Publication Demokratischer Sozialismus - Soziale Bewegungen / Organisierung Die PDS im Westen 1990-2005. Schlussfolgerungen für eine neue Linke

Texte 25 der RLS von Meinhard Meuche-Mäker (Hamburg)

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Meinhard Meuche-Mäker,

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December 2005

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Von Anfang an wurde der PDS in den westdeutschen Bundesländern keine Entwicklungschance eingeräumt. Wissenschaftliche und publizistische Beobachter und Akteure ganz unterschiedlicher politischer Couleur, konstatierten immer wieder das Scheitern der PDS im Westen. Auch als die Einschätzung, die ostdeutsche PDS sei lediglich ein Übergangsphänomen, ad acta gelegt wurde, änderte sich daran nichts Wesentliches. Diese Bewertungen in Rechnung gestellt, hat sich die PDS in den westdeutschen Bundesländern relativ lange als politisch handlungsfähige Organisation behauptet, wenn auch auf niedrigem Niveau, und - zumindest spärliche - Erfolge vorzuweisen.

Auch diese Studie kommt zum Ergebnis, daß die PDS ihre grundlegenden Ziele in den westdeutschen Bundesländern nicht erreicht hat. Es ist ihr nicht gelungen, die Partei in den westdeutschen Bundesländern in dem notwendigen Umfang aufzubauen, daß sie aus sich selbst heraus existenzfähig gewesen wäre. Sie ist in der Gesellschaft weitgehend nicht akzeptiert und hat keinen ausreichenden elektoralen Zuspruch erhalten.

Externe wie interne Ursachen dieses scheinbaren Scheiterns lassen sich bis in die Gründerzeit der PDS zurückverfolgen. Auch wenn die Misere in der Vergangenheit unübersehbar gewesen ist, haben erst die politischen Veränderungen in jüngster Zeit die Existenzbedingungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern grundlegend verändert. Zwei Faktoren sind dafür offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung.

Einerseits ist das Entstehen einer konkurrierenden Partei, der »Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« zu sehen. Die WASG machte der PDS in Westdeutschland den Platz als Protestpartei gegen die unsoziale Politik der neoliberalen Parteien erfolgreich streitig. Das Problem für die PDS wurde im Ergebnis der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2005 evident.

Andererseits sind die veränderten strategischen Überlegungen führender PDS-Politiker zu sehen. Seit 1990 war die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Entwicklung der PDS in den westlichen Bundesländern eine alternativlose Prämisse  der PDS-Entwicklung. Mitte 2004 konstatierte Gysi: „Das Hauptproblem ist unsere mangelnde Akzeptanz im Westen. ... Wenn die Menschen im Westen unzufrieden mit der SPD sind, dann kommen die allerwenigsten auf die PDS. Diese Tatsache kann die PDS nicht ewig verdrängen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß wir nicht in der Lage sind, dieses Defizit im Westen auszufüllen.“  Und im Mai 2005: „Sie ist immer noch nicht im Westen angekommen. Wir bräuchten dort vier, fünf Prozent, um gegen den Neoliberalismus wirklich etwas erreichen zu können. Ich mache mir keine Illusionen mehr: Absehbar werden wir im Westen keine ausreichende Bedeutung haben.“

Und der frühere Bundeswahlkampfleiter André Brie warf die Frage auf, „ob die wahlstrategische Verantwortung der PDS tatsächlich primär im Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde besteht, oder nicht ein neues und viel ambitionierteres politisch-strategisches Ziel gestellt werden muß?“  Es handele sich um die Wiederherstellung der Interessenvertretung und parlamentarischen Repräsentation des Teils der Bevölkerung, der sozial benachteiligt und Verlierer von Modernisierung und Globalisierung sei. Da Ablehnung und Kritik des neoliberalen Gesellschaftsumbaus aber weit über das linke Potential hinausginge und die PDS für diese Aufgabe in ihrer jetzigen Form nicht geeignet sei, so müsse in qualitativ neuer Weise über ihre politische, organisatorische und kulturelle Öffnung  nachgedacht werden.

