Dokumentation «Begegnungen mit Christa Wolf»: Dagmar Just im Gespräch

Don't be cool! Nachdenken über Christa Wolf

Information

Zeit

18.02.2016

Veranstalter

Michaela Klingberg,

Mit

Dagmar Just und Birgit Dahlke

Themenbereiche

Kultur / Medien, Kunst / Performance

Zugehörige Dateien

Christa Wolf
Christa Wolf, Foto: Bundesarchiv Bild 183-1989-1027-300, CC-BY SA

Kaum war der Kalte Krieg vorbei, wurde Coolsein Kult. 560 Millionen Einträge im World Wide Web, Tendenz steigend. Ein Kältestrom, von dem keiner weiß, woher er kommt, aber er breitet sich aus wie ein Virus. Schon ist alles cool: der Sommer, der Winter, Automarken, Kühlschränke, Tom Wolfe und Gordon Gekko. Filzschuh und High Heels. Jeff Koons und Michel Houllebecq, Projekte gegen Jugendgewalt, Miles Davis’ Trompete, Tarantinos Pulp Fiction und Karl Heinz Bohrer. Doch das Gegenteil von Coolness ist nicht Nostalgie, sondern Phantasie. Mut. Lebendigkeit. Erschütterbarsein. Christa Wolf und die Sätze, die sie einer Fremden schrieb: «Bitte nehmen Sie das Geld nicht als Verpflichtung.» und: «Ich wünsche mir, dass Sie nicht im undurchdringlichen Beton steckenbleiben».

Dagmar Just, Publizistin, Autorin und promovierte Germanistin, stellt ihr Feature vor, das von einer besonderen Begegnung mit Christa Wolf erzählt. Der ins Exil getriebene Autor Ernst Weiß, die Erzählung «Transit» von Anna Seghers und schließlich Christa Wolfs 1985 entstandener Essay darüber verschmelzen zu einem atmosphärischen Gesamteindruck der DDR der 1980er Jahre. Eine junge, unbekannte Schreibende sitzt an einer Auftragsarbeit über den im Osten kaum bekannten Ernst Weiß. Statt des erwarteten zehnseitigen Gutachtens gibt sie hundert Seiten ab. Mutlos, arbeitslos, «vielleicht an Ausreise denkend» entdeckt sie den Essay Christa Wolfs in der Zeitschrift «Sinn und Form», der sie wie ein Blitz trifft. Sie wagt es und schreibt an die ältere, anerkannte Schriftstellerin. Und erhält postwendend eine Antwort von unerwarteter Verbindlichkeit und Solidarität: «Ihr Brief beeindruckt mich (…). Ohne Zweifel sind Sie in einer Notlage. ich überlege wie ich Ihnen helfen könnte.» Und schickt ein Jahr lang 500 Mark monatlich, damit die junge Frau schreibt: «Wenn Sie etwas machen wollen, machen Sie es – egal, ob es Ihnen anmaßend oder lächerlich erscheint. Geben Sie nicht auf und verlieren Sie nicht Mut und Hoffnung.»

Zwei Dutzend Briefe wechseln über drei Jahre zwischen der jungen und der älteren Autorin. Zwischen «Kassandra» und «Sommerstück» findet Christa Wolf Kraft und Zeit, sich der Jüngeren zuzuwenden. Ein Dokument von anrührender Intensität. Die Literaturwissenschaftlerin Birgit Dahlke spricht mit der Autorin über die Umstände dieser Begegnung.

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