Der 1886 geborene Bildhauer Robert Belling gehört zur Generation von Georg Kolbe oder des etwas älteren Ernst Barlach. Haben diese nach ihnen benannte Museen, die ihr Werk dokumentieren, ist Belling bisher relativ unbekannt geblieben. Dies hat mindestens zwei Gründe: Er lebt ab 1936 über 30 Jahre in der Türkei und im Zweiten Weltkrieg verliert er die Hälfte seiner Werke.
Die Berliner Nationalgalerie ehrte Belling 2017 mit einer großen Retrospektive im «Museum für Gegenwart - Hamburger Bahnhof» und ließ so dem Bildhauer die Bedeutung zukommen, die ihm zusteht. Der 1972 verstorbene Belling gilt heute als einer der ersten abstrakten und einer der wichtigsten Bildhauer der Klassischen Moderne in Deutschland. Wichtige Skulpturen sind: Dreiklang (1919), Skulptur 23 und Kopf in Messing. Belling gestaltet aber auch Brunnen, Denkmäler, Wandreliefs und sogar Tankstellen, und wird für die Erfindung der «Moden-Plastik», einer äußerst erfolgreichen Schaufensterpuppe, bekannt.
Das Buch arbeitet sein Leben chronologisch und ausführlich durch und enthält 382 Abbildungen in Farbe. Zu Beginn der Weimarer Republik ist Belling auch (kunst-) politisch engagiert. Er ist aktiv im Arbeitsrat für Kunst und Mitgründer der Novembergruppe, und dort dann über zehn Jahre Mitglied. In seinen jungen Jahren ist er begeisterter Tänzer, boxt und ringt gar selbst. 1924 hat er eine erste Ausstellung in der Nationalgalerie. Absurderweise ist er 1937 in der Ausstellung Entartete Kunstvertreten (mit Dreiklang und «Kopf in Messing») und mit dem Max Schmelingvon 1931 in der parallel ebenfalls in München gezeigten Großen Deutschen Kunstausstellung. Zu diesem Zeitpunkt lebt Belling aber bereits in der Türkei, wo er bis zu seinem 80. Lebensjahr bleiben wird. Er wird erst 1966 dauerhaft zurückkehren.
Belling ist ein Künstler, der vor allem durch seine Biografie, seine Persönlichkeit und die Pluralität seiner Stile und Ausdrucksformen und die Vielfalt seiner Kunstwerke überzeugt. Die HerausgeberInnen haben ein sehr lesenswertes Buch über ihn vorgelegt.
Dieter Scholz/Christina Thomson (Hrsg): Rudolf Belling. Skulpturen und Architekturen; Hirmer Verlag, München 2017, 336 Seiten, 45 EUR