News | Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Soziale Bewegungen / Organisierung - Staat / Demokratie - Afrika - Nordafrika - Asien - Westasien - Westasien im Fokus Der Krieg in Syrien und die Krise der linken Traditionen

Eine der Tragödien der syrischen Revolution war ihr moderner, dynamischer Charakter, meint der syrische Autor Sami Alkayial.

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Sami Alkayial,

SyrerInnen organisierten 2011 jeden Freitag Demonstrationen für demokratische Reformen über Soziale Netzwerke (By Michael Thompson from One Love, Earth [<a href="http://creativecommons.org/licenses/by/2.0">CC BY 2.0</a>], <a href="https://commons.wikime
SyrerInnen organisierten 2011 jeden Freitag Demonstrationen für demokratische Reformen über Soziale Netzwerke (By Michael Thompson from One Love, Earth [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons)

Die Beschäftigung mit der Linken ist eine große Herausforderung. So stellt sich als erstes die Frage, wie wir die Linke heute definieren? Was sind die Maßstäbe, nach denen wir sie definieren? Und auf welcher Grundlage ist es uns möglich, eine Position oder eine bestimmte Praxis als „links“ zu bezeichnen?

Diese Fragen gehören zu den wichtigsten politischen Deutungsfragen, wenn wir uns die Krise und den Krieg in Syrien anschauen und sie analysieren. Die verschiedenen, sich teils widersprechenden Positionen der Linken gegenüber den Ereignissen in Syrien lassen sogar die Frage aufkommen, wer die Linke überhaupt ist. Eine Analyse dieser Frage sagt mehr über die Linke aus, als es über Syrien oder die syrischen Revolutionen und Kriege aussagt.

Die Linke ohne Klasse

Bis Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die Frage, wer die Linke ist, klarer zu beantworten: Zusammengesetzt aus vielen Strömungen war die Linke eine politische Richtung, die es beanspruchte, die Interessen, Ziele und die Revolution der Arbeiterklasse zu vertreten. Die Linke solidarisierte sich zudem mit Gruppen, die in der Gesellschaft marginalisiert und verfolgt waren, wie Frauen, People of Color sowie Homosexuelle. Sie ging hierbei davon aus, dass die Forderungen dieser Gruppen eine Ausweitung der Forderungen der Arbeiterklasse sind. Forderungen, die sich von der Befreiung aus den Zwängen des Kapitalismus erstrecken bis hin zu der kompletten Befreiung der Gesellschaft von jeglicher Art der Ausbeutung, der hierarchischen Differenzierung, des Rassismus sowie der Ausgrenzung aufgrund von Gender oder sexueller Orientierung. In den Ländern des globalen Südens dagegen war die Linke oft ein zentraler Teil der nationalen Befreiungsbewegungen im Kampf gegen Imperialismus und Unterwerfung. In manchen Zeiten stand die Linke sogar führend an der Spitze dieser Befreiungsbewegungen. Auch hier hat die Linke ihren Fokus auf die Klassenfrage gelegt, d.h. sie trat für die Interessen der Arbeiter*innen und/oder Bauern/Bäuerinnen ein, weil diese oft die aktivste Klasse in den jeweiligen Ländern darstellten und dementsprechend das größte Interesse an der Vollendung der nationalen Befreiung hatten.