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Griechische Steuerpolitik unter Syriza und den Memoranden

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Reihe

Analysen (Archiv)

Herausgeber*innen

Axel Troost, Rainald Ötsch,

Erschienen

Juni 2019

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Für die politische Linke ist Griechenland wegen der Bewältigung der 2010 ausgebrochenen Wirtschaftskrise, aber auch als derzeit einziger Staat der EU mit einer radikal linken Regierung von besonderem Interesse. Hausgemachte Probleme und das institutionelle Setting der Europäischen Währungsunion hatten 2010 dazu geführt, dass der damaligen Pasok-Regierung die Kontrolle über die Staatsfinanzen entglitten war und das Land unter der Kuratel der Eurogruppe, des Internationalen Währungsfonds und der EU-Institutionen einer rigorosen Rosskur unterzogen wurde. Ein historisch einmaliger Einbruch der Wirtschaftsleistung um ein Viertel und die damit einhergehende massenhafte Verarmung waren die Folge.

Syriza war über vier Jahre lang an der Regierung, wenn auch nur bedingt ‹an der Macht›.
Vier Jahre sind keine lange Zeit. Zumindest im Bereich der Steuerpolitik wurde vieles richtig gemacht - gegen die geballte Macht der europäischen Institutionen.

Das Programm des dritten Memorandums ist abgeschlossen. Die europäischen Institutionen zielen jedoch darauf, Griechenland dauerhaft auf den eingeschlagenen Reformkurs zu verpflichten. Trotzdem sind Parlament und Regierung in Griechenland gewillt, die verbliebenen Spielräume und die wiedergewonnene Freiheit zu nutzen und in wichtigen Fällen auch in die Auseinandersetzung mit den Gläubigern zu gehen. «Die Mechanismen des Memorandums schrieben vor, dass alle Entscheidungen – sogar bei relativen Kleinigkeiten – unter Aufsicht der Troika standen und mit ihr ausgehandelt werden mussten. Jetzt hat sich Griechenland demgegenüber verpflichtet, bestimmte Budget- und Finanzziele zu erreichen, und ist frei in der Wahl der hierfür eingesetzten Mittel», so Danai Koltsida, Direktorin des Nicos Poulantzas Institut in Athen.

Der Anspruch, als radikale Partei die geltenden Verhältnisse umzustürzen, zugleich aber den alltäglichen Sorgen der Bevölkerung gerecht zu werden, birgt ein großes Frustrations- und Konfliktpotenzial. Dass dabei Fehler gemacht werden und Unzufriedenheit entsteht, liegt in der Natur der Sache. Bisher scheint sich der Einsatz von Syriza jedoch gelohnt zu haben. Die mühselige Arbeit auf sich genommen zu haben und über lange Zeit den Kopf dafür hingehalten zu haben verdient Anerkennung.

Diese Studie stützt sich auf offizielle Programmdokumente, deutsch- und englischsprachige Presseberichte und Literatur sowie aus dem Umfeld von Syriza stammende, ins Deutsche übersetzte Texte. Trotz aller Sorgfalt ist der Bericht eine Ferndiagnose, die subjektive Einschätzungen und Ungenauigkeiten enthalten wird. Gleichwohl ist es angesichts der vielen Vorurteile und der einseitigen und oberflächlichen Meinungen ein Versuch, der Wahrheit ein Stück näher zu kommen.

Axel Troost und Rainald Ötsch

Inhalt

Kurzfassung

Umsteuern in Athen

Steuerhinterziehung als Volkssport

Steuerpolitik unter den Memoranden der ersten beiden Griechenlandprogramme

  • Erstes Finanzprogramm 2010/11
  • Zweites Finanzprogramm 2012 bis 2011
  • Umsetzung des zweiten Memorandums aus Sicht der Troika

Vom Bündnis linker Splittergruppen zur Regierungspartei – Syrizas steuerpolitische Forderungen vor der Regierungsübernahme

  • Das Regierungsprogramm von 2012
  • Das Steuerkonzept von 2013
  • Das Thessaloniki-Programm und der Varoufakis-Plan von 2014

Rebellion der Regierung – Die Amtszeit Varoufakis

Augen zu und durch – Das dritte Programm

Steuereinnahmen und Steuerstruktur heute

Einzelne Reformen

  • Der Umbau des «Generalsekretariats für öffentliche Einnahmen» zur «Unabhängigen Behörde für öffentliche Einnahmen»
  • Kampf gegen Steuerhinterziehung
  • Die Reform der Einkommensteuer
  • Vermögensbesteuerung und die Immobiliensteuer ENFIA
  • Der riesige Berg an Steuerschulden
  • Die Besteuerung der reichen Reeder

Beschränkte Freiheit – Reformen nach Ende des dritten Programms

Fazit und Zusammenfassung

Autoren

Axel Troost ist seit vielen Jahren Geschäftsführer der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik und der PIW Progress-Institut für Wirtschaftsforschung GmbH. Als Mitgründer der WASG war er von 2005 bis 2017 als Mitglied des
Bundestags finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE. Gegenwärtig ist er Senior Fellow für Wirtschafts- und Europapolitik bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung und stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei DIE LINKE.

Rainald Ötsch hat in seiner Zeit von 2010 bis 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Axel Troost im Bundestag die Euro- und Griechenlandkrise begleitet und arbeitet seit 2018 für eine Gemeinschaft von Bundestagsabgeordneten
der Partei DIE LINKE.