Nun besteht die Schwierigkeit darin, daß seit dem 22. Mai 2005 eine rasante Veränderung im politisch-parlamentarischen Raum stattgefunden hat: die Bundesrepublik hat einen neu zusammengesetzten Bundestag, die Große Koalition bildet jetzt auch formal die neue Regierung und eine vierundfünfzigköpfige Bundestagsfraktion, die sich »Die Linke« nennt, und deren CO-Vorsitz der ehemalige Parteivorsitzende der PDS, Gregor Gysi, und der ehemalige Parteivorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine, übernommen haben.  Damit sind ein Teil der ursprünglichen Fragen, denen in dieser Studie nachgegangen werden sollte, hinfällig - andere dafür hinzugekommen.

Wenn es zu einem Neuformierungsprozeß der demokratischen Linken kommen wird, und dies wird hier unterstellt, macht es doppelt Sinn, sich mit der PDS in den westdeutschen Bundesländern auseinanderzusetzen. Wenn die eingangs zitierten Überlegungen zutreffend sind, daß die PDS im Westen nicht akzeptiert sei und dort absehbar keine Bedeutung haben werde, dann interessiert die Frage nach den Ursachen. Weshalb ist die PDS im Westen nicht erfolgreich gewesen? Wer die Ursachen, also gewissermaßen die großen Schwächen und die kleinen Stärken der PDS in den westdeutschen Bundesländern näher kennt, könnte Schlußfolgerungen ziehen, die im Neuformierungsprozeß von Nutzen sind. Die kulturelle Fremdheit der PDS im Westen korrespondiert mit dem Beharrungsvermögen großer Teile der westdeutschen Linken. Wer zukünftig zusammenarbeiten, gar ein gemeinsames, solidarisches und tragfähiges Projekt entwickeln will, sollte daran interessiert sein, gegenseitige Fremdheit und Unkenntnis abzubauen.

Um die Entwicklung der PDS in den westdeutschen Bundesländern verständlich zu machen ist es zunächst erforderlich, Grundzüge ihrer Entwicklungsgeschichte nachzuzeichnen (Kapitel 2). Hier sind zuerst die Bedingungen des Eintretens in die westdeutsche Gesellschaft 1990 zu benennen. Daran schließen sich die Gründerzeit der PDS und die nachfolgenden Etappen ihrer Entwicklung bis in die Gegenwart an.

Im Kapitel 3 schließen sich Aspekte der Binnenstruktur der westdeutschen Landesverbände, ausgewählte politische Schwerpunkte und Problemstellungen sowie ihre Funktion im Rahmen der Parteienkonkurrenz an. Untersucht werden Probleme und Potentiale der Akteursentwicklung und der Strukturen der PDS. Ein besonderer Blick wird auf die kommunalpolitische Arbeit der PDS gerichtet.

Wesentliches Moment zur Herausbildung einer politischen Identität waren bzw. sind bei der PDS die Teilnahme an Wahlen. Insofern werden Fragen nach den Potentialen linker Politik und ausgewählten Erfahrungen mit Wahlbeteiligungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern untersucht (Kapitel 4).

Für das scheinbare Scheitern der PDS im Westen gibt es unterschiedliche, sowohl externe wie auch interne Ursachen, die sich teilweise gegenseitig bedingen und verstärken. Einige der wesentlichen Ursachen werden näher betrachtet (Kapitel 5), insbesondere wenn  sie auch für eine Neuformierung der Linken relevant sein könnten.

Abschließend werden mögliche Perspektiven und Chancen einer erweiterten politischen linken Formation untersucht (Kapitel 6). Dabei geht es um die Frage, welche Erfahrungen, defizitärer wie positiver Art, von der PDS im Westen eingebracht werden? Was sollte von den Akteuren für die organisationspolitische Entwicklung beachtet und für ein erweitertes demokratisch-sozialistisches Parteiprojekt genutzt werden? Was sind die offenen Fragen, um deren Klärung sich die demokratische Linke bemühen sollte?

