Nachricht | International / Transnational - Soziale Bewegungen / Organisierung Widerstand unter schwierigen Bedingungen

Bericht vom Alternativgipfel und den Protesten gegen das Treffen der G7 in Elmau/Garmisch-Partenkirchen, 3.-8.6.2015.

Information

Die Demonstrationen, Proteste und Aktionen zivilen Ungehorsams sowie die inhaltliche Auseinandersetzung linker Akteure mit der Wirkungsweise und den Folgen der neoliberalen Globalisierung im Zuge des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007 waren für die linke Bewegung ein Meilenstein. Für den deutschsprachigen Raum hatten sie wahrscheinlich eine ähnliche Bedeutung für die Politisierung einer Generation wie auf internationaler Ebene das WTO-Treffen in Seattle 1999 oder der Gipfel in Genua 2001. Der (auch problematische) Mythos von Heiligendamm[1], wo ca. 80.000 Menschen ihren Unmut über die herrschenden Verhältnisse auf vielfältige Weise äußerten, musste zwangsläufig die Erwartungen und die Bewertungen des Treffens der G7 bei Garmisch-Partenkirchen stark beeinflussen. Dennoch war von Anfang an klar, dass die Organisierung von Gegenöffentlichkeit und Protest hier unter anderen Voraussetzungen stattfindet. Die Zeit der Gipfelproteste hat ihren Zenit weit überschritten, wenngleich – wie Garmisch-Partenkirchen zeigt – sie deswegen nicht völlig vorbei ist. Der Fokus liegt heute weniger auf den Großereignissen, die Bewegung betreibt weniger ein affektuelles und zu Recht kritisiertes Gipfel-Hopping. Stattdessen konzentrieren sich bewegungsorientierte Linke einerseits auf das neuere und themenverwandte Feld „Blockupy“ sowie notwendigerweise auf die kräftezehrende Abwehr rechtspopulistischer und neofaschistischer Tendenzen, wie sie seit Herbst 2014 in neuer Intensität zu Tage traten.

Auch denjenigen, für die G7 ein fester Termin war, stellten sich hohe Hürden, ins südlichste Bayern zu fahren. Das unwegsame Gelände, auf welchem sich auch ein militärisches Sperrgebiet befindet, erschwerte ein Agieren bzw. verlangte größere Vorbereitungen von Protestwilligen. Wesentlich stärker ins Gewicht fällt hingegen die im Vorfeld angekündigte und auch tatsächlich so praktizierte massive polizeiliche Kontrolle des gesamten Gebietes bis hin zur zeitweiligen Aussetzung des Schengen-Abkommens und der Durchführung von Grenzkontrollen, um DemonstrantInnen aus anderen Ländern daran zu hindern, an den Aktionen teilzunehmen.

Der „Internationale Gipfel der Alternativen“

Zunächst einige Worte zum „Internationalen Gipfel der Alternativen“[2], der maßgeblich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung mitorganisiert wurde. Am 3. und 4. Juni fanden in München, dem G7-Gipfel vorgelagert, zahlreiche inhaltliche Veranstaltungen statt, die sich kritisch mit Fragen der Globalisierung auseinandersetzten. Es kamen doppelt so viele TeilnehmerInnen, wie von den OrganisatorInnen erwartet bzw. sich im Vorfeld angemeldet hatten. Die Veranstaltungen waren durchweg gut besucht und teilweise wurde es zu eng. Die globalen Krisen, Machtverhältnisse, Kriege, der Klimawandel, die Migration und das Freihandelsabkommen TTIP wurden diskutiert. Diese und andere Themengebiete wurden durch Podiumsdiskussionen aufgespannt und in zahlreichen Workshops vertieft. Wenngleich die Themen hoch aktuell sind, erschien der Alternativgipfel keineswegs als etwas Neues, sondern wirkte als eine Aktualisierung globalisierungskritischer Themengebiete. Dies ist legitim und auch insofern gut, weil das in bestimmten Kreisen vorhandene Wissen längst noch nicht überall verbreitet ist und auch einer Neubetrachtung bedarf. Nichtsdestotrotz ist das Interesse von radikaleren linken Gruppen daran gering. Festzuhalten bleibt, dass ein gelungener Alternativgipfel stattfand.

