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«Rebel Cities» in Spanien und das Athener Plaza: Vernetzung linker AktivistInnen funktioniert derzeit am besten auf lokaler Ebene. ROSALUX BLICKPUNKT EUROPA

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Florian Horn,

Was bleibt von Europa? Für weite Teile der Bevölkerung bleibt nicht viel übrig; stattdessen Vertiefung der neoliberalen Krisen- und Austeritätspolitik, Verfestigung des europäischen Grenzregimes, und Verbreitung der extremen Rechten. „Nichts ist gut in Europa“ könnte man also meinen. Welche Spielräume gibt es in Europa um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Was ist also links in Europa und welche Ansätze gibt es, eine linke Gegenmacht aufzubauen?

Der Kampf gegen die Austeritätspolitik hat in Griechenland und Spanien zu einer breiten gesellschaftlichen Mobilisierung geführt. Linke Parteien konnten dort und in weiteren Ländern Europas in den letzten Jahren trotz enormen Gegenwindes stark zulegen und in Griechenland und Portugal (mit)regieren. Hohe Erwartungen hat die Linke in Europa damit verknüpft, insbesondere die Hoffnung auf ein Aufbrechen der neoliberalen Krisenpolitik. Doch diese Hoffnung wurde zunächst enttäuscht. Mit der Austeritätspolitik brechen geht nur mit einer Mehrheit in den Institutionen, die diese Politik machen, oder durch einen von weiten Teilen der Bevölkerung getragenen Bruch mit den Institutionen, die für diese Politik verantwortlich sind. Entlang dieser zwei Linien verläuft auch das strategische Feld der (partei)politischen Linken in Europa.

Ein Teil der europäischen linken Parteien setzten auf eine konfrontative Auseinandersetzung mit den EU-Institutionen, und darauf, für den Fall eines Bruches oder eines Auseinanderbrechens der EU mit einem linken „Plan B“ ausgestattet zu sein. Ein anderer Teil konzentriert sich darauf, parlamentarische und gesellschaftliche Mehrheiten zu erreichen, um eine von der Europäischen Linkspartei (EL) initiierte „Allianz gegen Austerität und für Demokratie“ zu schmieden, welche die eigene Position in der Auseinandersetzung innerhalb der Institutionen stärken soll. Beides schließt sich nicht aus und beide Positionen überschneiden sich. Zudem gibt es mit der von Yannis Varoufakis initiierten Bewegung DiEM25 den Versuch, ein breites europäisches Bündnis aufzubauen, welches für die „Demokratisierung Europas“ weit über das linke Parteienspektrum hinaus Verbündete sucht.
Ein Beispiel für eine sehr erfolgreiche europäische zivilgesellschaftliche Vernetzungsstrategie ist die europäische „Stop TTIP“-Kampagne, die grenzübergreifende Strategieentwicklung betreibt und regelmäßig in Brüssel während der offiziellen TTIP-Verhandlungen mobilisiert. Dabei spielen natürlich auch die Erfahrungen und Ressourcen internationaler NGOs eine wichtige Rolle. Denn die Vernetzung von solcher Arbeit auf europäischer Ebene braucht Zeit und Ressourcen, um zum Beispiel eine Strategiediskussion auf drei oder mehr Sprachen führen zu können.

Ansätze zur europäischen Vernetzung von Aktivist*innen gibt es auch zu weiteren Themen wie Wohnen oder Migration. Die Vernetzung funktioniert dort am besten, wo die notwendigen Ressourcen vorhanden sind. So hat das Scheitern des Bruchs mit der Austerität auf EU-Ebene dazu geführt, dass sich viele politisch Aktive verstärkt auf lokale Solidaritätsarbeit konzentrieren. Beispielsweise in Griechenland, wo antirassistische Initiativen und Initiativen zur Flüchtlingssolidarität in den vergangenen Monaten starken Zulauf bekommen haben. In Athen wurde kürzlich das leerstehende City Plaza Hotel besetzt, dort leben nun Geflüchtete gemeinsam mit Aktivist*innen. Doch wie lässt sich solche lokale Arbeit besser europäisch vernetzen? Dafür lohnt vielleicht der Blick Spanien: Bei den Regional- und Kommunalwahlen im vergangenen Jahr in Spanien sind viele Bürgerplattformen stärkste Kraft geworden. Sie versuchen in Städten wie Madrid und Barcelona vor dem Hintergrund  jahrelanger Misswirtschaft und Korruption linke Politik umzusetzen,  und vernetzen sich als Rebel Cities auf nationaler Ebene. Aber auch die europäische Ebene spielt dabei eine Rolle, in der Rebel City Barcelona fand kürzlich ein europäisches Vernetzungstreffen von Vertreter*innen der TTIP-freien Städte und Gemeinden statt. Erfolgreiche europäische Kampagnen benötigen eben gute Infrastruktur in Mitgliedsstaaten, aber auch auf lokaler Ebene. Die Auseinandersetzung in Brüssel, wo zahlreiche Lobbyverbände des Kapitals gut gerüstet zur Durchsetzung ihrer Interessen sind, geht einher mit den Kämpfen auf nationaler und lokaler Ebene.

Der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit bleibt weiterhin entscheidend in Europa, hier ist eine starke Organisation der Arbeiter*innen auch auf europäischer Ebene dringend nötig. Viele Gewerkschaften in Europa beteiligen sich inzwischen an der „Stop TTIP“- Bewegung, nicht zuletzt aufgrund des starken zivilgesellschaftlichen Drucks, und der europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) organisiert immer wieder Kampagnen und Aufrufe für ein Ende der Sparpolitik und mehr Investitionen. Aber eine Strategie um das transnational organisierte Kapital erfolgreich herauszufordern braucht noch viel Arbeit.

In Frankreich zeigt sich derzeit, wie wichtig der Austausch zwischen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen sein kann: Die nuit debout-Bewegung steht im Austausch mit dem französischen Gewerkschaftsbund (CGT), die Auseinandersetzung um den Abbau der Arbeitnehmerrechte in Frankreich findet derzeit vor den Toren der französischen Ölraffinerien und auf dem Platz der Republik statt. Die nuit debout-Bewegung versucht derweil sich europäisch zu vernetzen und lud dafür kürzlich zu einem europäischen Strategietreffen.

In Ansätzen findet die Organisation von Arbeiter*innen bereits auf europäischer Ebene entlang konkreter Sektoren oder Unternehmen statt. So gibt es zum Beispiel regelmäßige europäische Strategietreffen der Coca-Cola Betriebsräte, um auf den geplanten Konzernumbau bei Coca-Cola gemeinsam und solidarisch Antworten zu finden. Auch Beschäftige von Amazon haben in Deutschland und Polen gemeinsame Aktionen durchgeführt. Ein weiterer Schritt wäre der Versuch, in transnationalen Unternehmen europäische Betriebsräte zu gründen, um Arbeitskämpfe auf europäischer Ebene zu organisieren.

ROSALUX BLICKPUNKT EUROPA Der Umgang der EU mit Griechenland, die autoritäre Reaktion auf die Flüchtlingsbewegungen und die Radikalisierung der Rechten in Europa haben gezeigt, dass die Linken bisherige Strategien eines Politikwechsels überdenken müssen. Wie gelingt gemeinsames Handeln, und wie wird Solidarität wirksam? Darüber diskutierten VertreterInnen emanzipatorischer Bewegungen bei einer Konferenz Anfang Juni in Berlin. Die RosaLux-Redaktion widmet der Lage in Europa einen Online-Blickpunkt.