Nachricht | Deutsche / Europäische Geschichte - Osteuropa - Geschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Europa Gedenken an die ermordeten Juden von Zamość

Am 27. Oktober 2016 hatte Andrzej Wnuk, Stadtpräsident im polnischen Zamość, zu einer Feierstunde am Denkmal für die ermordeten Juden der Stadt eingeladen.

Zu den geladenen Gästen gehörte auch Joanna Gwiazdecka, die Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Warschau. Anlass für das feierliche Gedenken war der Abschluss umfänglicher Erhaltungsarbeiten an dem bereits im September 1950 eingeweihten Denkmal. Die jetzigen Arbeiten am Denkmal wurden aus öffentlichen und Spendenmitteln bestritten.

In seiner Rede verwies Andrzej Wnuk auf die jahrhundertelangen multikulturellen Traditionen der Stadt, die durch das Vorgehen der deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg ihr Ende gefunden haben. Deshalb sei es wichtige Aufgabe heutiger Lokalpolitik, diesen so wichtigen Erinnerungsort in würdiger Weise zu erhalten.

Monika Krawczyk, Direktorin der Stiftung für das Jüdische Erbe in Polen, verwies auf die guten Erfahrungen mit der erneuerten Alten Synagoge in Zamość, die im Besitz der Stiftung ist und jetzt als kulturelles Zentrum dient.

Das Denkmal an der ul. Prosta steht auf dem Gelände des ehemaligen Neuen Jüdischen Friedhofs, der 1906 angelegt und 1942/43 zusammen mit dem Alten Jüdischen Friedhof von den Okkupanten barbarisch zerstört wurde.

Künstlerisch gestaltet wurde der Gedenkort aus Resten von Grabplatten, die nach der Befreiung noch aufgefunden werden konnten. In der Mitte erinnert schwarzer Stein in Jiddisch und Polnisch an die ermordeten Bewohner der Stadt: Für die Juden von Zamość.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zählte Zamość 12.500 Juden, die 43 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten. Nach dem 17. September 1939 kam die Stadt zunächst für zwei Wochen unter sowjetische Verwaltung, bevor wie vorgesehen die Deutschen auch hier das Zepter übernahmen. Die zwei Wochen hatte über die Hälfte der jüdischen Menschen genutzt, um aus der Stadt nach Osten zu fliehen. Die 4.000 verbliebenen Juden von Zamość konnten sich bis April 1941 auf dem Gebiet der Stadt frei bewegen – dann wurde auch hier das Getto verordnet. Die Einwohnerzahl des Gettos stieg durch Transporte von außerhalb bis zum Frühjahr 1942 auf 7.500.

Am 11. April 1942 wurden die ersten 3.000 Menschen aus dem Getto nach Bełżec gebracht, einem kleinen Ort, knapp 30 Kilometer südlich von Zamość gelegen. Dort hatten die deutschen Okkupanten im März 1942 ein Vernichtungslager in Betrieb genommen, in dem bis Dezember 1942 500.000 Menschen umgebracht wurden, weil sie Juden waren. Nur fünf Menschen überlebten die Hölle von Bełżec.

Insgesamt wurde aus dem Getto in Zamość über 9.000 Menschen zur Vernichtung transportiert, denn die Stadt wurde im Sommer und Herbst 1942 auch als sogenanntes Transitgetto genutzt. Die Auflösung des Gettos erfolgte vom 16. bis 18. Oktober 1942. Danach war Zamość «judenfrei», wie die Okkupanten stolz nach Krakau und Berlin vermeldeten.

Das Denkmal für die Juden von Zamość gehörte einst zu den ersten Gedenkstätten in Polen, die an den in seinen Ausmaßen unvorstellbaren Völkermord zu erinnern suchten.