Dokumentation Ein anderes Europa für eine andere Welt!

In Saarbrücken fand im August 2008 die erste europäische attac-Sommeruniversität statt. Die RLS veranstaltete dort Workshops zu den Themen: »Alternativen zur Privatisierung«, »Rechtsextremismus in Europa« sowie »Staat, Soziale Bewegungen und Parteien«.

Information

Zeit

01.08.2008 - 06.08.2008

Themenbereiche

Ungleichheit / Soziale Kämpfe, Soziale Bewegungen / Organisierung, Jugendbildung

Erste Europäische Attac Sommeruniversität (ESU) – ein Anfang der die Mühe lohnt.

externer Link in neuem Fenster folgtwww.european-summer-university.eu

Mit der ESU wollte Attac Europe einen Meilenstein für gemeinsame Handlungsfähigkeit schaffen - ein Angebot für die Aktivisten, dabei zu sein.

Vom 1. bis 6. August 2008 hat in Saarbrücken die erste europäische Attac Sommeruniversität stattgefunden, unter dem Motto „Ein anderes Europa für eine andere Welt!“ Fast 800 TeilnehmerInnen aus über 20 Ländern haben teilgenommen. Gäste u.a. aus Marokko, Brasilien und der Costa Rica bereicherten die Debatten mit ihren Sichtweisen.

Ein prächtiges Baby

Die Themenliste kreiste um die Akteure der Finanzmärkte, Klima- und Energiepolitik, Öffentliche Güter kontra Privatisierung, Globalisierung und Transport, Arbeitsmarkt und Prekarisierung, Migration, Tax-Justice, Demokratische Kontrolle und ökonomische Partizipation, Soziale Rechte und Demokratie, Konventionsprozesse und Alternativen, Europas Handelspolitik, Kriege und imperiale Strategie.

Im Programm gab es neben zentralen Diskussions-Foren eine Vielzahl von Workshops/Seminaren, die mindestens „binational“ vorbereitet wurden – ein Mix aus „popular education“ und „networking“. Dazu viel Raum zum Kennen lernen – bei morgendlichen „get-to-know-each-other-sessions“, oder rund um die Attac-Caféteria.

Außerdem wurde ein gemeinsamer Strategieprozess der verschiedenen Länder-Attacs Gruppen gestaltet. Er führte von den jeweiligen Vorständen über ein Seminar in Marokko zu einem zweitägigen Workshop während der ESU. Etwa 70 Aktive aus fast allen europäischen Attacs nahmen daran teil. Als Ergebnis sollen zwei gemeinsame Kampagnen starten: Eine zur Krise der Finanzmärkte und eine zweite zu einer "demokratischen und sozialen Neugründung der EU".

Eine Deklaration der europäischen Attacs unter der Überschrift „Schluss mit der Casinowirtschaft - Entwaffnen wir die Märkte!“ ist inzwischen entstanden.

Darüber hinaus wurden eine Reihe Vernetzungen initiiert, wie "AquAttac" gegen Wasserprivatisierung, der Arbeitsprozess zur Erweiterung der "10 Prinzipien für einen demokratischen EU-Vertrag", das europäsche Attac-Jugendnetz oder die Kooperation für öffentliche Eisenbahnen.

Ein großartiges Kulturprogramm mit Bands aus Frankreich, Polen und Berlin, Ausstellungen u.a. mit belgischen Cartoons, hat nicht nur viel Spaß gemacht, sondern auch die Ausstrahlung der ESU geprägt.

Es gab einen echten Aufbruch für eine "Europäisierung Attacs von unten" und alle die dabei waren, fühlten diesen Zauber, der jedem Anfang innewohnt.

Aber keine leichte Geburt

Die ganze Organisation und Programmplanung wurde zwar hauptamtlich unterstützt, aber getragen von etwa zwei Dutzend Freiwilligen, die auf verschiedenen Ebenen länger als ein Jahr zusammengearbeitet haben. Die europäische Vorbereitungsgruppe musste Sprachschwierigkeiten überwinden, unterschiedliche politische Kulturen erkennen, Regeln  für verbindliche Absprachen finden und das Programm mit möglichst breiter Beteiligung aufstellen – all das meist im virtuellen Raum von Telefonkonferenzen und Internet.

Wir mussten lernen, dass es nicht ausreicht, kluge „Speaker“ zu finden, sondern dass wir mehr kompetente Leute brauchen, die Diskussionen gestalten und Prozesse in Gang bringen können, weil wir sonst die Energie und Ideen verschenken.