Die Großdemonstration in München

Die Großdemonstration unter dem Motto „TTIP stoppen! Klima retten! Armut bekämpfen!“[3] am Donnerstag, dem 4.6. kollidierte zeitlich mit der letzten Workshop-Phase und der ursprünglich geplanten Abschlussveranstaltung des Alternativgipfels, was an dem hartnäckigen Willen der Veranstalter der Demonstration lag, die auf die Organisatoren des Alternativgipfels keine Rücksicht nahmen. Während der Vorbereitung der Gipfelproteste hatte sich das anfänglich bestehende breite Bündnis in drei verschiedene Trägerkreise für den Alternativgipfel, die Demonstration in München und die Aktionen in Garmisch-Partenkirchen und Elmau aufgespalten, zwischen denen eine Abstimmung nur noch eingeschränkt stattfand. Da der Freitag in Bayern ein Brückentag zwischen dem Feiertag Fronleichnam und dem Wochenende war, hätte die Demonstration durchaus auch am Freitag stattfinden können; alternativ hätten auch mehr Menschen nach Garmisch-Partenkirchen mobilisiert werden können, selbst wenn nur ein Teil der in München Demonstrierenden diesem Aufruf gefolgt wäre. Auf Grund des dort stattfindenden G7-Gipfels waren PressevertreterInnen auch in dieser relativ abgelegenen Gegend vertreten und dadurch hätten die Aktionen des zivilen Ungehorsams rund um Elmau mehr Gewicht bekommen. Dass 40.000 Menschen an der Demonstration in München teilnahmen, ist – angesichts dessen, dass niemand mit einer ähnlich großen Beteiligung wie in Heiligendamm 2007 gerechnet hatte – durchaus ein Erfolg für die Organisatoren.[4] Es bleibt aber ein bitterer Nachgeschmack angesichts des Zerwürfnisses der G7-Gegner in Bezug auf das inhaltliche Profil der Proteste und die Aktionsformen. Weiterhin sind die permanenten Appelle bestimmter beteiligter Organisationen wie Campact an Regierungsbeauftragte kein Erfolg für demokratisches Handeln und befördern dieses nicht. Sie sind eher ein Ausdruck postdemokratischer Verhältnisse und der Auslagerung staatlicher Funktionen in verschiedene NGOs.[5]

Das Camp

Schon von Montag, dem 1.6. an wurde das Camp in Garmisch-Partenkirchen errichtet, welches als wichtigster Anlaufpunkt und Basis für die weiteren Aktionen dienen konnte. Die Auseinandersetzungen im Vorfeld auf juristischer und politischer Ebene waren von solcher Schwierigkeit, dass es bis zuletzt unklar war, ob es überhaupt ein Camp geben würde. Allen war dabei klar, dass ein Protestcamp natürlich die Grundlage für ein Gelingen der Aktionen bildet und ohne dieses einerseits weniger DemonstrantInnen kommen würden, dass andererseits diejenigen, die trotzdem kommen würden, dann relativ desorientiert wild campen würden. Glücklicherweise konnte das Camp juristisch durchgesetzt werden und wurde geduldet. Von Tag zu Tag wuchs die Zahl der Camp-BewohnerInnen, bis am Freitag von einem Bauern sogar das Nachbargrundstück freigegeben wurde, was absolut notwendig war. Die Polizei überwachte und kontrollierte das Camp auf vielfältige Weise rund um die Uhr. Immerhin konnte ihr der Zugang zum Camp selbst dauerhaft verwehrt werden. Für JournalistInnen war ebenfalls ein Foto-, Film- und Interviewverbot auf der Campfläche angesagt; eine Pressestunde vor dem Campeingang wurde täglich von 11 bis 12 Uhr eingerichtet. Es gab mehrere große Plena zur kollektiven Entscheidungsfindung und Selbstorganisation, welche teilweise äußerst gut, teilweise mittelmäßig funktionierten. Als politische Strömungen waren viele AnarchistInnen[6], aktionsorientierte KommunistInnen[7], einige TrotzkistInnen[8] und einzelne Menschen von Umweltbewegungen und der globalisierungskritischen Bewegung vertreten. Die Zusammenarbeit funktionierte und erstaunlicherweise kam es kaum zu Konflikten innerhalb des Camps. Nach dem heftigen Gewitter am Samstagabend war es schwierig, die Infrastruktur wieder zu errichten, was schließlich doch gelang. Auf dem Camp selbst, während den Aktionen und auch in der Stadt kam es vielfach zur Annäherung zwischen den AktivistInnen und der ortsansässigen Bevölkerung, welche im Vorfeld massiv von den staatlichen Behörden eingeschüchtert worden war. Diese Hetze zu durchbrechen war ein wichtiger, unterschwelliger Effekt der Aktionen in Garmisch-Partenkirchen.

