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Das Präsidialsystem in der Türkei und Konflikte in Deutschland - Speakerstour mit Hatip Dicle

Das Referendum am 16. April 2017 in der Türkei über die Einführung des Präsidialsystems wird einen Wendepunkt der türkischen Geschichte darstellen. Es geht dabei um nicht weniger als die Etablierung einer Autokratie. Im türkischen Präsidialsystem ist weder eine Gewaltenteilung noch ein System von konkurrierenden Machtblöcken und Institutionen vorgesehen, mit der eine Alleinherrschaft verhindert werden kann. Der Staatspräsident könnte ohne Einflussnahme von anderen Akteuren Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Damit ist die legislative Kompetenz des Parlaments ausgehebelt. Der Staatspräsident kann das Parlament zu jedem Zeitpunkt auflösen und ebenso freihändig den Ausnahmezustand ausrufen.

Die Auseinandersetzungen um die Einführung des Präsidialsystems sind jedoch nicht von den Ereignissen hier in Deutschland zu entkoppeln. Bei den letzten Wahlen im November 2015 hat die AKP in Deutschland 59,7 Prozent der Stimmen gewinnen können. Für die Verfassungsänderung und die Einführung des Präsidialsystems ist eine einfache Mehrheit von über 50 Prozent nötig. Umfragen zeigen, dass etwa 52 Prozent der Wähler zurzeit vorhaben, mit „Nein“ und somit gegen die Einführung des Präsidialsystems zu stimmen. Insofern könnten die Stimmen der Wahlberechtigten in Deutschland eine Schlüsselrolle spielen.

Der langjährige kurdische Oppositionspolitiker Hatip Dicle und weitere ExpertInnen werden auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Wahlkampfphase und die Zeit unmittelbar nach dem Referendum dazu nutzen, einen tieferen Blick auf die politischen Entwicklungen in der Türkei jenseits der Schlagzeilen zu bieten.