Publikation Gesellschaftliche Alternativen - International / Transnational - USA / Kanada Auf dem Weg zu globalen Unternehmensregeln

Der «Treaty-Prozess» bei den Vereinten Nationen über ein internationales Menschenrechtsabkommen zu Transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen

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Mai 2016

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In den letzten Jahren hat die internationale Debatte über die ökologische, soziale und menschenrechtliche Verantwortung der Wirtschaft an Dynamik gewonnen. Grund dafür war nicht zuletzt die wachsende öffentliche Kritik an transnationalen Konzernen und Banken. Die Liste der Kritikpunkte ist lang: Sie reicht von immer neuen Umweltvergehen, der Missachtung grundlegender Arbeits- und Menschenrechtsstandards, massiven Bestechungsvorwürfen, bis hin zur Kritik an Steuervermeidungspraktiken von Konzernen.

Vor diesem Hintergrund war es eine historische Entscheidung, als der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 26. Juni 2014 auf Initiative Ecuadors und Südafrikas eine Arbeitsgruppe einsetzte, um ein rechtsverbindliches Instrument zu formulieren, mit dem transnationale Konzerne und andere Wirtschaftsunternehmen für Menschenrechtsvergehen zur Verantwortung gezogen werden können. Damit befasst sich zum ersten Mal seit der Schließung der UN-Kommission für transnationale Unternehmen 1992 ein zwischenstaatliches Gremium der Vereinten Nationen mit der internationalen Regulierung von Konzernen.

Bislang setzten Politik und Wirtschaft auf internationaler Ebene überwiegend auf freiwillige Initiativen. Angesichts erster Erfahrungen mit den UN-Leitprinzipien kamen immer mehr Regierungen und Wissenschaftler/innen zu dem Schluss, dass diese Prinzipien nur begrenzte Wirkung entfalten können und durch ein rechtsverbindliches internationales Instrument ergänzt werden sollten. Es sei notwendig, endlich vom soft law zum hard law zu gelangen. Diese Forderung wird von einer Allianz von mehreren hundert zivilgesellschaftlichen Organisationen aus aller Welt unterstützt. Als Treaty Alliance (www.treatymovement.com) setzen sie sich für einen Vertrag ein, der die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen international regeln soll.

Massiver Widerstand gegen die Entscheidung des UN-Menschenrechtsrates kam von den USA und ihren Verbündeten. Die Europäische Union teilte die Haltung der USA. Sie konnten sich mit ihrem Widerstand allerdings nicht durchsetzen. Bislang haben vor allem einige Wissenschaftler/innen und zivilgesellschaftliche Organisationen Vorschläge zu Form und Inhalt des zukünftigen Rechtsinstruments vorgelegt. Sie unterscheiden sich in der thematischen Reichweite, dem Grad an Detailliertheit und sicherlich auch der politischen Realisierbarkeit.

Vom 24.–28. Oktober 2016 wird die zwischenstaatliche Arbeitsgruppe zum zweiten Mal in Genf tagen. Bis zur dritten Tagung im Jahr 2017 soll der erste Entwurf eines verbindlichen Rechtsinstruments vorliegen. Die Bundesregierung hat sich bislang nicht an den Diskussionen der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates beteiligt. Das Europäische Parlament sowie Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen haben die Bundesregierung wiederholt zu einer konstruktiven Beteiligung an den Diskussionen in der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates aufgerufen.

Jens Martens, Volkswirt und Geschäftsführer des Global Policy Forum, und Karolin Seitz, Mitarbeiterin beim Global Policy Forum, fordern in ihrer Studie die Regierungen auf dem Druck der Unternehmenslobby nicht nachzugeben, sondern deren Argumente kritisch zu hinterfragen. Vor allem sollten die Regierungen nicht allein die Stimme der bislang tonangebenden Unternehmensverbände wahrnehmen, sondern anerkennen, dass es eine wachsende Zahl von Unternehmen gäbe, die weitaus fortschrittlichere Positionen vertreten als ihre Verbände.

Den Autoren zu Folge biete der Treaty-Prozess für Regierungen die einmalige Gelegenheit, unter Beweis zu stellen, dass es in ihren Händen liegt, den Menschenrechten Vorrang vor den Interessen des big business einzuräumen. Denn Profite kann man teilen – Menschenrechte nicht.

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