News | Afrika - Sozialökologischer Umbau - Globalisierung New Kid on the Block!?

Eine Bilanz des “Thematic Social Forum on Mining and the Extractivist Economy” in Johannesburg.

Information

 

Das Weltsozialforum (WSF), viele Jahre einer der Haltepunkte linker internationaler Solidarität, und vielleicht der internationalistischen Selbstvergewisserung, hat sich überlebt. Soviel zumindest war nach dem WSF in Salvador, Brasilien, im März dieses Jahres klar. Ein möglicher Ausweg, so dachten viele der Bewegungen, für die das Forum bisher nützlich war, könnten Treffen mittlerer Größe und mit begrenztem inhaltlichem Fokus sein: sogenannte Thematische Sozialforen. Diese Idee reifte keineswegs über Nacht, schließlich lagen zwei Jahre zwischen den ersten Gedanken durch Aktivist*innen, der hektischen Organisierung in dem letzten halben Jahr und der Durchführung des ersten „Thematic Social Forum on Mining and the Extractive Economy“ (TSF) im südafrikanischen Johannesburg im November 2018. Treu blieb man der sympathischen, wenngleich oftmals nervenden Struktur der WSF und auch diskursiv stellte man sich durchaus in die Tradition der WSF, was insbesondere in den Eröffnungsreden mehr als deutlich wurde. „Viva World Social Forum“ schallte es mehrfach durch den Saal.

Ein Problem, das sich beim WSF immer stärker gezeigt hatte, war das Verschwinden der verschiedenen Bewegungen in dem, was heute wohl die eigene 'Filterblase' genannt würde: anstatt wirklich eine „Bewegung der Bewegungen“ abzubilden, in der über Spektren und politische Positionen hinweg miteinander diskutiert wurde, blieben diese Diskussionen auf vereinzelte Zirkel begrenzt. Zum Ende hin wurde immer deutlicher, dass dies den großen Aufwand nicht lohnte. Ein weiteres Problem war das Fehlen gemeinsamer internationalistischer Strategien– z.B. zwischen Nord und Süd, oder zwischen Süd und Süd. Stattdessen wurde sich vor allem gegenseitig erzählt, was gerade so passiert (und in Salvador wurde nicht einmal klar, dass der Faschismus dort nur ein paar Monate entfernt war). Gemeinsame Politik war Fehlanzeige.

The good …

Beim TSF sollte das anders werden. Erstens sollte der in der Vergangenheit viel beschworene Süd-Süd-Austausch im Mittelpunkt stehen, ohne die globale Perspektive zu vernachlässigen – das wurde erreicht. Das WSF stellte in seiner klassischen Form lediglich einen Raum des politischen Austausches dar. Auf dem TSF galt es zweitens explizit einen politischen Fokus, eine Forderung – die nach einem „Right to say no!“ von mining-affected communities – in den Vordergrund zu stellen und damit ein verbindendes Element zu schaffen. Drittens, ging es weniger um die Alternative im Bergbau als zum Bergbau („to build a movement against extrativism“), um der immer wieder zitierten und viel versprochenen Mär zu begegnen, das Bergbau auch positive Effekte für Communities mit sich bringt. Und das im Johannesburger Mining District, quasi „im Herz der Bestie“ mit Nähe zu Anglogold Ashanti und anderen. Also nicht ohne Reiz. Die Anwesenheit von zeitweise 500 Teilnehmer*innen, davon eine große Anzahl von mining-affected communities, war durchaus beeindruckend, auch wenn die Zahl durch Erschöpfung im Laufe der Tage abnahm. Nicht minder eindrucksvoll die Zählung allein von Vertreter*innen aus 28 afrikanischen Ländern. Die Jet-Set-NGO-Szene, die zunehmend die WSF dominierte, war kaum präsent. Pluspunkte also für den politischen Ansatz und die Anzahl von Leuten.

… the bad (which is sometimes good!)…

Dennoch: Auch ein thematisches Sozialforum kann nicht einfach die Widersprüche und Gegensätze auflösen, welche schon das WSF umtrieben. Deutlich wurde das wieder einmal am klassischen Spannungsfeld Gewerkschaftler*innen und Umweltgerechtigkeitsaktivist*innen. Aber das muss ausgehalten werden in den Debatten und Diskursen – hier wurde es spannend.

Zielführender waren da schon konkretere Ansätze wie zum UN Treaty, der auf verbindliche Rechtsnormen und Klagemöglichkeiten gegen Unternehmen bei Menschenrechtsverstößen abzielen soll, und auf den sich viele Hoffnungen projizieren, oder die Fallstudien. Aber auch hier verharrte man überwiegend in der Beschreibung. Die Wege zu den (ökonomischen) Alternativen oder auch die notwendigen Protest- und Mobilisierungsrepertoires blieben vage.

… and the ugly

Vieles hat sich gegenüber den alten WSF also durchaus verbessert, manches – die Sache mit den Alternativen – können wir dem TSF nicht vorwerfen, ohne die Schwächen bei Uns selbst ebenso zu sehen. Jedoch... die Sache mit den Methoden. Wann stehen wir endlich auf und blockieren physisch jedes langweilige Vielpersonenpanel, mit dem Schlachtruf „Break the Panels“, vielleicht sogar „Right2SayNoToBoredom“? Wann lernt es die linke Szene, dass altverdiente WSF-Kämpen überziehen und – leider zunehmend – bekannte Wahrheiten wiederholen? Kontrovers wird es dadurch leider zu wenig, wenn dem auch noch ein ständiges „We need …, we should“ folgt, ohne konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Da dankt man doch den community struggles.

At the end?

Der Testballon stieg gut auf. Zu fragen gilt, wie es weitergeht. Wenn man in den nächsten zwei Jahren das Konzept weiterentwickelt, neue Methoden aufnimmt und diesen global verbindenden Right to say no-Ansatz beibehalten kann, dann ist durchaus Potenzial vorhanden. Denn nur die eindeutige politische Positionierung und Abgrenzung gegen andere „alternative“ Foren – die Alternative Mining Indaba in Kapstadt 2019 wirft ihre Schatten voraus – gibt dem TSF die Legitimität.