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Zum milden Urteil gegen den im NSU-Prozess Angeklagten André Eminger

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André Eminger Foto: Robert Andreasch

Nichts an der Urteilsverkündung im NSU-Prozess am 11. Juli 2018 hat so sehr für Irritation, Unverständnis und Empörung gesorgt, wie die unerwartet milde Verurteilung und der Teilfreispruch des Angeklagten André Eminger. Nicht nur der Inhalt dieses Teils des Urteils, sondern auch die Art seiner Bekanntgabe machten viele Anwesende im Gerichtssaal fassungslos.

Die Bundesanwaltschaft hatte für ihn, ebenso wie für den Angeklagten Ralf Wohlleben, 12 Jahre Haft gefordert, weil sie in ihm nicht nur den engsten Vertrauten des untergetauchten NSU-Kerntrios in Sachsen sah, sondern vermutlich gar das «vierte Mitglied» dieser Terrorzelle. Eminger wurde daraufhin Mitte September 2017 im Gerichtssaal in Untersuchungshaft genommen. Vorher war er immer brav zu den bis dahin etwa 380 Prozesstagen erschienen.

Viertes Mitglied der Terrorzelle

Ihm wurde in der Anklage nicht nur Unterstützung der terroristischen Vereinigung NSU nach Paragraph 129a vorgeworfen, sondern auch Beihilfe zum versuchten Mord und zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion. Es geht dabei um den sogenannten Stollendosenanschlag in der Kölner Probsteigasse, wo am 19. Januar 2001 eine mit einem Sprengsatz präparierte Stollendose im Lebensmittelladen einer iranischstämmigen Familie detonierte und die damals 19-jährige Tochter lebensgefährlich verletzte. Eminger hat für diese tödliche Fahrt von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt das Transportfahrzeug angemietet - die Bundesanwaltschaft ist sich sicher, dass Eminger wusste, wozu das Fahrzeug gebraucht wurde.

Das Gericht sah das in auffälliger Weise anders: Es erklärte, es gebe keine Hinweise, dass Eminger gewusst habe, zu welchem verbrecherischen Zweck der von ihm angemietete Transporter verwendet werden sollte. Nach der Beweisaufnahme kann jedoch im Grunde ausgeschlossen werden, dass der glühende Fanatiker Eminger, der mit seinem Bruder das einschlägige «Skinzine» «White Aryan Law and Order» herausgab und die «Weiße Bruderschaft Erzgebirge» gründete, nicht wusste, wen er da und wofür unterstützte. Warum sollte ausgerechnet dieser treue Gefolgsmann nicht gewusst haben, was der als «Trottel» und unsicherer Kantonist geltende Unterstützer Holger Gerlach wusste?

Zudem stützte das Gericht seine entlastende Einschätzung gerade in diesem Punkt auf die «insoweit glaubwürdige» Aussage Beate Zschäpes, dass Eminger erst zu einem späteren Zeitpunkt «eingeweiht» wurde in das Treiben des «Trios». Einer Aussage, die Götzl erst kurz zuvor insgesamt als «unglaubhaft» eingestuft hatte. Insofern ist der Skandal des Quasi-Freispruchs Emingers nicht nur ein politischer, sondern auch ein juristischer.