Die Aktionen

Zum Auftakt der Proteste hatte es am 3.6. eine selbständig organisierte Blockadeaktion eines Schlachthofes in München durch Tierrechts-AktivistInnen gegeben, welche große mediale Aufmerksamkeit erreichte.[9] Die Polizei stellte 62 Strafanzeigen in diesem Zusammenhang.[10]

Aktionsfähig konnten die DemonstrantInnen in Garmisch-Partenkirchen erst ab Freitag werden, als genug Menschen angereist waren, um eine gewisse Kraft darzustellen. Am Freitag um 12 Uhr sollten eine Kundgebung und eine Pressekonferenz mit internationalen Gästen am Bahnhofsplatz stattfinden. Die Gäste wurden jedoch auf der Fahrt nach Garmisch-Partenkirchen an jedem der drei eingerichteten Polizeikontrollpunkte ausgiebig und mit Vorwänden kontrolliert, sodass die Veranstaltung erst zweieinhalb Stunden später stattfinden konnte. Dass geladene Gäste nicht an einer angemeldeten Veranstaltung rechtzeitig teilnehmen können, ist als Schikane zu werten und nicht irgendwelchen Vorsichtsmaßnahmen geschuldet. Aufgrund der starken Verspätung waren zum Zeitpunkt der Veranstaltung nur noch wenige BesucherInnen und VertreterInnen der Presse vor Ort.

Eigentlich für später geplant, so aber zeitgleich, fand eine antimilitaristische Demonstration statt, welche das Marshall Center, einen militärischen Think Tank, stellvertretend mitverantwortlich für die Militarisierung und die Rüstungspolitik der G7-Staaten machte. Dabei wurde bei einer Kundgebung in einer Agit-Prop-Aktion die Pappfigur eines Panzers verbrannt, was medial für große Aufmerksamkeit sorgte.[11] Zu weiteren Vorkommnissen kam es nicht.

Nach einem Aktionsplenum am Freitagabend, welches in erstaunlich respektvoller und solidarischer Atmosphäre stattfand, ging vom Camp eine Spontandemonstration aus. Anlass war nicht der G7-Gipfel, sondern das Attentat in der Türkei auf die pro-kurdische Partei HDP, die von vielen Menschen im linken Spektrum unterstützt wird. Auch aufgrund dessen, das es Nacht war, war die Stimmung dabei etwas angespannt, keineswegs jedoch aggressiv.

Am Samstagnachmittag gab es die angekündigte und lange vorbereitete Demonstration durch Garmisch-Partenkirchen zur Straße B2, welche die Zubringerstraße für Elmau darstellt. Ca. 5.000-6.500 Menschen versammelten sich ab 14 Uhr am Bahnhofsplatz. Schließlich startete die Demonstration und wurde sogleich unter dem Vorwand angeblicher Nichtbeachtung von Auflagen aufgehalten. Die ganze Zeit über wurde die Demonstration direkt von der Polizei begleitet; etwa 5.000 Beamte waren dafür abgestellt worden. Als der Demozug zur Zwischenkundgebung in Richtung Ausgang Garmisch-Partenkirchen kam, eskalierte die Polizei die Situation, indem sie einzelne Wurfzelte zum Anlass nahm, massiv gegen Menschen im vorderen Teil der Demo vorzugehen. Dabei wurden sofort Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt. Der restliche Demozug stoppte daraufhin und blockierte sich selbst, indem er keine alternativen Handlungsmöglichkeiten ergriff. Immerhin solidarisierten sich viele TeilnehmerInnen, anstatt abgeschreckt durch den einsetzenden Regen einfach zu gehen. Insgesamt handelte es sich um eine kraftvolle Demonstration, die verschiedene politische Spektren zusammenbrachte.

Am frühen Sonntagmorgen, dem 7.6. wurden mehrere Versuche der Blockade der sogenannten „Protokollstraße“ unternommen, die teilweise Erfolg hatten und Aufmerksamkeit auf sich zogen, auch wenn sich nur wenige Menschen beteiligten.[12] Des Weiteren fanden sich zwei Großgruppen als „Finger“ des Sternmarsches zusammen, welche sich Richtung Elmau bewegten. Dies konnten sie relativ unbeschwert, jedoch unter permanenter Polizeibegleitung tun. Als sie auf den Zaun trafen, der den G7-Gipfel vor den DemonstrantInnen schützen sollte, war jedoch kein weiteres Agieren möglich, da vor und hinter dem Zaun jeweils Hunderte Polizisten standen. Eine wesentlich höhere Zahl von DemonstrantInnen wäre erforderlich gewesen, um hier Erfolge durch zivilen Ungehorsam und Direkte Aktionen zu erzielen.