Die Studie basiert im Wesentlichen auf zwei Elementen: Zum einen der Auswertung wissenschaftlicher Literatur  zur PDS. Dabei ist auffällig, daß es kaum Untersuchungen gibt, die die PDS im Westen zum Gegenstand haben. Es ist offensichtlich der Schwäche der PDS im Westen geschuldet, daß in der Literatur der Fokus auf der Entwicklung der Bundespartei, den ostdeutschen Ländern bzw. spezifischen politikwissenschaftlichen Fragestellungen liegt. Die PDS in den westdeutschen Bundesländern wird meistens nur als Teil der Bundes-PDS gesehen und dabei meistens als Problemfall der PDS-Entwicklung  bewertet. Die vorliegenden, kürzeren Analysen zur PDS im Westen sind bedauerlicherweise oftmals mit einer gewissen Schlagseite  behaftet, die ihre Aussagekraft begrenzen.

Die zweite Basis der Studie sind ausgewertete Fragebögen bzw. Interviews mit amtierenden und früheren Landesvorsitzenden bzw. -sprechern aus westdeutschen Landesverbänden . Die Einbeziehung ausgewählter Teile des Funktionärskörpers der westdeutschen PDS Landesverbände erlaubt, neben der Sichtung von Dokumenten und anderen Quellen aus der PDS, die Einbeziehung einer praxisorientierten Binnensicht. An dieser Stelle sei allen Interview- und Gesprächspartnern für ihre Offenheit und Kooperationsbereitschaft gedankt, die eine wichtige Voraussetzung zur Durchführung dieser Studie waren.

Meine Hoffnung ist, daß diese Studie dazu beiträgt, die verbreitete Unkenntnis über die Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern zu reduzieren. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, bestehende Fremdheit der an der Neuformierung der demokratischen Linken Beteiligten zu reduzieren. Sie ermöglichte den Akteuren, die hier aus den Erfahrungen der PDS im Westen abgeleiteten Fragestellungen und strategischen Schlußfolgerungen für die Qualifizierung der eigenen Arbeit zu nutzen.

 

Inhalt:

 


1.    Einleitung   
   
2.    Aspekte der Entwicklungsgeschichte der PDS im Westen 1990 - 2004   
2.1. Ausgangsbedingungen und Gründerzeit (1990-1991)    
2.2. Schleichende Entwicklung, Konsolidierung und neue Hoffnungen (1992 - 1998)   
2.3. Vom Höhepunkt des Erfolges zum Überlebenskampf (1998 bis 2004)   
   
3.    Die PDS in den westlichen Bundesländern   
3.1. Binnenstrukturen und Akteure der PDS   
3.2. Themen und Schwerpunkte der PDS   
3.3. Skizzen zu den Funktionen der PDS im Westen   
   
4.    Die Bedeutung von Wahlen in der Entwicklung der PDS   
4.1. Wählerpotentiale   
4.2. Bundestags- und Europawahlen   
4.3. Kommunal- und Landtagswahlen  
4.4. Herausbildung der PDS-Identität und Wahlen    
   
5.    Ursachen des scheinbaren Scheiterns   
5.1. Gesellschaftliche Umbrüche - Krise der Linken   
5.2. Kulturelle Fremdheit im großen Deutschland   
5.3. Stigmatisierung, Diffamierung, Antikommunismus    
5.4. Unattraktive PDS für abstinente Westlinke?   
5.5. Unklare Strategische Optionen der PDS  
5.6. PDS Mitglieder in der Diaspora   
   
6.    Perspektiven - Chancen – Szenarien  
6.1. Die Ausgangslage - was kann die PDS West einbringen?   
6.2. Probleme auf dem Weg zur notwendigen Transformation   
6.3. PDS-Erfahrungen I:   19 Vorschläge zur Entwicklung politikfähiger Strukturen   
6.4. PDS-Erfahrungen II  Ausgewählte Problemlagen und offene Fragen   
6.5. Alternative Szenarien   
   
