Documentation «Queer and rebel!»

Anders leben – woraus wächst die Kraft des Widerständigen? Rosas Salon Nr. 8

Information

Date

26.09.2013

Organizer

Eva Schäfer,

Themes

Ungleichheit / Soziale Kämpfe, Geschlechterverhältnisse

 

Die Frage des Widerständigen, die Frage nach einem anderen Leben zog sich von Anfang an durch die Reihe Rosas Salon. Die 8. Veranstaltung der Reihe stellte Frauen und Projekte vor, die diesen Anspruch nicht nur träumen oder formulieren, sondern leben und die sich durch ihr anderes Leben gleichzeitig und bewußt der kapitalitischen Norm und dem darin verwurzelten Leistungsstreben entziehen. Diese anderen Leben finden statt jenseits tradierter Familienformen, Geschlechterzuschreibungen, jenseits von Alt und Jung, von Stadt und Land. Sich selbst erkennen, in Frage zu stellen und angfeindet zu werden erfordert Mut.

Die Projekte

Der Schwarze Kanal ist ein kultureller, sozialer und politischer Ort, an dem gelebt, gearbeitet und Widerstand geleistet wird. Es gibt Queer-Varietes und Konzerte, Volxküchen und Soliparties und ein Openairkino. Alle diese Angebote kosten kein Geld. Das allein ist schon politisch, denn jeder und jede kann so an den vielfältigen Aktivitäten teilnehmen. Jeder kann auch selber etwas tun. Welcher Weg führt zum Schwarzen Kanal?

Julia: „Ich wollte in queer-feministischen Zusammenhängen leben, um mich zu stärken in meinem politischen Sein in meinem Mensch sein und im Alltag. Ich wollte aber nicht frauen-lesben-separatistisch wohnen und ich wollte im Wagen wohnen.“

Im Schwarzen Kanal gilt das DIY-Prinzip: Do It Yourself! Jede/r kann mitwirken und so bleibt das Leben im Schwarzen Kanal lebendig und vielfältig. Politisch und Queer sind Grundhaltungen im schwarzen Kanal und der Wagenplatz ist Anziehungspunkt für viele internationale Homosexuelle. Er ist Teil eines informellen Netzwerks antikapitalistischer Queers.

Das queer-feministische Landprojekt Quecke

Wie das  Gartenunkraut, setzt sich die Quecke im brandenburgischen Klöthen ziemlich durch. Die Quecke besteht seit 2011. Auf 2 Hektar Land, mit einem alten Schulgebäude und anderen Baustellen leben derzeit 12 Menschen. Der nächste Bahnhof ist Falkenberg/ Mark eine Stunde von Berlin-Lichtenberg. 

Warum die Quecke? Die Quecke hat sich gegründet, weil es sehr viele politische Landprojekte gibt, die aber überwiegend hetero-normativ sind. Neben dem Land- und Gartenbau werden vor allem die Seminare, die die Quecke in ihrem Seminarhaus anbieten möchte, künftig im Zentrum stehen. Wichtig ist, dass jede/r dieses Seminarhaus nutzen kann, egal, wieviel Geld vorhanden, oder auch nicht vorhanden ist. Im Moment ist der Prozess ist an vielen Stellen noch offen und bietet viel Raum zur Mitgestaltung und Entwicklung. In der Quecke gehört ein antirassistischer, queer-feministischer, transfreundlicher, privilegienbewusster, ökologischer, nachhaltiger und verbindlicher Umgang miteinander zum Alltag. Schön ist, dass das Dorf den Queckemenschen wohlgesonnen ist und Interesse an dem Projekt hat. Es werden noch Menschen, die in dem Projekt leben, dessen Ideen teilen und es unterstützen wollen gesucht.

Eine Frau, die in der Quecke lebt, drückte es so aus: „Im Projekt Quecke achten wir aufeinander und bieten diesen Raum, in dem Mensch sich sicher vor Alltagsdiskriminierungen bewegen kann, denn die Quecke kommt aus queerfeministischen Zusammenhängen und wir stellen gewählte Geschlechtsindentitäten nicht in Frage.“

AG Queer-Feminismus der Interventionistischen Linken

Wie kommt eine auf und in die AG? Junge Aktivistin: „Ich kam nach Berlin, um anders zu leben, vor allem politisch organisiert. Mich bewegte die Frage, wie möchte ich leben und mit wem möchte ich leben? Ich ging dann zu dem Stammtisch und dort sprachen wir über all die Themen, die mich interessierten und umtrieben.“

Die AG macht gerade eine Selbstbefragung zu den Themen Pflege und Sorge, Familie und Leben mit Kindern und Alter. Selbstbefragung meint vor allem uns und uns umgebende Organisationen und Gruppen. Wir werten diese Fragebögen der ersten Befragungen gerade aus und wollen demnächst die weitere Befragung starten.

Die Erkenntnis, dass Geschlechterrollen sozial gemacht sind und zudem hierarchisch zueinander stehen, wird mittlerweile nicht mehr nur in Seminaren an Universitäten diskutiert. Queer-Feminismus bedeutet für uns auch den praktischen Kampf gegen patriarchale Herrschaftsverhältnisse, Homophobie und erzwungene Zweigeschlechtlichkeit. Neoliberale Strategien zur optimierten Verwertung unserer individuellen Fähigkeiten lehnen wir entschieden ab, ebenso wie die zunehmende rassistische Arbeitsteilung im Bereich der reproduktiven Tätigkeiten: Sei es in der bezahlten Haushaltsarbeit oder der Kranken- und Altenpflege. Stattdessen fordern wir die strukturelle und soziale Gleichstellung aller Geschlechtsidentitäten und den Rücktritt einer Bundesministerin, die die sozialchauvinistische, rassistische und antifeministische Klischeemaschine beherrscht, aber bestimmt keine progressive Geschlechterpolitik.

In den anschließenden World-Cafés standen drei Fragen im Mittelpunkt:

  • Was ist für Euch das besondere am queer-feministischen Ansatz?
  • Was bedeutet rebellisch widerständig leben für Euch?
  • Woraus zieht Ihr Anerkennung? Wo fehlt Euch Anerkennung?

Queer-feministisches Widerstandspotential besteht im Sich-öffentlich machen, was auf dem Land anders ist, als in der Stadt. Queer-feministisch ist widerständig und bedeutet alltäglich auch immer wieder um das eigene Bestehen ringen zu müssen und politisch wirken zu müssen um Solidarität.

Dabei muss auch immer wider das Eigene Verstehen von Queer-Feminismus im Alltag in Frage gestellt werden. Es geht auch um die Verteidugung von (Lebens-) Räumen, auf dem Land und in der Stadt gleichermaßen. 

Anerkennung, ist sehr unterscheidlich und letztlich sehr persönlich zu beschreiben. Für eine ist es Ermutigung, also zu sehen, dass die eigene Lebensform auch für andere sinnvoll und gut ist, aber es kann auch schon Anerkennung daraus gezogen werden, anders zu leben und, wie bei der Quecke, von der Dorfgemeinschaft respektiert zu werden.