27 June 2019 Discussion/Lecture Fehl[er]kommunikation? Behandlungserfahrungen von trans* Patient_innen in Versorgungsdiskursen

Alex Stern (Bielefeld)

Information

Event location

Universität, Hauptgebäude
018
Universitätsplatz
18055 Rostock

Date

27.06.2019, 18:00 - 19:30 Hr

Themes

Gender Relations

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Die Gesundheitsversorgung von trans* Personen in Deutschland gestaltet sich, den verfügbaren Daten folgend, schwierig. Trans* Personen berichten in unterschiedlichen Räumen (soziale Medien, Beschwerdestellen u.ä.) von Diskriminierungserfahrungen und professionellen Fehlern bezogen auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen.

Diskurse zur Gesundheitsversorgung von trans* Personen verlaufen innerhalb heterogener Formationsregeln (Keller 2005): Es gibt einerseits öffentliche Diskurse, an deren Verlauf zivilgesellschaftliche Akteur_innen ohne eine formale Legitimation zur Beteiligung in öffentlichen Arenen wie z.B. den sozialen Medien partizipieren können. Zweitens werden Spezialdiskurse geführt, deren Strukturen deutlich restriktivere Bedingungen zur Beteiligung setzen. Spezialdiskurse sind für professionelles Handeln in der Versorgungspraxis indirekt handlungsweisend, indem durch Diskursregimes Rahmenbedingungen und fachliche Standards der professionellen Praxis gesetzt werden.

Trans* Patient_innen können Erfahrungen von Fehlleistungen in der Gesundheitsversorgung derzeit fast ausschließlich in öffentlichen Arenen präsentieren, wo sie wahlweise in kollektivierter oder individualisierter, medial aufbereiteter Form Teile von Diskursbeiträgen werden. Der öffentliche Raum bietet trans* Personen dabei die Gelegenheit der Sichtbarkeit und des Empowerments. In öffentlichen Arenen sind zusätzlich auch Gesundheitsversorgende vertreten, die als Einzelpersonen von den Berichten profitieren können. Um Zutritt zu Spezialdiskursen zu erlangen, bedürfen trans* Personen entweder der expliziten Einladung durch Gatekeeper oder der eigenen Qualifizierung als Spezialist_innen. Die Spezialisierung geht mit dem Nachteil einher, eigene Erfahrungen in der Patient_innenrolle nicht mehr direkt einbringen zu können.

Fehlerkommunikation gewinnt innerhalb der Gesundheitsversorgung zunehmend als Ressource an Akzeptanz. Ihre Inhalte können in aufbereiteter Form Beiträge der Spezialdiskurse darstellen. In der bisherigen Fehlerkommunikation wird sich meist auf den Austausch unter Praktiker_innen beschränkt. Damit Fehler Eingang in die Fehlerkommunikation finden, müssen sie folglich als solche von Praktiker_innen erkannt werden. Wenn trans* Patient_innen Fehler erleben, bedarf es daher eines Rahmens, der den Austausch mit den (oder anderen) Behandelnden über den Fehler erlaubt. Am Beispiel von trans* Patient_innen wird dabei deutlich, dass die derzeitige Interpretation des Relevanzbegriffs in der Fehlerkommunikation und darüber hinaus Ausschlüsse von Personengruppen produziert und, dass die explizite Inklusion dieser Personengruppen in Spezialdiskurse notwendig für eine allgemein zugängliche Gesundheitsversorgung ist.

Bio

Alex Stern, M.A. Erziehungswissenschaften (fw.), ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld im Fachbereich Epidemiologie & International Public Health. Er beschäftigt sich mit der Versorgung gesundheitlich vulnerabler Personengruppen.

Die Veranstaltung ist Teil der interdisziplinären Ringvorlesung 'Theaters of Failure – Szenarien des Scheiterns' der AG Gender & Queer Studien an der Universität Rostock und beschäftigt sich mit Queer-Epistemologischen Perspektiven auf das Scheitern von emanzipatorischen Bestrebungen.

Mehr Infos:
https://www.uni-rostock.de/fileadmin/uni-rostock/UniHome/Vielfalt/Gender_Queer_AG/flyer_sose_19.pdf

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Stefan Nadolny

Deputy Regional Office Director, Mecklenburg-Western Pomerania, Rosa-Luxemburg-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern

Phone: +49 381 4900450