Afrikanische Naturschutzgebiete sind auf vielfältige Weise bedroht. Zugleich werden sie von der lokalen Bevölkerung oft als Bedrohung und Orte des Ausschlusses erlebt. Doch ebenso schwierig, wie Umweltschutz- und Menschenrechtspolitik in diesen Gebieten unter einen Hut zu bekommen, ist es, beide Perspektiven in einen konstruktiven Dialog zu setzen. Da sind auf der einen Seite Naturschutzorganisationen, aber auch staatliche Durchführungsorganisationen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie fühlen sich von den Kritiker*innen ihrer Arbeit in Schutzgebieten unfair behandelt und befürchten, dass dadurch der Naturschutz als Ganzes diskreditiert werde. Und da sind die Kritiker*innen. Sie beklagen, dass sie mit ihren Anliegen nicht ernst genommen werden, und werfen den Naturschützer*innen Gesprächsverweigerung und fehlenden Veränderungswillen vor. Mit der Tagung «Vom Aussterben bedroht» wollten die Veranstalter*innen den fehlenden Dialog zwischen beiden Seiten wiederaufnehmen. Herausgekommen ist eine lebhafte Debatte, an der sich leider weder ein*e Vertreter*in des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), der KfW oder der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aktiv beteiligten.
Verschiedene Stränge durchzogen die Beiträge. Naturschützer unterstrichen, dass der Schutz der afrikanischen Naturräume eine zentrale Herausforderung unserer Zeit sei, um Biodiversitätsverlust und Klimawandel einzudämmen. Andere Redner*innen betonten die koloniale Kontinuität von Naturschutzgebieten in Afrika, in denen oftmals eurozentristische Perspektiven auf die «African Wilderness» vorherrschen würden. Wiederum andere betonten die negativen Konsequenzen der Naturschutzgebiete für die lokale Bevölkerung, wie die Vertreibungen indigener Gruppen, aber auch die häufige Gewalt von Seiten der Parkwächter. Ein besonderes Augenmerk legte die Veranstaltung auf die Militarisierung des Naturschutzes. Darunter wird nicht nur die reine Bewaffnung von Ranger*innen gefasst, sondern der Fokus der gesamten Schutzkonzepte auf Herstellung einer (gewalttätigen) Kontrolle von Naturräumen.
Einig waren sich alle Teilnehmenden darin, dass Naturschutz langfristig nur unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung funktionieren könne. Bei der Einschätzung, wie weit man diesbezüglich schon sei, gingen die Ansichten jedoch weit auseinander. Gerade deshalb sollte die deutsche Naturschutzfinanzierung in Afrika in den nächsten Jahren kritisch begleitet und analysiert werden, wie viele Wortmeldungen gegen Ende der Veranstaltung hervorhoben.
Die seit kurzem sehr vehement vorgetragene Kritik an den Naturschutzverbänden prallt an diesen offenbar nicht ab. Die Organisationen agieren menschenrechtsbasierter – ein Prozess, der abhängig von der Perspektive zu langsam vonstattengeht oder behutsam angegangen werden muss. Als ein Referenzbeispiel wurde Bergbau herangezogen, in dem Menschenrechtsfragen in Abbaugebieten und die Verantwortung Handelnder im Globalen Norden zunehmend thematisiert werden. Bevor es zu einer weiteren Ausweitung von «Schutzgebieten» kommt, gilt die Frage nach der Evaluierung der bestehenden Konzepte – eine Forderung die sich an die bundesdeutschen Durchführungsorganisationen richtet. Wenig angesprochen wurde der Zusammenhang zwischen «Schutzgedanken» und «Entwicklungsdiskurs» in einem neoliberalen Setting, welches auf Akkumulation von Ressourcen wie «Wildnis» und «Natur» basiert.
Die Audiobeiträge sollen einen Eindruck der Diskussionen geben.
- Eva-Maria Schreiber, MdB | Begrüßung
- Victoria Tauli-Corpuz, UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte indigene Völker | Key Note: Vom Aussterben bedroht? Naturschutz und indigene Rechte (in Englisch)
- Dr. Bernhard Gißibl, Leibniz Institut für Europäische Geschichte Mainz | Unsere Serengeti. Deutschlands Rolle in der Geschichte des Naturschutzes in Afrika
- Christoph Heinrich, WWF Deutschland; Dr. Mordecai Ogada, Ökologe und Autor; Simone Schlindwein, Afrika-Korrespondentin der TAZ; Moderation: Reinhard Palm, Brot für die Welt | Panel: Globale Perspektive: Aktuelle Herausforderungen des Naturschutzes in Afrika
- Simon Counsell, Direktor Rainforest Foundation UK | Zur zukünftigen Ausrichtung der deutschen Naturschutzpolitik in Afrika
- Laszlo Maras, Forum Umwelt und Entwicklung | Kommentar
- Gesine Ames, Ökumenisches Netz Zentralafrika | Schlussworte