Dokumentation «Gleichheit ist Glück»

In der Reihe: »Luxemburg Lecture« mit Kate Pickett, York.

Information

Zeit

25.10.2010

Veranstalter

Uta Tackenberg,

Mit

Kate Pickett, Professorin für Epidemiologie an der Universität York und Wissenschaftlerin am National Institute for Health; Rainer Rilling, Institut für Gesellschaftsanalyse der RLS; Moderation: Ulrike Herrmann, taz

Themenbereiche

Gesellschaftstheorie, Ungleichheit / Soziale Kämpfe

Die etwas unglückliche deutsche Übersetzung des englischen Buchtitels «The Spirit Level» in «Gleichheit ist Glück» könnte falsche Erwartungen wecken - denn nicht Gleichmacherei oder der Ablehnung individueller Lebensentwürfe wird hier das Wort geredet, sondern der empirische Nachweis erbracht, dass gleichere Gesellschaften glücklicher sind.

Die beiden britischen Epidemiologen* Kate Pickett und Richard Wilkinson haben sich hierbei nicht von ideologischem Wunschdenken leiten lassen, sondern statistische Daten der UN, der WHO und UNICEF ausgewertet und festgestellt, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Einkommensschere einer Gesellschaft und den gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung gibt. Die Daten hinsichtlich Lebenserwartung, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Fettleibigkeit, Selbstmordrate oder Teenageschwangerschaften sprechen für sich - je größer die Einkommensunterschiede, desto negativer die Folgen für die Bevölkerung, und zwar - das mag überraschen - nicht nur für die Ärmeren. Denn auch Statusangst erzeugt chronischen Stress, der wiederum zu Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfällen führen kann.

Das Fazit der beiden Mediziner: je gleichmäßiger die Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum ausfällt, desto weniger materielle Ressourcen sind notwendig, um ein gleiches Maß an Lebensqualität zu erreichen.

In Großbritannien hat das Buch heftige Debatten ausgelöst. Selbst Premierminister David Cameron zeigte sich beeindruckt. "Die Untersuchung von Richard Wilkinson and Katie Pickett hat gezeigt, dass innerhalb der reichsten Länder die ungleicheren schlechter dran sind hinsichtlich fast aller Indikatoren für Lebensqualität." Ob er daraus allerdings Konsequenzen für seine Politik zieht, bleibt abzuwarten.

Welche Schlussfolgerungen sich für linke Politik mit dem Ziel einer solidarischen Gesellschaft ergeben, können Sie im Anschluss an den Vortrag mit der Autorin diskutieren.

Kate Pickett / Richard Wilkinson:
«The Spirit Level: Why More Equal Societies Almost Always Do better»
«Gleichheit ist Glück: Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind»


*'Seuchenkunde' ist jene wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Ursachen und Folgen sowie der Verbreitung von gesundheitsbezogenen Zuständen und Ereignissen in Populationen beschäftigt.


«Luxemburg Lecture»

„Die Humanität in unserer Gesellschaft wird sich auch danach bemessen, inwieweit wir das Erbe Rosa Luxemburgs in Ehren halten.“ (Walter Jens)

Die internationale »Luxemburg Lecture« ist ein neues Format des Instituts für Gesellschaftsanalyse und des Kulturforums der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Mit diesen Vorlesungen soll in der Tradition der Wissenschaftlerin, Politikerin und Persönlichkeit Rosa Luxemburg eingegriffen werden in die geistigen Auseinandersetzungen der Gegenwart. Die aktuellen Krisen der heutigen Zivilisation und des Kapitalismus sind der Ausgangspunkt, um Fragen nach Möglichkeiten zukünftiger Entwicklung und konkreter Alternativen zu stellen.

Die »Luxemburg Lecture« gibt international ausgewiesenen Persönlichkeiten der Linken aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Kunst sowie der Zivilgesellschaft die Möglichkeit, ihre Positionen zu Grundfragen der Zeit zu äußern.