30 March 2023 Discussion/Lecture Übergewinnsteuer: Umverteilung in der Krise

Reihe: Zeit für Veränderung: Besteuerung im Krisenzeitalter (3/3)

Information

Event location

W3 - Werkstatt für internationale Kultur und Politik e. V.
Nernstweg 32-34
22765 Hamburg

Date

30.03.2023, 19:00 - 21:00 Hr

Themes

Socio-ecological Transformation, Analysis of Capitalism, Globalization, Economic / Social Policy, Social Theory, Labour / Unions

Downloads

Übergewinnsteuer: Umverteilung in der Krise
Collage der RLS Hamburg

Die fünf größten westlichen Mineralölkonzerne sollen nach Schätzungen im ersten Quartal 2022 rund 30 Mrd. Euro Gewinne erwirtschaftet haben. Gleichzeitig schlagen sich die steigenden Energiekosten auf die Inflation und belasten die Verbraucher:innen. Europa hat weltweit im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Größe die höchste Dichte an Niedrigsteuerländer. Dem gegenüber steht ein internationales Steuersystem, dass sich durch wenig Kooperation und Transparenz auszeichnet. Dadurch gelingt es multinationalen Unternehmen, ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer und Steueroasen zu verschieben. Steuerzahlungen bleiben in den Ländern aus, in denen eigentlich die Gewinne erwirtschaftet werden. Der Druck auf kleinere, national agierende Unternehmen nimmt zu, da diese nicht an Steuervermeidung teilnehmen können und so an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Gleichzeitig lässt sich ein internationaler Steuerwettbewerb feststellen: Staaten konkurrieren und unterbieten sich mit niedrigeren Steuern, um für die multinationalen Konzerne attraktiv zu werden. Dieser Steuerwettbewerb ist in einer Zeit von permanenter Austerität höchst problematisch, da für die Staatsfinanzierung zunehmend das Geld fehlt. Mehr als 135 verschiedene Staaten diskutieren aktuell in der OECD darüber, wie ein faires Steuersystem aussehen könnte. Ziel dieser Überlegungen ist es, Gewinne in den Ländern stärker zu versteuern, in denen die Gewinne erwirtschaftet wurden. Außerdem ist eine globale sogenannte Mindeststeuer angedacht. Ziel der globalen Mindeststeuer ist die Stilllegung von Steueroasen und die Schaffung eines faires und transparentes Besteuerungsrecht. Unsere Veranstaltung mit Prof. Dr. Uwe Wagschal widmet sich dem Themenkomplex der Varianz von Steuersystemen und ihrer Vereinbarkeit und Transparenz durch die globale Mindeststeuer der OECD. Welche Tendenzen und Trends können wir im internationalen Steuerwettbewerb feststellen? Lassen sich historisch divers entwickelte nationale Steuersysteme mit der globalen Mindeststeuer vereinen? Welchen Gegenwind erhält die globale Mindeststeuer? Kann die globale Mindeststeuer den internationalen Steuerwettbewerb überhaupt beruhigen?

 

Im Kontext der Corona Pandemie wurde das Thema Übergewinnsteuer wieder in den politischen Diskurs gespült. Mit der russischen Invasion in die Ukraine verschärft sich die Debatte weiter.   Forderungen nach der Besteuerung von Profiteuren der Krise werden lauter.

Historisch wurde die Übergewinnsteuer 1915 in Großbritannien mit der Excess Profits Tax von 50 % auf die Gewinne erhoben. Im Zweiten Weltkrieg erhoben Großbritannien, die USA und Frankreich ebenfalls eine Steuer, die Gewinne von den Unternehmen abschöpfte, die über den "Normalgewinn" hinausging.

 

Im März 2022 verabschiedete die EU-Kommission eine Leitlinie zur Besteuerung übermäßiger Gewinne und schaffte damit Rechtssicherheit. Einige europäische Länder führten daraufhin eine Übergewinnsteuer für Unternehmen in der Energiebranche ein. Auch Deutschland implementierte im Dezember 2022 einen EU-Energiekrisenbeitrag für die Jahre 2022 und 2023. Extragewinne auf Erdöl, Gas oder Kohle, die 20 % über dem Durchschnitt des Vorjahres liegen, werden zusätzlich versteuert. Das Finanzministerium rechnet mit bis zu drei Milliarden zusätzlichen fiskalischen Einnahmen.

Der US-Energiekonzern Exxon Mobil hat nach eigenen Angaben beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die geplante EU-Übergewinnsteuer eingereicht. 

 

Das Thema Übergewinnsteuer wirft viele Fragen auf, auf die in unserer Veranstaltung eingegangen werden soll: Wie gestalten andere europäische Länder die Übergewinnsteuer? Wie reagiert die Wirtschaft auf die Steuer? Welche Alternativen zu einer Übergewinnsteuer gibt es?

 


Darüber diskutieren:

 

  • Raoul Didier arbeitet als Referatsleiter für Steuerpolitik des DGB-Bundesvorstand. Didier ist Vertreter des DGB in der Steuerungsgruppe der Kampagne „Steuer gegen Armut“, in der sich rund 100 Organisationen zusammengefunden haben, um die Implementierung der Finanztransaktionsteuer voranzutreiben.
  • Sarah Godar, Ph.D. arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der EU Tax Observatory, welche politische Entscheidungsträger Europas wissenschaftlich zur Steuerpolitik berät. Godar wurde über Steuervermeidung multinationaler Unternehmen an der Karls-Universität Prag promoviert. Ihre Forschungsinteressen umfassen Steuerpolitik, Steuervermeidung und Einkommensverteilung.
  • Dr. Monika Wünnemann ist Leiterin der Abteilung Steuern und Finanzpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI). Wünnemann studierte Rechtswissenschaften und promovierte an der Uni Potsdam. Zudem ist Wünnemann Mitglied im Vorstand der International Fiscal Association (IFA).
  • Christoph Trautvetter ist Politikwissenschaftler, Public-Policy-Experte und Referent des Netzwerks für Steuergerechtigkeit. Als forensischer Sonderprüfer für die KPMG AG, im Haushaltausschuss des Europaparlaments und als Fellow bei Teach First Deutschland gearbeitet. Im Netzwerk für Steuergerechtigkeit beschäftigt Trautvetter sich insbesondere mit den Themenbereichen Geldwäsche und Unternehmenssteuern.

 

In Kooperation mit dem Netzwerk Steuergerechtigkeit.

Gefördert durch die Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg.

 

--------------------------------------------------------------------------------


▸ Keine Anmeldung erforderlich

▸ Seid bitte solidarisch miteinander: Nehmt nicht teil, wenn ihr Erkältungssymptome habt. Tragt nach Möglichkeit eine FFP2-Maske und schützt damit euch und die anderen Teilnehmenden.

Collage der RLS Hamburg

Location

Contact

Rosa-Luxemburg-Stiftung Hamburg

Phone: 040 28003705