Publikation Partizipation / Bürgerrechte - Migration / Flucht - Migration und Metropolen Aufnahme von Schutzsuchenden durch die Bundesländer

Rechtsgutachten im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Reihe

RLS Papers

Autorin

Helene Heuser,

Erschienen

März 2020

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Flüchtlingslager Pazarkule an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland (15.3.2020) picture alliance / NurPhoto

Helene Heuser, Fakultät für Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg, Leiterin der Refugee Law Clinic Hamburg

Eine Aufnahme von Schutzsuchenden aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat durch die Bundesländer ist zulässig. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles von der Rosa-Luxemburg-Stiftung beauftragtes Rechtsgutachten zur «Aufnahme von Schutzsuchenden durch die Bundesländer».

Die Bundesländer hätten gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes die Möglichkeit, allein oder in Koordination miteinander Programme zur Aufnahme von Geflüchteten aufsetzen. Das Bundesinnenministerium (BMI) dürfe in dem erforderlichen Zustimmungsprozess lediglich einen äußersten rechtlichen Rahmen für die ansonsten freie politische Entscheidung der Länder abstecken. Bei einer mutmaßlich rechtswidrigen Ablehnung durch das BMI könnte das betroffene Land das Bundesverwaltungsgericht anrufen.

Hintergrund:

Über 40.000 Menschen harren zum Teil seit mehreren Jahren in Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aus, unter teils unmenschlichen Bedingungen und ohne ausreichende gesundheitliche Versorgung – davon über 10.000 Minderjährige. Aber auch in den Flüchtlingslagern an der griechisch-türkischen und der kroatisch-bosnischen EU-Außengrenze ist die Situation angespannt.

Trotz der dramatischen Lage konnte sich die Große Koalition nach Aufforderung der EU-Kommission, nur dazu durchringen, gemeinsam mit sechs weiteren EU-Staaten insgesamt 1.600 unbegleitete minderjährige Geflüchtete aufzunehmen. Zugleich haben sich 140 Städte in Deutschland zu «Sicheren Häfen» erklärt. Städte und Landkreise haben ihre Bereitschaft bekundet, Geflüchtete – aus EU-Staaten, aus der Seenotrettung oder von den Außengrenzen – über den Verteilschlüssel hinaus aufzunehmen. Unterstützende Landesaufnahmeprogramme sind in mehreren Bundesländern, so etwa Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Thüringen in der Diskussion.

Durch die Corona-Pandemie kann sich die Situation von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen und in den griechischen Lagern tagtäglich dramatisch verschlechtern. Mit einem Offenen Brief an die Bundesregierung vom 19. März 2020 fordern mehrere kirchliche und Flüchtlingsrechtsorganisationen daher die sofortige Evakuierung der Flüchtlingslager.