Dokumentation Anybody but Bush? Zum Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA.

Reihe "Politik Aktuell"

Information

Zeit

08.11.2004

Mit

Dr. Thomas Greven, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am John F. Kennedy - Institut für Nordamerikastudien an der FU Berlin; Prof. Dr. Rainer Rilling; Erik Taylor, beide RLS

Schneller als von vielen erwartet und anders als von den meisten Menschen in Europa erhofft steht das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen fest: Mit rund 3 ½ Millionen Stimmen Vorsprung bei der vermutlich höchsten Wahlbeteiligung seit 1968 hat Georg W. Bush die Wiederwahl geschafft. Auch der Senat und das Repräsentantenhaus sowie eine Mehrheit der Bundessstaaten bleiben fest in republikanischer Hand.  

In unserer Veranstaltung wollten wir die Ergebnisse etwas näher beleuchten, nach der Zusammensetzung der WählerInnschaft von Bush und Kerry und nach den längerfristigen Auswirkungen auf die großen Parteien und gesellschaftliche Gruppen in den USA fragen. Weitere Themen waren die mutmaßliche Ausrichtung der US-amerikanischen Außenpolitik und die Rolle von Think Tanks und Medien in der amerikanischen Politik. Zu fragen ist schließlich: Was folgt aus den Ergebnissen vom 2. November für Linke in den USA und in Europa?  

Greven charakterisierte die Wahl als „Status quo-Wahl in der Krise“. Weitgehende Einigkeit bestand zwischen den Referenten darüber, dass die neokonservative Wende lange, seit den sechziger bzw. siebziger Jahren, vorbereitet war bzw. ablief. Unterschiedliche Auffassungen im Detail bestanden zwischen Greven einerseits, Taylor und Rilling andererseits in der Frage, wie stark der Einfluss von neokonservativen Think-Tanks real sei und ob die Politik der die Regierung Bush tragenden Allianz als neoliberal zu kennzeichnen sei, was aber mehr eine sprachliche als eine inhaltliche Differenz in der Einschätzung der Regierungspolitik war. Greven vertrat die Auffassung, dass bereits unter Clinton die demokratische Partei eine wirtschaftsliberale Wende vollzogen habe, während sie die kulturelle-lebensweltliche liberale Entwicklung seit den sechziger Jahren fortgeführt habe. Ähnlich wie Greven sah auch Rainer Rilling in der Wahl selbst weder eine Revolution noch einen Erdrutsch, was in der Debatte später teilweise kontrovers diskutiert wurde, wohl aber den Ausdruck einer langfristige politisch-kulturellen Wende. Insgesamt ging Rilling von einer wachsenden Politisierung und Ideologisierung aus und sah darin auch langfristig eine Chance für Linke in den USA. Erik Taylor schließlich stellte Thesen dar, die eine seit über 30 Jahren ablaufende (überspitzt als „rechte Verschwörung“ zu bezeichnen) Hegemoniegewinnung im politisch-kulturellen Bereich ausmachen, konkret dargestellt an den Universitäten, Think Tanks, Medien und dem Justizbereich.

In der Diskussion spielten u.a. die Frage eine Rolle, wie die autoritären Tendenzen in den USA zu benennen seien („sanfter Faschismus“?, wie Richard Sennett meint, was das Podium nicht teilte), was US-spezifische und was übergreifende Trends seien, ob das Wahlergebnis manipuliert gewesen sei, wenn viele Menschen doch sonst gegen ihre objektiven Interessen gestimmt haben würden (nach Auffassung des Podiums waren konkrete Manipulationen des Wahlgangs zumindest nicht Wahl  entscheidend), nach der sozialen Zusammensetzung der WählerInnenschaft und danach, was von einer zweiten Bush-Regierung zu erwarten sei. Zu diesem Punkt war die Auffassung der Referenten, dass vermutlich eine weitgehende Fortführung der Außenpolitik und eine u.a. Defizit-bedingte Verschärfung der Sozialpolitik zu erwarten sei, eine weitere innenpolitisch-kulturelle Verschärfung aber möglicherWeise einen energischen Gegentrend der Liberalen und Moderaten auslösen würde. Alles in allem fiel die Einschätzung der Referenten nicht durchweg pessimistisch für die Zukunft liberaler und linker Positionen in den USA aus, wenngleich die nächste Zeit sicherlich eine deutlich rechtskonservative Prägung erfahren  dürfte. Offen scheint aber, ob sich in der die Bush-Regierung tragenden Allianz (mindestens) aus christlicher Rechter, Neokonservativen und Wirtschaftsliberalen Risse auftun.

Links / Texte:

www.cnn.com 

http://www.bpb.de/themen/S1GBI9,,0,Die_USA_w%E4hlen.html

Literaturhinweis:

Thomas Greven, Die Republikaner. Anatomie einer amerikanischen Partei, München, 2004, C.H. Beck.

JFK-Institut für Nordamerikastudien an der FU Berlin: http://www.fu-berlin.de/jfki/.

Rainer Rilling: American Empire (rls standpunkte 5/03)

Eine gemeinsame Veranstaltung von RLS und Helle Panke e.V.

Links / Texte:

www.cnn.com 

http://www.bpb.de/themen/S1GBI9,,0,Die_USA_w%E4hlen.html

Buchhinweis:

Thomas Greven, Die Republikaner. Anatomie einer amerikanischen Partei, München, 2004, C.H. Beck.

JFK-Institut für Nordamerikastudien an der FU Berlin: http://www.fu-berlin.de/jfki/.

Rainer, American Empire