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Fotoreportage über den Alltag in ukrainischen Textilfabriken

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Eine typische Ukrainische Fabrik - von Yevgenia Belorusets
Eine typische Ukrainische Fabrik, CC BY 2.0, Foto: Yevgenia Belorusets

Die Nähfabriken in der Ukraine erwiesen sich unerwarteter Weise als versteckte geheime Orte. Obwohl man sie leicht finden kann - in Telefonbüchern, im Netz, in unterschiedlichen Unternehmensregistern. Sie bleiben unzugänglich. Unter offiziell angegebenen  Telefonnummern meldet sich niemand oder die Antwort lautet: «Rufen Sie nächste Woche oder im nächsten Monat nochmal an.»

Die Suche nach einer Textilfabrik, in der ich fotografieren konnte, dauerte lange.

Als ich in meiner Verzweiflung schon nahe am Aufgeben war, traf ich plötzlich, fast zufällig eine ehemalige Näherin, eigentlich eine Kleidungsdesignerin, die 15 Jahre in einer Fabrik in der Region Winnyzja im Westen des Landes gearbeitet hat. Sie half mir. Ich lernte den Direktor kennen und konnte einige Tage in der Fabrik Fotos machen.

Yevgenia Belorusets ist Autorin und Künstlerin, lebt und arbeitet in Berlin und Kiew.

Im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat sie im Sommer 2017 Arbeiterinnen in ukrainischen Textilbetrieben fotografiert. Die Aufnahmen entstanden in der Region Winnyzja.

Die hier porträtierten Frauen sind nicht identisch mit den Näherinnen, die für das Länderprofil Ukraine interviewt wurden.

Bei einem unserer Telefongespräche hat sie mich gefragt: «Willst du über unsere Tränen oder über unsere Freude erzählen? Ich habe viel geweint in den ersten Arbeitsjahren da, aber jetzt bin ich sogar stolz, dass ich so eine Schule aushalten konnte.»

Ihre etwas melodramatische Frage hat mich verwundert. Mir war längst klar, dass es schwer ist, nicht nur schablonenhaft mit meinen Fotos über die Arbeit der Näherinnen reden zu können. Ich musste begreifen, um urteilen zu können.

Die Fabrik, in der ich fotografierte, war einmal eine große Fabrik mit mehr als 2.000 Beschäftigten. Nach der Privatisierung, die sehr rasch in den 1990iger Jahren ablief, wurde sie von Jahr zu Jahr kleiner. Jetzt arbeiten hier nur noch 300 Menschen.