Wir hatten ein Budget zu stemmen, das deutlich über den finanziellen Spielräumen der meisten Attacs lag.  Weil die TN-Beiträge niedrig sein sollten und die Quellen für Zuschüsse klein sind für politische Unabhängigkeit, musste eine Lücke von 50.000 € in einem solidarischen Akt durch örtliche Attac-Gruppen und motivierte Spender geschlossen werden.

Schließlich mussten wir organisatorische Gebirge bewältigen, um Übersetzung, Technik, Übernachtung und Verpflegung möglichst günstig auf die Beine zu stellen – und es war für alle Beteiligten das erste mal.

Aber ...

... es hat sich gelohnt, wir würden es wieder tun (nur nicht so bald) und wir hoffen darauf, dass sich in den verschiedenen Ländern Leute finden, die die Fäden in der Hand behalten, die geknüpft wurden, so dass es gelingt, nachhaltige Impulse für ein emanzipatorisches Europa zu geben.

Sabine Leidig (Attac-d, Geschäftsführerin Bundesbüro) und Johanna Schreiber (Attac-d, ESU-Programmkoordination, Mitglied im Koordinierungskreis)


Die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die schon seit mehreren Jahren die attac-Sommerakademie fördert, unterstützte auch diese neue europäische Sommerschule. Direkt durch die Stiftung organisiert wurden in Saarbrücken drei Workshops:
 
Staat, Soziale Bewegungen und Parteien. Strategien und Perspektiven

Viele zentrale Konflikte sind auch in Zeiten der Globalisierung über Nationalstaaten vermittelt und werden auf diesem Terrain ausgetragen. Herrschaftsverhältnisse sind eng mit kapitalistischer Staatlichkeit verknüpft. Emanzipatorische Akteure kommen dabei an einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Staat nicht vorbei. Wie kann ein kritischer Staatsbegriff für praktische Globalisierungskritik fruchtbar gemacht werden? Wie lassen sich dabei Herrschaftsverhältnisse verstehen? Welche Strategien und Perspektiven ergeben sich aus einer kritischen Analyse? Was bedeutet das für eine emanzipatorische Praxis von sozialen Bewegungen und Parteien?

Mehrtägiges Vormittagsseminar; Gebäude B81, Raum 0.22; Sa - So 10:15-12:30 Uhr; Arbeitssprachen: Englisch, Französisch

ReferentInnen:
Cornelia Hildebrandt (Rosa Luxemburg Stiftung)
Alexis J. Passadakis (attac Deutschland)
Franziskus Forster (attac Österreich)
 

Die Öffentlichkeit – Alternativen zur Privatisierung

Das Paradigma der Privatisierung ist noch nicht an seinem Endpunkt angekommen, seine Legitimierung fällt jedoch zusehends schwerer. Momentan erleben wir in zunehmendem Umfang  die De-Privatisierung und Re-Kommunalisierung u.a. der Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Deshalb ist es essentiell, nicht nur gegen die Ideologie der Privatisierung anzugehen, sondern auch Alternativen zu entwickeln. Wie also soll es weitergehen nach der erfolgreichen De-Privatisierung? Und wie sieht dann unser Konzept des öffentlichen Eigentums aus? 

Nachmittagsworkshop; Gebäude B81, Raum 0.21; So 17:00 - 18:30 Uhr; Arbeitssprachen: Englisch, Französisch

ReferentInnen:
Mario Candeias (Rosa Luxemburg Stiftung, ppg-Netzwerk)
Genoveva Tisheva / Daniela Gorbounova (Wide-Network Europe/Bulgarien)
David Hachfeld (attac Deutschland)
Pierre Khalfa (attac Frankreich)
 
Rechtsextremismus in Europa

Globalisierte Weltwirtschaft mit der gewünschten Migration von Kapital und Arbeitskräften und die Zunahme rechtsextremen Denkens scheinen sich zu widersprechen. Tatsächlich aber sorgt die Unterwerfung aller Lebensbereiche unter die Profitlogik und die Propagierung von Standortnationalismus für ein gesellschaftliches Klima, in dem rechtsextremes Gedankengut zunehmend salonfähig wird. Der Workshop beleuchtet, wie weit der Rechtsextremismus in Europa fortgeschritten ist und diskutiert, wie dieser Entwicklung solidarisches Handeln entgegengesetzt werden kann.

Mehrtägiges Vormittagsseminar; Gebäude C53, Raum U9/10; Mo - Di 10:15-12:30 Uhr;  Arbeitssprachen: Englisch, Deutsch

ReferentInnen:
Annette Groth (attac Deutschland)
Matyas Benyik (attac Ungarn)
Hermann Dworczak (Österreich)
Conny Hildebrandt (Rosa Luxemburg Stiftung)
Vincent Scheltins (Belgien)