7.    Fazit  
   
8.    Literatur   
   
9.    Personenverzeichnis    Von Anfang an wurde der PDS in den westdeutschen Bundesländern keine Entwicklungschance eingeräumt. Wissenschaftliche und publizistische Beobachter und Akteure ganz unterschiedlicher politischer Couleur, konstatierten immer wieder das Scheitern der PDS im Westen. Auch als die Einschätzung, die ostdeutsche PDS sei lediglich ein Übergangsphänomen, ad acta gelegt wurde, änderte sich daran nichts Wesentliches. Diese Bewertungen in Rechnung gestellt, hat sich die PDS in den westdeutschen Bundesländern relativ lange als politisch handlungsfähige Organisation behauptet, wenn auch auf niedrigem Niveau, und - zumindest spärliche - Erfolge vorzuweisen.

Auch diese Studie kommt zum Ergebnis, daß die PDS ihre grundlegenden Ziele in den westdeutschen Bundesländern nicht erreicht hat. Es ist ihr nicht gelungen, die Partei in den westdeutschen Bundesländern in dem notwendigen Umfang aufzubauen, daß sie aus sich selbst heraus existenzfähig gewesen wäre. Sie ist in der Gesellschaft weitgehend nicht akzeptiert und hat keinen ausreichenden elektoralen Zuspruch erhalten.

Externe wie interne Ursachen dieses scheinbaren Scheiterns lassen sich bis in die Gründerzeit der PDS zurückverfolgen. Auch wenn die Misere in der Vergangenheit unübersehbar gewesen ist, haben erst die politischen Veränderungen in jüngster Zeit die Existenzbedingungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern grundlegend verändert. Zwei Faktoren sind dafür offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung.

Einerseits ist das Entstehen einer konkurrierenden Partei, der »Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« zu sehen. Die WASG machte der PDS in Westdeutschland den Platz als Protestpartei gegen die unsoziale Politik der neoliberalen Parteien erfolgreich streitig. Das Problem für die PDS wurde im Ergebnis der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2005 evident.

Andererseits sind die veränderten strategischen Überlegungen führender PDS-Politiker zu sehen. Seit 1990 war die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Entwicklung der PDS in den westlichen Bundesländern eine alternativlose Prämisse  der PDS-Entwicklung. Mitte 2004 konstatierte Gysi: „Das Hauptproblem ist unsere mangelnde Akzeptanz im Westen. ... Wenn die Menschen im Westen unzufrieden mit der SPD sind, dann kommen die allerwenigsten auf die PDS. Diese Tatsache kann die PDS nicht ewig verdrängen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß wir nicht in der Lage sind, dieses Defizit im Westen auszufüllen.“  Und im Mai 2005: „Sie ist immer noch nicht im Westen angekommen. Wir bräuchten dort vier, fünf Prozent, um gegen den Neoliberalismus wirklich etwas erreichen zu können. Ich mache mir keine Illusionen mehr: Absehbar werden wir im Westen keine ausreichende Bedeutung haben.“

Und der frühere Bundeswahlkampfleiter André Brie warf die Frage auf, „ob die wahlstrategische Verantwortung der PDS tatsächlich primär im Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde besteht, oder nicht ein neues und viel ambitionierteres politisch-strategisches Ziel gestellt werden muß?“  Es handele sich um die Wiederherstellung der Interessenvertretung und parlamentarischen Repräsentation des Teils der Bevölkerung, der sozial benachteiligt und Verlierer von Modernisierung und Globalisierung sei. Da Ablehnung und Kritik des neoliberalen Gesellschaftsumbaus aber weit über das linke Potential hinausginge und die PDS für diese Aufgabe in ihrer jetzigen Form nicht geeignet sei, so müsse in qualitativ neuer Weise über ihre politische, organisatorische und kulturelle Öffnung  nachgedacht werden.

