wahlkampf noch versagt hatte. Dort erneuerte er sein Versprechen, die arme Bevölkerungsmehrheit in das Zentrum seiner Politik zu stellen und die grassierende Korruption zu bekämpfen. Unternehmer*innen müssten sich indessen keine Sorgen machen. Erstmals sprach der ehemalige Bürgermeister von Mexiko-Stadt dort auch direkt die LGBTI-Community an, die er als integralen Bestandteil der Gesellschaft bezeichnete. AMLO gilt als bescheiden und ehrlich. Sein Wahlerfolg wird von vielen als der erste demokratische Sieg in der Geschichte Mexikos bewertet.

Für die ebenfalls am 1. Juli neugewählte erste Kammer des Parlaments liegen noch keine endgültigen Zahlen vor, aber hier zeichnet sich ebenfalls eine linke Mehrheit ab. Auch wird MORENA künftig in vier der 32 Bundesstaaten regieren können. Neben dem ölreichen Staat Veracruz gewann ein linker Kandidat in Morelos und Chiapas, in Puebla ist das Kopf-an-Kopf-Rennen indes noch nicht entschieden. Deutlich setzte sich in Mexiko-Stadt mit Claudia Sheinbaum erstmals eine Frau als Regierungschefin durch, die Umweltpolitikerin gehört zum linken Flügel von MORENA.

Nach einem extrem gewalttätigen Wahlkampf kam es auch am Sonntag wieder zu Schießereien, es gibt Berichte von gestohlenen Wahlzetteln, Stimmenkauf und Manipulation. Unternehmer*innen und ihre Verbände bezeichneten AMLO als den «Chávez von Mexiko» und versuchten seinen Wahlsieg mit einer Angstkampagne zu verhindern. Doch das hat dieses Mal nicht gereicht. Ein trauriges Bild gab die vormals linke «Partei der Demokratischen Revolution» (PRD) ab. Bei den Wahlen 2006 und 2012 war AMLO noch ihr Kandidat, jetzt machten sie Stimmung gegen ihn und unterwarfen sich der rechtskatholischen «Partei der Nationalen Aktion» (PAN) im Bündnis für den neoliberalen Rechtskatholiken Ricardo Anaya. Dessen Bündnis landete mit rund 22 Prozent auf Platz Zwei, die PRD trug dazu gerade einmal fünf Prozentpunkte bei. Der von der regierenden «Revolutionären Institutionellen Partei» PRI aufgestellte Wirtschaftspolitiker José Antonio Meade erreichte etwa 16 Prozent.

Nun ist es also an der moderaten Linken Mexikos, erstmals auf nationaler Ebene zu beweisen, dass sie sich besser für soziale Belange und Gerechtigkeit einsetzen kann. Dafür ist sie allerdings ein Bündnis mit durchaus umstrittenen Unternehmensvertreter*innen und einer fundamentalistisch-evangelikalen Kleinpartei eingegangen und hat den eigenen Spielraum somit von vornherein eingeschränkt.

Torge Löding, 2.Juli 2018

Am 1. Juli 2018 fanden in Mexiko Wahlen statt. Neben der Präsidentschaftswahl wurde auch das Parlament und der Senat neu besetzt. Die Wahlen fanden in einer Situation statt, in der die Lebenshaltungskosten steigen und die Wirtschaft lahmt. Repression und Gewalt haben neue Ausmaße angenommen. 2017 war das gewalttätigste Jahr seit dem Beginn der Statistik 1990 in Mexiko, mehr als 26.500 Morde wurden gezählt. Zu den Opfern von Mord und Repression zählen zahlreiche Aktive aus sozialen Bewegungen und auch Journalist*innen. Dieser Wahlkampf war so blutig wie nie zuvor: 110 Morde und 380 Angriffe auf Kandidat*innen fast aller Parteien wurden verzeichnet.

Mehr dazu: «Blutiger Wahlkampf in Mexiko». Vorwahlanalyse, über die Kandidat*innen, die soziale und politische Situation in Mexiko von Torge Löding, Referent für Mexiko, Nordamerika und Vereinte Nationen.