Weiterhin hatten sich noch einzelne Gruppen durch das Terrain bewegt, um an den Zaun zu kommen. Auch eine „Rhythms of Resistance“-Samba-Gruppe schaffte es offenbar unmittelbar dorthin. Der Autokorso von Garmisch-Partenkirchen nach Mittenwald war verboten worden.

Die angemeldete Demonstration von Klais Richtung Elmau wurde auf sinnlose 40 Meter verkürzt. Als Pseudokompromiss wurde von staatlicher Seite angeboten, eine Delegation von 50 Personen vor dem Zaun demonstrieren zu lassen, wenn sie sich zudem dem Akkreditierungsverfahren wie die JournalistInnen unterzögen.[13] Dieses Angebot wurde im Aktionsplenum von den allermeisten Menschen verworfen, da sie sich nicht repräsentieren und vereinnahmen lassen wollten. Sie glaubten, dass ihr Anliegen auf diese Weise instrumentalisiert werden würde, und lehnten es an sich ab, auf diese völlig eingehegte Weise zu protestieren.

Eine ursprünglich angedachte weitere Abschluss-Demo für den Montagvormittag wurde auf eine Kundgebung verkürzt, da sich abzeichnete, dass die meisten AktivistInnen sich schon wieder auf den Heimweg begaben und von den gelaufenen Aktionen ausgelaugt waren bzw. spürten, keine weiteren Punkte mehr setzen zu können.[14]

Die Polizei

Die Schätzungen oder Zählungen, wie viele Polizeibeamte am Wochenende zum Schutz des G7-Gipfels wirklich eingesetzt worden waren, gehen auseinander. 20.000 ist eine realistische Zahl – wahrscheinlich waren es mehr. In jedem Fall war allen Akteuren klar, dass dieses Aufgebot für die Anzahl der Demonstrierenden viel zu stark war. Schon die Ankündigung einer derart massiven Polizeipräsenz hatte zu der repressiven Atmosphäre im Vorfeld beigetragen, aufgrund welcher wahrscheinlich viele Menschen nicht nach Garmisch-Partenkirchen gekommen waren. Das Polizeihandeln war zweigleisig ausgerichtet: Einerseits wurden die Bevölkerung und die DemonstrantInnen massiv eingeschüchtert, kontrolliert und mit Gewalt konfrontiert. Andererseits wurden große Kommunikationsteams beauftragt, die Demonstrierenden in freundlichem Ton direkt anzusprechen. Hubschrauber überfolgen regelmäßig das Camp und die Stadt. Es hieß, verschiedene Abhörmaßnahmen seien getroffen worden, und definitiv wurden Zivilpolizisten eingesetzt. Auf der Autobahn nach Garmisch-Partenkirchen wurden drei Kontrollpunkte eingerichtet und auch am Münchener Hauptbahnhof wurde stark kontrolliert. Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren wurde insofern nicht thematisiert, weil der Protest ein überschaubares und kontrollierbares Maß angenommen hatte. Wären wesentlich mehr Menschen nach Garmisch-Partenkirchen gereist, wäre wahrscheinlich auch der Einsatz der dort stationierten Gebirgsjäger diskutiert worden. Abgesehen davon, dass die Polizei nun viel Filmmaterial hat, welches sie monatelang auswerten kann, ist die absurde Größe des Aufgebots schwierig zu bewerten. Wahrscheinlich wurde von Seiten der Behörden wirklich mit wesentlich mehr Demonstrierenden gerechnet, welche in der Lage gewesen wären, militanter vorzugehen. Hierbei offenbart sich ein Unwissen der Polizeibehörden, was politische Prozesse angeht. Dies ist einer der wenigen Momente, welcher gelegentlich zum Vorteil von Demonstrierenden genutzt werden könnte.