Nun besteht die Schwierigkeit darin, daß seit dem 22. Mai 2005 eine rasante Veränderung im politisch-parlamentarischen Raum stattgefunden hat: die Bundesrepublik hat einen neu zusammengesetzten Bundestag, die Große Koalition bildet jetzt auch formal die neue Regierung und eine vierundfünfzigköpfige Bundestagsfraktion, die sich »Die Linke« nennt, und deren CO-Vorsitz der ehemalige Parteivorsitzende der PDS, Gregor Gysi, und der ehemalige Parteivorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine, übernommen haben.  Damit sind ein Teil der ursprünglichen Fragen, denen in dieser Studie nachgegangen werden sollte, hinfällig - andere dafür hinzugekommen.

Wenn es zu einem Neuformierungsprozeß der demokratischen Linken kommen wird, und dies wird hier unterstellt, macht es doppelt Sinn, sich mit der PDS in den westdeutschen Bundesländern auseinanderzusetzen. Wenn die eingangs zitierten Überlegungen zutreffend sind, daß die PDS im Westen nicht akzeptiert sei und dort absehbar keine Bedeutung haben werde, dann interessiert die Frage nach den Ursachen. Weshalb ist die PDS im Westen nicht erfolgreich gewesen? Wer die Ursachen, also gewissermaßen die großen Schwächen und die kleinen Stärken der PDS in den westdeutschen Bundesländern näher kennt, könnte Schlußfolgerungen ziehen, die im Neuformierungsprozeß von Nutzen sind. Die kulturelle Fremdheit der PDS im Westen korrespondiert mit dem Beharrungsvermögen großer Teile der westdeutschen Linken. Wer zukünftig zusammenarbeiten, gar ein gemeinsames, solidarisches und tragfähiges Projekt entwickeln will, sollte daran interessiert sein, gegenseitige Fremdheit und Unkenntnis abzubauen.

Um die Entwicklung der PDS in den westdeutschen Bundesländern verständlich zu machen ist es zunächst erforderlich, Grundzüge ihrer Entwicklungsgeschichte nachzuzeichnen (Kapitel 2). Hier sind zuerst die Bedingungen des Eintretens in die westdeutsche Gesellschaft 1990 zu benennen. Daran schließen sich die Gründerzeit der PDS und die nachfolgenden Etappen ihrer Entwicklung bis in die Gegenwart an.

Im Kapitel 3 schließen sich Aspekte der Binnenstruktur der westdeutschen Landesverbände, ausgewählte politische Schwerpunkte und Problemstellungen sowie ihre Funktion im Rahmen der Parteienkonkurrenz an. Untersucht werden Probleme und Potentiale der Akteursentwicklung und der Strukturen der PDS. Ein besonderer Blick wird auf die kommunalpolitische Arbeit der PDS gerichtet.

Wesentliches Moment zur Herausbildung einer politischen Identität waren bzw. sind bei der PDS die Teilnahme an Wahlen. Insofern werden Fragen nach den Potentialen linker Politik und ausgewählten Erfahrungen mit Wahlbeteiligungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern untersucht (Kapitel 4).

Für das scheinbare Scheitern der PDS im Westen gibt es unterschiedliche, sowohl externe wie auch interne Ursachen, die sich teilweise gegenseitig bedingen und verstärken. Einige der wesentlichen Ursachen werden näher betrachtet (Kapitel 5), insbesondere wenn  sie auch für eine Neuformierung der Linken relevant sein könnten.

Abschließend werden mögliche Perspektiven und Chancen einer erweiterten politischen linken Formation untersucht (Kapitel 6). Dabei geht es um die Frage, welche Erfahrungen, defizitärer wie positiver Art, von der PDS im Westen eingebracht werden? Was sollte von den Akteuren für die organisationspolitische Entwicklung beachtet und für ein erweitertes demokratisch-sozialistisches Parteiprojekt genutzt werden? Was sind die offenen Fragen, um deren Klärung sich die demokratische Linke bemühen sollte?

