Mitten in der tiefsten Krise des Kapitalismus seit 80 Jahren wurde in Deutschland eine CDU/CSU-FDP-Regierung gewählt. Bundesweit ist bisher kein mehrheitsfähiges linkes Projekt erkennbar. SPD, Grüne und LINKE agieren in der Opposition derzeit ohne Bezug aufeinander und auf Landesebene sind sehr unterschiedliche politische Bündnisse entstanden. Welche Konsequenzen hat dies für die SPD und LINKE? Welche Strategie soll verfolgt werden, um die Kräfteverhältnisse zu verändern, die Voraussetzungen für einen Richtungswechsel der Politik zu schaffen? Welche gesellschaftlichen wie parteipolitischen Bündnisse und Projekte sind hierzu möglich und durchsetzbar? Wie müssen sie gestaltet werden, um dauerhaft und erfolgreich zu sein?
Die LINKE braucht strategische, kulturvolle und zugleich streitbare Diskurse, um über die Ziele gesellschaftlicher Veränderungen, konkreter Wege, gesellschaftlich mehrheitsfähiger Projekte nachzudenken und entsprechende Strategien zu entwickeln. Sie braucht dazu strategische Partner, den Dialog mit Vertretern sozialer Bewegungen, linker Parteien, Gewerkschaften und gesellschaftskritischen Intellektuellen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven auf Gesellschaft, politische Prozesse und Akteure. Es lohnt auch bisherige Erfahrungen linker Politik aufzugreifen und kritisch zu hinterfragen. Zu einem solchen Dialog lud die Rosa-Luxemburg-Stiftung ein.
Es diskutierten:
- Kerstin Kaiser, Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Landtag Brandenburg
- Michael Schlecht, Bundestagsabgeordneter, Mitglied im Parteivorstand und Chefvolkswirt der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag)
- Ottmar Schreiner, Bundestagsabgeordneter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD
- Moderation: Conny Hildebrandt, Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Würde es nach Ottmar Schreiner gehen, wären rot-rote und rot-rot-grüne Koalitionen bereits in mehr als zwei Ländern etabliert. Der linke Sozialdemokrat alter Schule will die Spaltung der Gesellschaft überwinden durch Umverteilung und Wiederherstellung von Vollbeschäftigung. Seiner Meinung nach hatte die Agenda 2010 nichts Geringeres zur Folge als die Ent-Sozialdemokratisierung der SPD. Aber er verliert nicht seinen Optimismus: Mit Hilfe sozialdemokratischer Kräfte bei den Grünen und in der LINKEN will er die Sozialdemokratie retten und eine politische Gegenmacht gegen das liberal-Konservative Lager schaffen. Da kommt ihm das Konversions-Projekt 'Institut Solidarische Moderne' gerade recht.
Kerstin Kaiser rechtfertigt die Regierungsbeteiligung der LINKEN in Brandenburg. Sie ist der Meinung, die rot-rote Koalition könnte eine Leuchtturmfunktion für linke Realpolitik darstellen. Michael Schlecht ist da vorsichtiger. Er vermisst die gesellschaftlichen Mehrheiten, die notwendig wären um grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten. Die kleinen Erfolge in Brandenburg reichen ihm nicht.
Weitere Informationen zum Thema:
- Gründungsaufruf für das «Institut Solidarische Moderne e.V.»: http://www.solidarische-moderne.de/
- «Mit Linksreformismus aus der Krise?» Call for Papers zur 2011 geplanten Tagung: http://www.linksreformismus.de
- Das kritische Web-Tagebuch von Albrecht Müller: www.nachdenkseiten.de
- Oskar Lafontaine:
«Zur Strategie der Partei DIE LINKE nach der Bundestagswahl 2009»
Rede auf dem Neujahrsempfang der Linksfraktion in Saarbrücken am 19. Januar 2010
Publikationen der Rosa-Luxemburg-Stiftung:
- Horst Kahrs:
«Zwei Gewinner, ein Absturz»
Analyse zur Bundestagswahl 2009.
Erschienen: Oktober 2009
- Horst Dietzel, Jochen Weichold:
«Bundestagswahl 2009 – Wahlprogramme der Parteien im Vergleich»
RLS-Standpunkte 15/2009
Erschienen: September 2009
- Anna Striethorst:
«Die Linke in der Regierung – ein strategisches Projekt? Lateinamerika und Europa im Vergleich»
Bericht von der internationalen Konferenz des RLS-Auslandsbüros in Brüssel, 1. bis 4. Mai 2009
- Michael Brie:
«Strategische Optionen der Partei DIE LINKE in der politischen Landschaft Deutschlands»
Vortrag an der Evangelischen Akademie Loccum am 11. Juli 2008
- Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker (Hrsg.):
«DIE LINKE. Wohin verändert sie die Republik?»
Texte 40 der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erschienen: Oktober 2007
Hieraus besonders empfehlenswert und weiter aktuell:
Michael Brie: «Segeln gegen den Wind. Bedingungen eines politischen Richtungswechsels in Deutschland», Seite 259
- Cornelia Hildebrandt:
«Der schmale Grad linker Reformpolitik – der Fall Berlin»
Erschienen: September 2007
- Cornelia Hildebrandt, Michael Brie (Hrsg.):
«Die Linke in Regierungsverantwortung. Analysen, Erfahrungen, Kontroversen»
Gesellschaftspolitisches Forum am 4. Februar 2006 in der Rosa-Luxemburg-Stiftung
RLS-Papers
Erschienen: August 2006
- Michael Brie, Rolf Reißig:
«Restriktionen und Optionen linkssozialistischer Politik in Regierungsverantwortung. Das Beispiel Berlin»
RLS-Standpunkte 11/2005
Erschienen: Juli 2005 - Rolf Reißig (Hrsg.)
«Mitregieren in Berlin. Die PDS auf dem Prüfstand.»
Am 13. Januar 2005 diskutierten über 150 Gäste bei einer RLS-Veranstaltung im Stadtbad Oderberger Straße mit den Senatoren Dr. Ehrhart Körting (SPD) und Harald Wolf (PDS) die Frage «Baden gehen mit Rot-Rot?». Prof. Dr. Rolf Reißig stellte seine neueste Studie vor.
Texte 22 der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erschienen: März 2005
Gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung:
Edeltraut Felfe, Erwin Kischel, Peter Kroh (Hrsg.):- «Warum? Für Wen? Wohin?»
- 7 Jahre PDS Mecklenburg-Vorpommern in der Regierung
GNN-Verlag, ISBN 3-89819-209-1, Art.Nr.4209