Vor allem bei den Blockadeversuchen am Sonntagmorgen, aber auch bei der Demonstration am Samstag wurden ca. 50 Menschen festgenommen und in die Gefangenensammelstelle verbracht, fast alle aber nach kürzerer Zeit wieder freigelassen. Die Abstellung von 100 Richtern und 15 Staatsanwälten[15] sowie der errichtete Gefängniskomplex zeigen auch hier, dass die Behörden mit weit größeren und militanteren Protesten gerechnet hatten und es sich nicht lediglich um Einschüchterungsmaßnahmen handelte, um AktivistInnen fernzuhalten.

Schlussfolgerungen

Die Zeit großer Gipfelproteste ist vorbei – zumindest jene, in der diese Ereignisse auch breite mediale Aufmerksamkeit erhielten. Nichtsdestotrotz berichteten die Medien – wahrscheinlich im Bewusstsein des absolut ungleichen Verhältnisses von Polizeikräften und DemonstrantInnen – überwiegend nicht negativ. Es wurde keine breite Hetzkampagne gegen die GipfelgegnerInnen losgetreten, auch wenn Polizeibehörden im Vorfeld massiv die Ängste der Bevölkerung geschürt hatten, sich aber in den Augen vieler Menschen lächerlich machten. Der G7-Protest im Jahr 2015 zehrte vom Mythos der Proteste in Heiligendamm, was jedoch nicht dazu führte, dass sich ebenso viele Menschen nach Elmau begaben oder Gruppen im Vorfeld beteiligten. Beispielsweise waren Gruppen der Interventionistischen Linken (IL) kaum vertreten[16]; auch Attac Deutschland hatte nur zum Alternativgipfel, aber weder zur Demonstration in München noch zu den Aktionen in Garmisch-Partenkirchen aufgerufen. Auch das Blockupy-Bündnis hielt sich zurück.[17] Die Linksjugend/solid, die Grüne Jugend oder Greenpeace, welche früher für derartige Proteste zu gewinnen waren, brachten sich nur in geringem Maße bzw. gar nicht ein. Was Greenpeace angeht, braucht aber auch künftig nicht mit einer Beteiligung gerechnet zu werden, da Greenpeace im Lob der Regierungspolitik aufging und die Form der herrschenden Politik, gerade was diesen G7-Gipfel angeht, eindeutig bejaht.[18] Der politische Fokus in der linken und linksradikalen Szene hat sich verschoben.[19]

Zudem hielten aber vor allem die Gewaltandrohung der Polizei, das unwegsame Gelände und der abgelegene Ort selbst verschiedene Gruppen aus dem autonomen Spektrum davon ab, sich an den Protesten zu beteiligen. Außerdem erschwerten die Grenzkontrollen die Einreise beispielsweise von italienischen, griechischen und spanischen AktivistInnen, welche jedoch aktuell auch in viele Auseinandersetzungen in ihren Ländern eingebunden sind. Die Arbeit der G7-Gegner, insbesondere der Vorbereitungsgruppe, ist unter diesen Umständen als gelungen zu bewerten und verlangt nun nach weiterer Auswertung und einer Rückführung der Ereignisse in lokale Zusammenhänge. Dementsprechend zieht auch das Stop-G7-Elmau-Bündnis ein positives Fazit.[20]



[1] Vgl.: http://www.dazwischengehen.org/print/106

[2] Vgl.: http://www.alternativgipfel.org/

[3] Vgl.: http://g7-demo.de/home/      

[4] Im Übrigen lobte die Polizei in München die „friedlichen und störungsfreien Veranstaltungen […] während des G7-Gipfel“ und sprach von 34.000 TeilnehmerInnen, vgl.: http://www.polizei.bayern.de/muenchen/news/presse/aktuell/index.html/222246

[5] So verbreitet beispielsweise die Aufforderung „Lasst uns Merkel und Gabriel klarmachen: Gegen den Willen der Bürger/innen sind Konzernabkommen nicht durchsetzbar!“ ein völlig reduziertes und auch falsches Verständnis von Politik sowie den Handlungsspielräumen und der Funktion einzelner PolitikerInnen. Vgl.: http://blog.campact.de/2015/06/ttip-gegner-machen-g7-demo-zur-groessten-muenchner-demo-seit-jahrzehnten/

Dies nimmt ein bisher ungekanntes Ausmaß an, woran politische Dienstleistungs-NGOs einen wesentlichen Anteil haben, wenn sie Meinungsbekundung auf hochproblematische Weise inszenieren: vgl.: www.taz.de/!5202889/

Vgl.: http://blog.campact.de/2015/06/ttip-gegner-machen-g7-demo-zur-groessten-muenchner-demo-seit-jahrzehnten/

