Dokumentation Linke in Deutschland – vorwärts, aber wie?

Über 200 TeilnehmerInnen und AktivistInnen aus PDS, WASG und vielen weiteren linken Gruppierungen diskutierten in Köln ihre Erwartungen an das entstehende Linksbündnis. Unbestritten war die Notwendigkeit des Projekts, jedoch erwarten viele Aktive eine Verbreiterung der politischen Basis. So solle das Bündnis etwa auch migrantische Organisationen oder die kommunistische Linke integrieren.

Information

Veranstaltungsort

Alte Feuerwache Köln
Melchiorstraße 3
50670 Köln

Zeit

13.06.2005

Unter dem Motto „Linke in Deutschland – vorwärts, aber wie?“ hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrhein-Westfalen am 13. Juni (Montag) zu einer Podiums- und Diskussionsveranstaltung im Großen Saal der Alten Feuerwache Köln eingeladen. Mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen sollten über Impulse sowie Chancen für ein Wahlbündnis oder eine neue linke Partei diskutiert werden.

Zur Veranstaltung kamen mehr als 200 TeilnehmerInnen und AktivistInnen von PDS, WASG, DIDF, DKP, Attac, Gemeinsam gegen Sozialraub, OrganisatorInnen der Montags-Demos gegen Hartz IV, ISL, Radikale Linke, SAV, Friedensforum, Wissenschaftler, Stadträte, also die aktive Kölner Linke in ihrer ganzen Breite.

Auf der von der Kölner Journalistin Anne Schulz moderierten Podiumsrunde saßen unter anderem VertreterInnen von WASG, PDS, Attac, DKP sowie der Föderation der demokratischen Arbeitervereine DIDF. Diskutiert wurde in drei Schwerpunktbereichen: Positionierung der PodiumsteilnehmerInnen zum Linksbündnis, Erwartungen von einem Linksbündnis und Forderungen an ein Linksbündnis.

In der Podiumsrunde waren sich die RednerInnen tendenziell darüber einig, dass gegen die Politik des Sozialkahlschlags, Hartz IV, Agenda 2010 und den neoliberalen Kurs in Deutschland ein starkes linkes und fortschrittliches Bündnis benötigt wird, das sowohl außerparlamentarische als auch parlamentarische Handlungsräume entwickelt.

Für Werner Ley, Vorsitzender der WASG in Köln, ist die höchste Hürde bei dem Zusammengehen von PDS und WASG schon übersprungen. Somit zeige auch die WASG die Bereitschaft, so habe es der kleine Parteitag am Wochenende in Kassel überraschend einmütig bestätigt, auf der Offenen Liste der PDS kandidieren. Ursprünglich sei auch er dagegen gewesen, bekannte Ley, doch aufgrund der wahlrechtlichen Vorschriften gebe es aber keine andere Lösung.

Um einen Erfolg gegen den neoliberalen Kurs zu erzielen, benötige man im Bundestag eine starke linke Fraktion, die sich als „Teil eines gesellschaftlichen Veränderungsprojektes“ begreift, betonte Paul Schäfer, Landessprecher der PDS NRW und Mitglied des PDS Bundesvorstandes. Wenn Schröder die Neuwahlen als Abstimmung über seine Politik begreife, dann müsse es eben ein starkes Votum gegen Hartz IV und für eine andere Politik geben. Dass dabei noch Hürden zu überwinden seien, räumte Schäfer ein. Manche Westlinke, die von der PDS verlangten, ihren Parteinamen aufzugeben, hätten kein Gefühl dafür, wie sehr das Kürzel PDS im Osten auch für Identität stehe, kritisierte Schäfer. In dieser Situation sei das aufeinander zugehen von großer Bedeutung.

Einen etwas distanzierteren und neutralen Standpunkt entwickelte in der Podiumsrunde Astrid Kraus von der Bundeskoordination ATTAC. Kraus signalisierte, dass sich ATTAC seit der  Gründung als überparteiliche und außerparlamentarische Bewegung verstanden hat und auch weiterhin diesem Selbstverständnis folgen wird. So sei zwar ein Zusammengehen in ein linkes Bündnis aus Sicht von ATTAC auszuschließen, doch auf der außerparlamentarischen Ebene Protestbewegungen im Bereich des Möglichen.

Dagegen sah Anne Frohnweiler, Bezirksvorsitzende der DKP Rheinland-Westfalen, durchaus die Möglichkeit, ein „breites Linksbündnis“ zu unterstützen. Das müsse „nach links offen und nach rechts dicht“ sein, betonte Frohnweiler. Für sie sei es sehr wichtig, dass auch KommunistInnen in diesem Bündnis ihr Platz einnehmen müssen.

Hüseyin Avgan, Bundesvorsitzender der Föderation der demokratischen Arbeitervereine DIDF, sprach sich dafür aus, dass in solch einem linken Bündnis auch MigrantInnen eine starke Stimme erhalten müssen. DIDF sehe durchaus die Möglichkeit, solch ein Bündnis, welche breitere soziale Bewegungen umfassen müsste, aktiv zu unterstützen. „Dieses Bündnis muss in migrationspolitischen Fragen Positionen entwickeln und gegen die derzeitige Ausgrenzungspolitik angehen“, sagte Avgan.

Kritische Stimmen zeigten sich vermehrt in den Wortmeldungen der TeilnehmerInnen. Einige Mitglieder der SAV erinnerten daran, dass Oskar Lafontaine und Gregor Gysi selber in Regierungsverantwortung Sozialabbau betrieben hätten. Deshalb forderten sie, statt mit der PDS zusammenzugehen, die WASG „als Alternative aufzubauen“. Einen konkreten Vorschlag für ein Linksbündnis auf Kölner Ebene machte PDS-Ratsherr Jörg Detjen. Er forderte ein Zusammengehen der PDS/OL und "Gemeinsam gegen Sozialraub" in eine gemeinsame Fraktion, dann gebe es neue Möglichkeiten für eine kommunale linke Politik.

(Bericht: Kemal Bozay)

Im Podium diskutierten:

  •  Hüseyin Avgan, Bundesvorsitzender der DIDF - Föderation der demokratischen Arbeitervereine;
  • Anne Frohweiler, Bezirksvorsitzende der DKP Rheinladn-Westfalen;
  • Astrid Kraus, Mitglied der Bundeskoordination ATTAC;
  • Werner Ley, Mitglied des Bundesvorstands der WASG;
  • Paul Schäfer, Landesvorsitzender PDS NRW

Moderation: Anne Schulz, Journalistin, Köln

Presse:

Bündnis bringt Linke an einen Tisch (taz vom 15.6.05)

http://www.taz.de/pt/2005/06/15/a0001.nf/text

Wir vereinigen uns – oder nicht... (ND vom 15.6.05)

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=73392&IDC=2

Neue Linkspartei: Opposition ist Muss! (in: Lokalberichte. Kölner Zeitung für sozialistische Politik, Nr. 13 vom 24.06.05, dokumentiert bei RLS-NRW)

http://www.rls-nrw.de/materialien/presseecho.php?id=44