Dokumentation «Netz für alle» 2012

Die 2. netzpolitische Konferenz steht unter dem Motto «Kontrolle und Geschäft versus Gleichheit und Freiheit im Netz».

Information

Veranstaltungsort

Landesvertretung Sachsen-Anhalt
Luisenstraße 18
10117 Berlin

Zeit

15.09.2012

Veranstalter

Andreas Thomsen,

Themenbereiche

Commons / Soziale Infrastruktur, Kultur / Medien, Digitaler Wandel

Ob Urheberrecht, Liquid Democracy oder Daten-Leaking - in den vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass netzpolitische Fragen zahlreiche Themenfelder beeinflussen. Sie sind auf das Engste mit Fragen der Teilhabe, der Demokratie, aber auch mit sozialen Fragestellungen verknüpft sind.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung reagiert auf diese Herausforderungen. Ein breites Spektrum netzpolitischer Themen wurde etwa Mitte September auf der Konferenz «Netz für Alle» (nfa12) diskutiert, die gemeinsam mit der Linksfraktion im Bundestag organisiert wurde. Von der Stiftung angeboten wurde unter anderem das Panel «E-Democracy – Beteiligung für alle oder Spielzeug für neue Eliten?» mit VertreterInnen verschiedener Parteien. Ein weiteres Panel der Stiftung befasste sich mit der Nutzung von offenen Daten. Präsentiert wurden dabei auch zwei Projekte, die von der Stiftung in den Jahren 2011 und 2012 umgesetzt oder gefördert wurden Andrej Holms Projekt «Gentri-Maps» befasst sich mit der Nutzung von Open Data zur Beschreibung und Analyse von Aufwertungsprozessen in Berlin. Malte Daniljuk und Jan Ullrich nutzten Daten aus dem Wikileaks-Datensatz, um beispielhaft deren Verwendung in der Analyse internationaler Politik aufzuzeigen.

Herausragend war die Keynote von Felix Stalder von der Zürcher Hochschule der Künste zum Thema «Digitale Solidarität». Stalder beschrieb, wie das Internet durch die dort neu entstandenen kollaborativen und aufs Gemeinwohl orientierten Formen der Produktion zu einem «Labor der sozialen Innovation» geworden sei. Doch die hier gemeinsam hervorgebrachten Werte und eine prinzipiell solidarische digitale Kultur müssten sich gegen verschärfte Versuche privater Aneignung behaupten. Wichtige netzpolitische Aufgabe sei es, dieses Labor offenzuhalten, die «digitale Solidarität» zu fördern. Progressive Politik insgesamt könne von den im Netz gemachten Erfahrungen lernen und sie auf andere Bereiche ausweiten: Kann zum Beispiel die verstärkte Nutzung freier Software helfen, eine neue soziale Basis zu schaffen für eine Politik der Solidarität und Paritzipation – und so auch zum Einsatz gegen neuerliche Privatisierungsversuche werden? Was würde es zum Beispiel bedeuten, das Publikum als aktive NutzerInnen kultureller Werke aufzufassen, statt als stumme KonsumentInnen – und welche politischen Bedingungen wären dafür nötig? Diese Fragen weisen, so Stalder, weit über den Bildschirmrand der Netzpolitik hinaus.

In der abschließenden Keynote untersuchte der Blogger und Journalist Glyn Moody mögliche zukünftige Entwicklungen in der Diskussion um Urheberrechte und sog. geistiges Eigentum. Sein Beitrag „Before and after ACTA“ beschrieb insbesondere die Notwendigkeit der politischen Intervention in diesen Diskussionen und stellte die Frage, ob die Piratenpartei hier eine entscheidende Rolle spielen könne. Unabhängig von der Frage, welche politischen Kräfte zentral sein könnten, betonte Moody die epochale Herausforderung, die die digitale Revolution auch in dieser Hinsicht darstellt. Der Übergang zum digitalen Zeitalter sei, so Moody, eine Zivilisationsaufgabe.

Die Panels und Keynotes der nfa12 sind auf dem Blog http://netzfueralle.blog.rosalux.de/ verfügbar.

ANDREAS THOMSEN IST REFERENT IM BÜRO DER GESCHÄFTSFÜHRUNG DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG

Im Zentrum der diesjährigen Konferenz (#nfa12) stand der grundlegende Konflikt von Kontroll- und Verwertungsinteressen vs. Gleichheit und Freiheit im Netz.

Wir beobachten eine zunehmende Kolonisierung des Netzes durch Staat und Wirtschaft, der eine neu entstandene, postnationale kritische Öffentlichkeit des Netzes ebenso vehement entgegentritt wie sie ihre mit der netzbasierten Kommunikationstechnologie errungenen Gleichheiten und Freiheiten der Kommunikation zu verteidigen sucht.

Tweets zur Konferenz

Aufgezeichnete Vorträge (wird fortgeführt):

Drohnen, Wanzen, Satelliten, INDECT – Strategien der vernetzten Überwachung
Zahlreiche Forschungsprojekte entwickeln Werkzeuge, um die Überwachung und Kontrolle des öffentlichen Raums technisch aufzurüsten. Sie bieten weit mehr Funktionalitäten, wenn deren gelieferte Informationen miteinander verknüpft werden. Mit einem sogenannten „Sensorverbund“ können sich Geheimdienste und Polizeien ein umfangreiches Lagebild verschaffen, um stets über die Informationshoheit zu verfügen. Diese Plattformen werden insbesondere für Fußballspiele, G8-Gipfel, Wahlen, Großdemonstrationen oder „royal weddings“ zugeschnitten. Wir wollen ausloten, wie es dabei um Datenschutz und Bürgerrechte bestellt ist.
Mit: Matthias Monroy, Aktivist und Journalist mit Schwerpunkt Data Mining und Polizeizusammenarbeit, Prof. Tom Sorell, University of Birmingham, Mitglied des Ethikrats von INDECT (erstmals in der deutschen Öffentlichkeit!), Eric Töpfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte, Hauke Gierow, Reporter ohne Grenzen

 
The Big Thing and the Next Big Thing: Wie wurden Google, Facebook, Apple & Co. groß und was kommt nach ihnen?

