News | Afrika - Westafrika - Sozialökologischer Umbau Entwicklung durch natürliche Ressourcen

Ein Workshop in Conakry diskutiert die Verantwortung von nationalen und internationalen Akteuren.

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Armin Osmanovic,

 

In Guineas Hauptstadt Conakry trafen sich vom 4. bis 5. Dezember 2017 auf Einladung der Rosa Luxemburg Stiftung in Dakar und dem Gewerkschaftsbund CNTG  GewerkschafterInnen, UmweltaktivistInnen und PolitikerInnen aus Westafrika, um über die Rolle des Bergbaus bei der Entwicklung der Volkswirtschaften in der Region zu diskutieren. Das Treffen, das in dieser Form zum zweiten Mal nach Accra (Ghana) im Jahr 2013 stattfand, soll vor allem dem Informationsaustausch in der Region dienen. Die 40 TeilnehmerInnen kamen neben dem Gastgeberland Guinea aus Burkina Faso, Ghana, Mali, Niger, Nigeria und Senegal.

Der Workshop wurde unter Anwesenheit von Ministern der Regierung Guineas und des Senegals vom Bergbauminister Guineas, Abdulaye Magasouba, dem Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes CNTG, Ahmadou Diallo, und dem Regionalen Repräsentanten der RLS, Armin Osmanovic, eröffnetet. Einerseits ging es vor allem um legale und illegale Steuervermeidung und Offshore-Konten von Multinationalen Unternehmen und Privatpersonen u.a. aus Afrika, angestoßen durch die Panama- und Paradise-Papers. Andererseits bestimmte die Frage, ob der Bergbau zur Entwicklung der Wirtschaften in Westafrika beitragen kann und wenn ja, wie?

Für einen Teil der TeilnehmerInnen kann und soll der Bergbau einen Beitrag zur Entwicklung leisten. Länder wie Guinea, Mali und Niger gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. In Guinea absolviert nicht einmal die Hälfte der Kinder die Grundschule. Vor allem die GewerkschaftsvertreterInnen aus der Region verwiesen auf den Umstand, dass in der Vergangenheit anderswo in der Welt die Nutzung der natürlichen Ressourcen wie Kohle und Eisenerz zur Industrialisierung der Länder positiv beigetragen hätten. Ein Gewerkschaftsvertreter fragte denn auch: „Wie sollen wir ohne Bergbau der Armut entfliehen“?

Die anwesenden UmweltaktivistInnen verwiesen in ihren Präsentationen auf die Gefahren der Nutzung der natürlichen Ressourcen in der Region, so etwa die Organisation Aghirin‘man, die über die Gefahren des Uranbergbaus im Niger informierte. Die UmweltaktivistInnen aus Niger, Mali und Nigeria betonten aber auch die ausbleibenden sozialen Fortschritte durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen. Vielmehr zerstörten der Bergbau und die Ölförderung in der Region die natürlichen Lebensgrundlagen vieler Menschen dauerhaft. Die  „Plünderung der Ressourcen“ entziehe der Mehrheit der Menschen in der Region ihre Lebensgrundlage: Der Bergbau entwende große Flächen, die land- oder viehwirtschaftlich genutzt werden und verseuche zudem große Flächen dauerhaft. Einige der UmweltaktivistInnen, wie der Vertreter der nigerianischen Organisation HOMEF, sprachen sich daher für einen generellen Stopp aller – neuen – Bergbauaktivitäten in der Region aus.

Die anwesenden PolitikerInnen und GewerkschafterInnen, aber auch einige VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen stellten sich gegen einen solchen Stopp. Sie setzten auf eine Transformation des Bergbaus und bezogen sich auf neue Gesetze und weitere Vorhaben, welche die Transparenz des Bergbaus erhöhen und seine Umweltfolgen begrenzen sollen. Ihre Hoffnung auf einen „sauberen Bergbau“, der Korruption und Umweltverseuchung hinter sich lässt, basiert auf nationalen und internationalen Vereinbarungen und Initiativen wie EITI, „publish what you pay“, die Africa Mining Vision und den Einsatz neuer Techniken, welche die Umweltfolgen des Bergbaus minimiert.

Für die GewerkschafterInnen standen die Forderung nach guter Arbeit in den Minen und die sozialen Leistungen des Bergbaus für die ArbeitnehmerInnen und deren Familien im Mittelpunkt ihrer Forderungen an die Politik. Deren VertreterInnen zeigten sich während des Workshops aufgeschlossen, die dominanten Formen des Bergbaus, die mit ihr verbundene Korruption, die systematische Vernachlässigung der natürlichen Umwelt und die Forderungen von durch den Bergbau betroffenen Gemeinschaften, zu überwinden.

Am Ende des Workshops tauschten sich die TeilnehmerInnen über konkrete Schritte aus, wie man mit den großen Herausforderungen durch den Bergbau (z.B. Umweltverschmutzungen) und den großen Versprechungen von Regierung und Multinationalen Bergbauunternehmen auf wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt durch den Bergbau umgehen soll. Ein Vorschlag zielte darauf, mehr Informationen über die vom Bergbau ausgehenden Umweltgefahren für die betroffenen Gemeinschaften offen zu legen, um diese in die Lage zu versetzen, ihre Interessen in Zukunft besser zu schützen. Ein anderer Vorschlag, dem sich viele TeilnehmerInnen anschlossen, war die Etablierung eines regionalen Netzwerkes aus GewerkschafterInnen, AktivistInnen und MedienvertreterInnen, um den Verantwortlichen im Bergbau, Regierende und Unternehmen, mehr als bisher auf die Finger zu schauen.

Ein Teilnehmer griff die bereits 2013 in Accra formulierten Fragen nach Möglichkeiten auf, wie die Regierenden in Afrika verantwortlicher als bisher den Bergbau steuern könnten. Der Kontext für eine verantwortlichere Gouvernanz der natürlicheren Ressourcen hat sich in den vergangenen Jahren im Prinzip verbessert. Multinationale Unternehmen stehen mehr als bisher unter Beobachtung internationaler Organisationen, was ihre Aktivitäten in Afrika anbelangt. Leider aber bleiben die schmutzigen Praktiken vieler Unternehmen und ihre Tolerierung durch die Regierenden in Afrika unentdeckt, da die nationalen und internationalen Medien nur schwach sind, so dass eine Kontrolle oft ausbleibt. Das vielleicht größte Problem bleibt aber der Umstand, dass die Einnahmen vieler Regierungen in Afrika von den Zahlungen der Bergbauunternehmen abhängen. Die Zahl der SteuerzahlerInnen ist in vielen afrikanischen Staaten klein. Die politischen Forderungen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, selbst wenn sie organisiert vorgetragen werden, verhallen daher nicht selten ungehört. Gewalttätige Konflikte und die Militarisierung der Politik gehören in diesem Kontext zu den Folgen des Abbaus natürlicher Ressourcen unter den bestehenden Bedingungen in vielen Ländern (West)Afrikas. 

Weiterführende Literatur:

Tom Burgis: The Looting Machine. Warlords, Tycoons, Smugglers, and the Theft of Africa’s Wealth. London 2015.   (Rezension: https://www.ft.com/content/c116c0a0-c25a-11e4-ad89-00144feab7de)

Bram Posthumus: Guinea. Masks, Music and Minerals. London 2016.