Die Studie basiert im Wesentlichen auf zwei Elementen: Zum einen der Auswertung wissenschaftlicher Literatur  zur PDS. Dabei ist auffällig, daß es kaum Untersuchungen gibt, die die PDS im Westen zum Gegenstand haben. Es ist offensichtlich der Schwäche der PDS im Westen geschuldet, daß in der Literatur der Fokus auf der Entwicklung der Bundespartei, den ostdeutschen Ländern bzw. spezifischen politikwissenschaftlichen Fragestellungen liegt. Die PDS in den westdeutschen Bundesländern wird meistens nur als Teil der Bundes-PDS gesehen und dabei meistens als Problemfall der PDS-Entwicklung  bewertet. Die vorliegenden, kürzeren Analysen zur PDS im Westen sind bedauerlicherweise oftmals mit einer gewissen Schlagseite  behaftet, die ihre Aussagekraft begrenzen.

Die zweite Basis der Studie sind ausgewertete Fragebögen bzw. Interviews mit amtierenden und früheren Landesvorsitzenden bzw. -sprechern aus westdeutschen Landesverbänden . Die Einbeziehung ausgewählter Teile des Funktionärskörpers der westdeutschen PDS Landesverbände erlaubt, neben der Sichtung von Dokumenten und anderen Quellen aus der PDS, die Einbeziehung einer praxisorientierten Binnensicht. An dieser Stelle sei allen Interview- und Gesprächspartnern für ihre Offenheit und Kooperationsbereitschaft gedankt, die eine wichtige Voraussetzung zur Durchführung dieser Studie waren.

Meine Hoffnung ist, daß diese Studie dazu beiträgt, die verbreitete Unkenntnis über die Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen der PDS in den westdeutschen Bundesländern zu reduzieren. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, bestehende Fremdheit der an der Neuformierung der demokratischen Linken Beteiligten zu reduzieren. Sie ermöglichte den Akteuren, die hier aus den Erfahrungen der PDS im Westen abgeleiteten Fragestellungen und strategischen Schlußfolgerungen für die Qualifizierung der eigenen Arbeit zu nutzen.

 

Inhalt:

 


1.    Einleitung   
   
2.    Aspekte der Entwicklungsgeschichte der PDS im Westen 1990 - 2004   
2.1. Ausgangsbedingungen und Gründerzeit (1990-1991)    
2.2. Schleichende Entwicklung, Konsolidierung und neue Hoffnungen (1992 - 1998)   
2.3. Vom Höhepunkt des Erfolges zum Überlebenskampf (1998 bis 2004)   
   
3.    Die PDS in den westlichen Bundesländern   
3.1. Binnenstrukturen und Akteure der PDS   
3.2. Themen und Schwerpunkte der PDS   
3.3. Skizzen zu den Funktionen der PDS im Westen   
   
4.    Die Bedeutung von Wahlen in der Entwicklung der PDS   
4.1. Wählerpotentiale   
4.2. Bundestags- und Europawahlen   
4.3. Kommunal- und Landtagswahlen  
4.4. Herausbildung der PDS-Identität und Wahlen    
   
5.    Ursachen des scheinbaren Scheiterns   
5.1. Gesellschaftliche Umbrüche - Krise der Linken   
5.2. Kulturelle Fremdheit im großen Deutschland   
5.3. Stigmatisierung, Diffamierung, Antikommunismus    
5.4. Unattraktive PDS für abstinente Westlinke?   
5.5. Unklare Strategische Optionen der PDS  
5.6. PDS Mitglieder in der Diaspora   
   
6.    Perspektiven - Chancen – Szenarien  
6.1. Die Ausgangslage - was kann die PDS West einbringen?   
6.2. Probleme auf dem Weg zur notwendigen Transformation   
6.3. PDS-Erfahrungen I:   19 Vorschläge zur Entwicklung politikfähiger Strukturen   
6.4. PDS-Erfahrungen II  Ausgewählte Problemlagen und offene Fragen   
6.5. Alternative Szenarien   
   
7.    Fazit  
   
8.    Literatur   
   
9.    Personenverzeichnis