Kommunikation und Information im Netz als Geschäftsmodell: Wie entstehen Big Player? Wer beherrscht den Markt wie? Welche Folgen haben unterschiedliche Geschäftsmodelle für die Freiheit zur Vernetzung? Wie funktioniert Innovation im Netz? Was kommt als nächstes?
Mit: Dr. Ralf Bremer, Google Deutschland, Caroline Drucker, Etsy Deutschland, Marcel Weiß, neunetz.com, Nora Wohlert, gruenderszene.de

 
Programm:

11 – 11:30 Uhr
Begrüßung

11:30 – 12:30 Uhr
Keynote I

12:30 – 13:30 Uhr
Mittagspause

13:30 – 14:45 Uhr
Panel 1:
Von Zensursula über ACTA zu IPRED – Der Kampf ums freie Internet

Der Kampf um ein freies Internet ist voll entbrannt. In rascher Folge kommen Verträge, Vorschläge und Verordnungen zur Ahndung von Cybercrime und Urheberrechtsverletzungen im Netz: Steht das freie und offene Netz vor seinem Ende? Dient die Beschwörung der dunklen Seite des Netzes der Verankerung von technischen wie juristischen Kontroll- und Eigentumstiteln? Kommt das sanktionierte Warnhinweismodell in Deutschland, Providerhaftung und weitere Rechtsverschärfungen über eine Novellierung der Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte in Europa?

Mit:

Moderation: Halina Wawzyniak, MdB, DIE LINKE

Panel 2:
The Big Thing and the Next Big Thing: Wie wurden Google, Facebook, Apple & Co. groß und was kommt nach ihnen?


15 – 16:15 Uhr

Panel 3:
Netzwerkmanagement und Deep Packet Inspection – Wer kontrolliert das Netz?

Grundlegender Ansatzpunkt aller Strategien zur Kontrolle des Internet bildet der Zugriff auf die physische Transportinfrastruktur. Im Besitz entsprechender Steuerungstechnologien verfügen die Netzbetreiber über ein Werkzeug, das es erlaubt, Datenpakete potentiell nach Inhalt, Quelle oder Ziel zu differenzieren, und eben auch, missliebige Datenverkehre zu unterbinden. Welche Technologien des Netzwerkmanagements kommen heute wo zum Einsatz? Wie funktioniert Deep Packet Inspection? Welche Auswirkungen hätte der Einsatz von Netzwerktechnologien zur Rechtsdurchsetzung auf die Kommunikations- und Meinungsfreiheit?

Mit:

Moderation: Herbert Behrens, MdB, DIE LINKE

Panel 4:
Counter-Mapping und Counter-Information – Datenbasierte Darstellungen der Macht

Counter-Mapping und Counter-Information bezeichnen neue datenbezogene Techniken zur Darstellung, Auswertung und Positionierung in bestehenden Macht- und Eigentumsverhältnissen. Auf der Veranstaltung diskutiert werden Leistungsfähigkeit und Reichweite dieses Ansatzes anhand zweier von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderter Projekte: einer Kartographie des Gentrifizierungsprozesses in Berlin und einer Auswertung der geleakten U.S. Cables für Lateinamerika.

Mit:

  • Malte Daniljuk, Kommunikationswissenschaftler und Publizist, Berlin
  • Dr. Andrej Holm, Stadt- und Regionalsoziologe an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Jan Ullrich, Politikwissenschaftler, Journalist und Übersetzer, Berlin

Moderation: Kathrin Senger-Schäfer, MdB, DIE LINKE

16:15 – 16:45 Uhr
Kaffeepause

16:45 – 18 Uhr

Panel 5:
E-Democracy: Beteiligung für alle oder Spielzeug für neue Eliten?

Das Internet ist nicht nur ein Transparenzmedium, sondern auch ein Dialog- und Mitmachmedium. E-Democracy bietet neue Möglichkeiten demokratischer Partizipation und Einbindung: Welche Potentiale und Grenzen besitzen Plattformen wie Liquid Feedback für die politische Meinungsbildung und Entscheidungsfindung? Hängen elektronische Formen direkter Demokratie “bildungsferne Schichten” konsequent von der Teilhabe an Demokratie ab? Sind sie lediglich ein Spielzeug für neue Eliten?

Mit:

Moderation: Wenke Christoph, Vorstand Rosa-Luxemburg-Stiftung

Panel 6:
Drohnen, Wanzen, Satelliten, INDECT – Strategien der vernetzten Überwachung

18:15 – 19:15 Uhr

Keynote II: Before and After ACTA

[Sprache: Englisch]

19:15 Uhr
Get Together

Alles weitere im Blog «Netz für alle»

Alles zur 1. Tagung «Netz für Alle» 2011

Mediathek

Digitale Solidarität

Mitwirkende

Felix Stalder,

Von Zensursula über ACTA zu IPRED - Der Kampf ums freie Internet

Netzwerkmanagement und Deep Packet Inspection - Wer kontrolliert das Netz?

Before and After ACTA

E-Democracy: Beteiligung für alle oder Spielzeug für neue Eliten?

Counter-Mapping und Counter-Information -- Datenbasierte Darstellungen der Macht

Drohnen, Wanzen, Satelliten, INDECT - Strategien der vernetzten Überwachung

The Next Big Thing: Wie wurden Google, Facebook, Apple & Co. groß & was kommt nach ihnen?