25 November 2021 Discussion/Lecture ABGESAGT - Seismographen des Wandels

Migration, Flucht, Erinnerungen

Information

Event location

Rosa-Luxemburg-Stiftung
Großer Saal
Straße der Pariser Kommune 8A
10243 Berlin

Date

25.11.2021, 19:00 - 21:00 Hr

Themes

Politics of Memory / Antifascism, German / European History, Migration / Flight, Europe left, Europe for the many

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ABGESAGT - Seismographen des Wandels
Eine niederländische Lehrerin führt eine Gruppe von geflüchteten Kindern an, die gerade aus einem Schiff in den Tilbury Docks in Essex ausgestiegen sind (1945).
Vielen Dank für Ihr Interesse an der Veranstaltung. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat sich entschieden, aufgrund drastisch steigender Inzidenzen bis zum Jahresende keine Präsenzveranstaltungen durchzuführen. Damit wollen wir einen Beitrag zur Kontaktminimierung leisten und mögliche Infektionsketten brechen. Wir hoffen auf Ihr Verständnis. Wir werden uns bemühen, die Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.

Seismographen des Wandels

Geschichten von Fliehenden ähneln den Botenberichten des klassischen Dramas: In ihnen verdichten sich planetarische Konflikte, gestern wie heute. Bereits Bertolt Brecht, der vom sowjetischen Wladiwostok im Juni 1941 den Pazifik überquert hatte und im kalifornischen Santa Monica angekommen war, sah «auf dem letzten Boot» eine neue «Landschaft des Exils», so der Titel seines Ankunftsgedichts, in dem er sich und seinesgleichen als «Boten des Unglücks» bezeichnete. Als solche sind Flüchtlinge nicht nur Seismographen einer Epoche, die von jeher durch historische Ereignisse und Unglücke gekennzeichnet ist, sondern sie prägen zunehmend die Erinnerungskulturen in den großen Städten, die dem Turm von Babel ähneln. Oft flieht man dorthin, wohin andere zuvor ausgewandert sind.

Die bisherigen Veranstaltungen der Reihe «Seismographen des Wandels» sind auf unserer Website dokumentiert: Teil 1Teil 2 | Teil 3 | Teil 4 | Teil 5 | Teil 6.

Geschichten von Fliehenden ähneln den Botenberichten des klassischen Dramas: In ihnen verdichten sich planetarische Konflikte, gestern wie heute. Bereits Bertolt Brecht, der vom sowjetischen Wladiwostok im Juni 1941 den Pazifik überquert hatte und im kalifornischen Santa Monica angekommen war, sah «auf dem letzten Boot» eine neue «Landschaft des Exils», so der Titel seines Ankunftsgedichts, in dem er sich und seinesgleichen als «Boten des Unglücks» bezeichnete. Als solche sind Flüchtlinge nicht nur Seismographen einer Epoche, die von jeher durch historische Ereignisse und Unglücke gekennzeichnet ist, sondern sie prägen zunehmend die Erinnerungskulturen in den großen Städten, die dem Turm von Babel ähneln.
Oft flieht man dorthin, wohin andere zuvor ausgewandert sind.

In Berlin eröffnete das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung und ein Exilmuseum entsteht. Diese neuen Erinnerungskulturen, die sich auch in Büchern oder Filmen zeigen, in Auseinandersetzungen im Alltag und in der Wissenschaft, wollen wir in Wort, Bild und Ton erkunden, darstellen und diskutieren.

Nach den beiden ersten Teilen (mit Jeanine Meerapfel & Marion Detjen sowie mit Hans-Eckard Wenzel & Laura Laabs) geht es weiter am Donnerstag, den 25.11., um 19.00 Uhr:

Die Veranstaltung schlägt einen Bogen von den Flüchtlingen während der Nazidiktatur in die Türkei zu denjenigen aus der Türkei in unseren Tagen. Während der Politiker Ernst Reuter oder der Architekt Clemens Holzmeister wie Hunderte andere Experten und Künstler bei der Modernisierung vieler Bereiche der Gesellschaft halfen, waren die allgemeinen Einwanderungs- und Transitquoten in der Türkei so niedrig, dass die Auflösung des Rückstaus von Fliehenden aus Europa 200 Jahre gedauert hätte. Durch das Anwerbungsabkommen der Bundesrepublik mit der Türkei vor 60 Jahren entwickelte sich Westberlin zur «drittgrößten türkischen Stadt», wie es oft ironisch hieß. Die Weichen zum Einwanderungsland Deutschland aber waren damit gestellt. Heute kommen hochgebildete Türken ins deutsche Exil, während – nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe – die Türkei weltweit das Land ist, in dem die meisten Vertriebenen und Geflohenen leben, insbesondere aus Syrien und Afghanistan. Dafür bezahlt die EU den türkischen Staat, der zugleich Oppositionelle einsperrt oder zur Flucht zwingt.

  • Emine Sevgi Özdamar, Theatermacherin und Schriftstellerin. Für ihren Roman «Ein von Schatten begrenzter Raum» (Suhrkamp) erhielt sie kürzlich den Bayerischen Buchpreis. Ein großes Erzählwerk über die türkische Migration und Flucht, das ein Hohelied auf die Kunst ist. Darin heißt es: «Wenn man von seinem eigenen Land einmal weggegangen ist, dann kommt man in keinem neuen Land mehr an.»
  • Deniz Utlu, geboren in Hannover, gehört zum Deutschland der vielen Herkünfte. Der deutschsprachige Schriftsteller und diesjährige Döblin-Preisträger erzählt von Migration und Zugehörigkeit und liest aus seinem Roman «Gegen Morgen» (Suhrkamp).
  • Achim Engelberg, Publizist, führt durch den Abend und liest eine Passage aus seinem aktuellen Buch «An den Rändern Europas» (DVA/Penguin Random House) über seinen Vater Ernst Engelberg, der während der Nazidiktatur in die Türkei floh.

Location

Contact

Dr. Uwe Sonnenberg

Unit Head, History, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Phone: +49 30 44310 425