[6] Vgl.: http://fda-ifa.org/smash-capitalism-anarchistischer-aufruf-zu-den-protesten-gegen-den-g7-gipfel/

[7] Vgl.: http://3a-rb.org/zeitung/den-g7-gipfel-stuermen-fight-capitalism/

[8] Vgl.: http://www.arbeitermacht.de/infomail/813/g7.htm

[9] Vgl.: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/isarvorstadt-tierschuetzer-blockieren-schlachthof-1.2505249

[10] http://www.polizei.bayern.de/muenchen/news/presse/aktuell/index.html/222246

[11] Vgl.: http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.g7-gipfel-in-elmau-brennender-papp-panzer-erste-proteste-in-garmisch.c31f3586-15d8-4d33-a49b-0eda3cb0f6d1.html

[12] Vgl.: http://www.stop-g7-elmau.info/2015/06/07/pm-07-06-2130-vielfaeltige-proteste-am-ersten-gipfeltag-b2-immer-wieder-blockiert-abschiedskundgebung-in-garmisch-partenkirchen-am-montag/

[13] Vgl.: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-06/g-7-gericht-demonstration

[14] Vgl.: http://jungle-world.com/artikel/2015/24/52106.html

[15] Vgl.: http://www.sueddeutsche.de/bayern/schnelle-verfahren-staatsanwaelte-richter-1.2495459

[16] Die Aussage „Wir sehen uns in den Bergen!“ verwirklichten lediglich die bayrischen Gruppen in der IL programmatisch. Eine generelle Stellungnahme der IL, keinen Aufruf, hatte es am 29.05. gegeben – vor allem aber als Reaktion auf die Repression und Verbote im Vorfeld. Ohne Kampagne ist wenig los, könnte man stichelnd behaupten: Vgl. http://www.interventionistische-linke.org/beitrag/g7-auf-schloss-elmau-kapitalismus-ohne-demokratie.

[17] Obwohl die OrganisatorInnen der G7-Proteste im Vorfeld auch nach Frankfurt zu Blockupy mobilisiert hatten, um dies zusammen zu denken, gab es von der Seite dieses Bündnisses keine Info-Email über die Verteiler, G7 erschien nicht auf der Blockupy-Homepage, sondern lediglich am 6.6. auf der facebook-Seite von Blockupy ein geteilter Link. https://www.facebook.com/Blochupy.

[18] In einem Factsheet von Greenpeace zum G7-Gipfel wird eindeutig an staatliches Handeln appelliert und geht jeglicher Bezug zu einer politischen Bewegung für Klimagerechtigkeit verloren. Einleitend zu lesen ist: „Aus Sicht des Klimaschutzes dagegen gibt es zwei zentrale Gründe dafür, warum das Forum der G7 weiterhin von Bedeutung ist: Einerseits hat keine andere Staaten-Gruppe den Klimawandel stärker befeuert. […] Andererseits verfügt keine andere Gruppe über vergleichbar viel Innovationskraft und ist technologisch so hoch entwickelt wie die G7. Genau dies - Innovationskraft und technologische Neuerungen - sind jetzt gefragt, um eine echte Energierevolution anzustoßen, mit deren Hilfe sich die Klimakatastrophe abwenden lässt. Noch ist es nicht zu spät – noch kann sich die G7 vom Fluch des Planeten zu seinem Retter wandeln. Gastgeberin des anstehenden G7-Gipfels in Elmau ist die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hat den Klimaschutz zur Hauptpriorität ihrer G7-Präsidentschaft erklärt. Dadurch will sie dazu beitragen, dass Ende des Jahres beim Weltklimagipfel in Paris ein gutes Klimaabkommen zustande kommt.“ Vgl. https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/g7-gipfel-factsheet-03062015.pdf, S.1. Dementsprechend rein symbolisch gestaltet sich der Aktivismus von Greenpeace, vgl.: http://www.klimaretter.info/protest/nachricht/18958-greenpeace-gibt-g7-ein-zeichen. Verbunden damit wird ein anbiederndes Lob an Staatschefs ausgesprochen, die einer demokratisch nicht legitimierten Regierungspraxis nachgehen, vgl.: https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/und-wieder-mal-die-welt-verbessert.

[19] Vgl.: http://jungle-world.com/artikel/2015/23/52064.html.

[20] Vgl.: http://www.stop-g7-elmau.info/2015/06/08/pm-08-06-buendnis-stop-g7-elmau-zieht-positives-fazit-ueber-proteste/.