Nachricht | Gesellschaftliche Alternativen - COP 21 Veranstaltungsbericht | Human Rights and Climate Change: Meeting of perspectives

Der Klimawandel bedroht wesentliche Menschenrechte. Mehr als zwei Grad Celsius Temperaturerhöhung wären ein Desaster.


8. Dezember 2015 | 16:30-18:00 pm |  Civil Society Space «Climate Generations Area» Le Bourget | Salle 1


Keinen Steinwurf weit vom eigentlichen Verhandlungsgelände des COP21 - im so genannten Generation Center - hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung am zu einer Internationalen Debatte zum Thema "Human Rights and Climate Change" eingeladen. Zu Beginn zeichnete die Stiftungsvorsitzende Dr. Dagmar Enkelmann ein globales Bild von der Stiftung. Diese arbeite mit 17 Regionalbüros in über 80 Ländern mit über 350 Partnerorganisationen zusammen. Die Stiftung sei stolz darauf, in Paris zum ersten Mal bei einem Klimagipfel offiziell registriert zu sein und hier mit einer großen internationalen Delegation ihre Angebote unterbreiten zu können. "Klimagerechtigkeit, Menschenrechte und Klimawandel sind wichtige Themen unserer internationalen Arbeit", betonte Enkelmann. Die Diskussionen um den Vertragstext auf dem Klimagipfel zeigten auch, dass die Regierungen "Begleitung, Mahnung und Druck von außen" brauchten. Dies könne ein großes internationales Netzwerk von Klimaaktivisten leisten, als deren Teil die RLS sich verstehe.

Grundlegende Rechte sind massiv bedroht

Für Enkelmann steht außer Frage, dass die massiven Eingriffe in die Natur, der Raubbau an ihr vor allem die Ärmsten auf der Welt trifft sowie die indigenen Völker und die heranwachsenden Generationen. "Das Recht auf ausreichende gesunde Ernährung, aber auch das Recht auf Wohnung, auf Heimat, auf ein selbstbestimmtes Leben sind massiv bedroht. Was wir fordern, sind wirksame und verbindliche Maßnahmen, die uns wirklich weiterhelfen. It's not the time für small steps", schloss Dagmar Enkelmann.

In diesen Punkten waren sich die vier Diskutierenden auf dem Podium auch weitgehend einig: Ibrahima Ly, Direktor und Koordinator des Instituts für Umweltrecht der Uni Dakar, Kate Cahoon, Projektkoordinatorin bei Gender CC, Sylvia Wirsching, Migrationsexpertin von der Entwicklungsorganisation "Brot für die Welt" sowie Manki Twala, Projektkoordinator der NGO Indigenous Livelihoods Enhancement Partners (ILEPA). Unter der Moderation von RLS-Mitarbeiter Steffen Kühne wurde in den Statements schnell klar, dass der Klimawandel sowohl für das Handeln von Staaten und Regierungen bis hin zu Völkern und Stämmen einen enormen Einfluss hat.

So berichtete Manki Twala aus den Erfahrungen seines Volkes, der Massai, und ihrem Leben in einem sehr fragilen Ökosystemen. "Was die Umwelt gefährdet, gefährdet das Leben der Menschen", sagte er. "Die meisten Menschen haben keine Bildung, sie leben von ihren Kühen. Und wenn die Kühe sterben, dann hat der Mensch keine Hoffnung mehr." Ibrahima Ly wiederum legte den Fokus darauf, dass Regierungen und Staaten mit "good governance" die Folgen des Klimawandels schon auf der nationalen Ebene mit bewältigen können.

Das Schicksal der ärmsten und verletzlichsten Menschen und Völker spielte in der Diskussion eine zentrale Rolle. Letztlich bedeute der Klimawandel "Gewalt" gegen diese Menschen, sagte Sophia Wirsching. Das Problem sei, dass diese oft nicht sichtbar sei, etwa wenn der Klimawandel das Leben naturnah lebender Nomaden immer mehr erschwere.

3 Grad Celsius sind ein Desaster für die Menschenrechte

Das das Thema Menschenrechte seit Jahren einen immer größeren Raum in der öffentlichen Diskussion einnimmt, sieht Kate Cahoon als eine der wichtigsten Entwicklungen in der gesamten Klimapolitik an. Noch 1992 stand die Debatte mit sehr abstrakten und technischen Begriffen sehr am Anfang. Mit der Zeit aber seien die menschlichen Anliegen in den Vordergrund getreten. Um die Jahre 2007 und 2008 schließlich kam die Erkenntnis, dass der Klimawandel das "größte von außen kommende menschliche Entwicklungsproblem darstellt." Cahoon stimmte Enkelmann zu, dass der Klimawandel inzwischen viele Menschenrechte - Bevölkerungsentwicklung, das Recht auf Leben, auf Ernährung, auf Wasser - beeinflusse. "Drei Grad sind ein Desaster für die Menschenrechte", fasste sie die Lage zusammen.

Die Gender-Expertin wies allerdings auch auf Komplikationen des Menschenrechts-Ansatzes hin. Der Begriff "Human Rights", der für Aktivisten selbstverständlich und kraftvoll klinge, werde von Staaten ganz anders benutzt. Sie nutzten diesen Begriff, um zum Beispiel auch militärische Aktionen zu rechtfertigen oder würden den Begriff je nach Konjunktur einsetzen, so wie die EU es gegenüber Russland tue. Auch brauche es zur Umsetzung der Menschenrechte stets nationalstaatlichen Handeln.

Auch wenn der Klimawandel gerade das Leben der Ärmsten gefährde, sei dieser heutzutage nicht der einzige Grund für Migration, stellte Sophia Wirsching von "Brot für Welt" fest. Laut einer norwegischen Studie seien weltweit etwa 25 Millionen Menschen als Folge von Naturkatastrophen vertrieben worden. Dazu gehörten auch die Folgen des Klimawandels, aber auch andere Katastrophen wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche. Auch stellte Sophia Wirsching den Sinn der verschiedentlich geforderten Einführung des Begriffes eines "Climate Refugees" infrage. Die Folgen des Klimawandels, erläuterte sie, würden eben besonders die ärmsten Menschen eines Landes treffen. Deswegen finde die meiste, durch den Klimawandel bedingte Migration als Binnenmigration statt. Über die Grenzen und möglicherweise bis nach Europa würden diese Menschen überhaupt nicht gelanegn. Von den 60 Millionen Menschen, die derzeit global von Migration betroffen sind, sollen, so Wirsching, nur etwa 20 Millionen die jeweiligen Landesgrenzen überschritten haben. Die Entwicklungsexpertin zog daraus die Schlussfolgerung, dass es vor allem darauf ankomme, den Menschen vor Ort zu ihrem (Menschen)Recht auf Leben zu verhelfen.

Weitgehend einig war sich das Podium dann wieder in der Forderung, dass in Paris ein möglichst ambitioniertes und verbindliches Klimaabkommen abgeschlossen werden soll und darin auch ein starker Verweis auf die Menschenrechte enthalten sein muss. Dass sich dadurch kurzfristig etwas ändert, diese Hoffnung hegte niemand am Dienstag. Wenn aber erst einmal eine solche rechtliche Basis entstanden sei, betonte Marki Twala, könnten die Regierung immer wieder darauf verwiesen und besser zum Handeln gezwungen werden.