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Erste Internationale Feministische Sommerschule der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Belgrad

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Frauen der Welt, vereint Euch!

«Die strukturelle Benachteiligung von Frauen gleicht einem Yeti: Jeder spricht darüber, aber noch niemand hat ihn ernsthaft gesehen.» so die Einschätzung der  AFD Politikerin Nicole Höchst in der Debatte zum Internationalen Frauentag 2018 (Deutscher Bundestag 2018c, 1387). Ihrer Ansicht nach soll mensch also glauben, es gäbe sie nicht - die Benachteiligung von Frauen. Und das bei einem deutschen Gender Pay GAP von 21 Prozent, um nur die sichtbarste aller Benachteiligung von Frauen zu nennen.

Woanders sieht’s nicht besser aus.  Im Tschechischen Parlament sitzen 44 Frauen  156 Männern gegenüber und das im Jahre 2018. Österreich kürzt 2018 massiv die Gelder für Projekte, die sich explizit an Frauen richten. In Russland wird 2017 häusliche Gewalt zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft. In Brasilien wird 2018 ein offen sexistischer Kandidat zum neuen Führer des Landes gewählt. Die Liste von Verschlechterungen, die sich besonders auf die Lebensrealität von Frauen und LGBTIQ-Menschen auswirken, ließe sich beliebig verlängern.  Auch wenn wir dieses Jahr 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland feiern – scheint es manchmal, als wäre der Kampf um Gleichberechtigung noch im Kindesalter und nicht ein altersweiser Mensch. Als müsste frau / mann / transgender gerade jetzt wieder ganz von vorne anfangen.

Auf der anderen Seite gingen aber im März 2018 über 5 Millionen Menschen in Spanien in den feministischen Generalstreik, #metoo war 2017 der Beginn einer weltweiten Debatte über sexuelle Belästigung und erst jüngst haben bei den amerikanischen Kongresswahlen Frauen wie nie zuvor Stimmen und Sitze gewonnen. Linke Frauen und LGBTIQ* Menschen sind gut vernetzt und schaffen es zunehmend, die ideologischen Gräben zu überwinden, die den Rest der Linken noch so oft lähmen und Koalitionen verhindern.

Die RLS wollte dies nutzen und ihren Partner*innen einen Raum für Vernetzung, Weiterbildung und Strategieentwicklung anbieten. Sie lud zur Feministischen Sommerschule ein. Anfang Oktober 2018 trafen sich an die 90 Teilnehmende - allesamt Aktivist*innen, Campaigner*innen oder Organizer*innen in linken Parteien, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften in Europa, den USA und Lateinamerika in Belgrad, der Hauptstadt Serbiens.

Unter dem Titel «Feminist Class Politics — Exchanging Theory and Practice» gab es drei Tage intensive Workshops, Debatten, Diskussionen – aber auch Trainings zu Text und Sprache, Körperwahrnehmung und Selbstverteidigung.

Fest steht: Es bedarf neuer Strategien, die den Kampf mit dem rechten Autoritarismus und den neoliberalen Auswüchsen des Kapitalismus ermöglichen. Strategien, die Frauen ermächtigen und den Männern gleichstellen. Strategien, die den alten weißen Mann alt aussehen lassen.

Könnte eine neue feministische Klassenpolitik so eine Strategie sein? Dieser Ansatz bildete den Boden für viele fruchtbare Diskussionen. Was bedeutet feministische Klassenpolitik für die Intersektionalität? Für eine andere Wirtschaft? In den Kämpfen um den Erhalt der Natur? Wie können wir effektiv gegen sexuelle Gewalt vorgehen - nicht nur in Hollywood sondern auch an unseren gewöhnlichen Arbeitsplätzen? Wie können wir die Kämpfe für das Recht auf Abtreibung verbinden mit dem Konzept der reproduktiven Gerechtigkeit? Brauchen die in der Pflege und Fürsorge Arbeitenden eine feministische Klassenpolitik? Dies Fragen zogen sich durch die Debatten. Und dann immer wieder trotz der Diversität der Teilnehmer*innen und der spezifischen politischen Situation in den einzelnen Ländern, die Erkenntnis – es gibt so viele Gemeinsamkeiten.  „Patriarchy has a lot in common!“ wie es die amerikanische Journalistin Sarah Leonard kurz und knapp zusammenfasste.  Die Kämpfe sind so ähnlich. Aber wir müssen sie besser verbinden. Bessere Arbeitsbedingungen sind genauso wichtig wie gute Gesundheitsfürsorge, das Recht auf Abtreibung aber auch das Recht auf Kinder, ein an die Bedürfnisse von Frauen angepasster öffentlicher Nahverkehr genauso wie die Anerkennung von Pflege- und Fürsorgezeiten bei der Rentenberechnung und dass in Nord und Süd – Ost und West.

Ein Ergebnis des Treffens steht auf jeden Fall schon mal fest.  Auch wir haben jetzt ein transnationales Netzwerk und erste gemeinsame Aktivitäten sind bereits in Planung.

Und am 8. März 2019 gehen wir in den Streik.

Denn wie schon die spanischen Frauen während ihres Generalstreiks dieses Jahr klar machten: Ohne Frauen steht die Welt still.