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Der Jurist und Aktivist Pradip Prabhu und sein Kampf für das indische Waldgesetz

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Antje Stiebitz,

Pradip Prabhu
Aktivist Pradip Prabhu Foto: Antje Stiebitz

Indiens Oberster Gerichtshof hat entschieden, dass mehr als eine Million indigener Familien aus 16 Bundesstaaten ihren Lebensraum verlassen müssen. Grundlage ist das Waldgesetz (Forest Rights Act), dass der indigenen Bevölkerung eigentlich das Recht zugesteht, auf ihrem angestammten Land zu leben – auch in Tierschutzgebieten. Doch unter anderem Naturschutzverbände haben gefordert, den Forest Rights Act zugunsten des Tier- und Naturschutzes auszuhebeln. Dabei existiert das Waldgesetz in seiner jetzigen Form erst seit 2006. Der Jurist und Aktivist Pradip Prabhu hat über viele Jahre hinweg für dieses Gesetz gekämpft.
 

Der Kampf für den Wald fing mit dem Kampf gegen die Geldverleiher an. «Wir haben uns zuerst gegen diese ausbeuterische Praxis stark gemacht», erinnert sich Pradip Prabhu. Der Aktivist sitzt in einem Hotel der ostindischen Stadt Bhubaneshwar, wo gerade die internationale Konferenz «Food Sovereignty and Indigenous Food Systems» (sinngemäß: Ernährungssouveränität und indigene Nahrungsmittel) stattfindet – organisiert von der Organisation Living Farms und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

«Die indigene Bevölkerung hatte wenig Erfahrung im Umgang mit Geld», fährt der weißhaarige Mann fort. «Sie tauschten ihre Nahrungsmittel nur gegen Geld ein, wenn etwa ihre Kinder krank wurden und ins Krankenhaus mussten.» Die Händler hätten das ausgenutzt und kaum etwas für Produkte wie Reis bezahlt, erklärt Prabhu. Die Adivasi (sinngemäß: erste Bewohner) seien dadurch in einen Kreislauf der Armut geraten und hätten oftmals sogar Hunger gelitten. «Also haben wir die Lager der Händler aufgebrochen und die Reissäcke an die indigenen Bauern zurückgegeben.» Denn traditionell kennt die indische Urbevölkerung nur Gemeinschaftsbesitz. Sie bewirtschafteten ihre Felder gemeinsam. Die Ernte teilen sie untereinander auf. Das Maximieren von Gewinn ist ihnen fremd.

Die Rechte der indigenen Bevölkerung wurden bis in 1990er Jahren immer wieder durch Verfassungszusätze geregelt. Doch diese Zusatzartikel, erklärt der Jurist Prabhu, seien viel zu schwach gewesen, um die Selbstverwaltung der Adivasi durchzusetzen. Denn die Position der Adivasi war immer noch stark durch die britische Gesetzgebung geprägt, die es für Adivasi Ende des 19. Jahrhundert unter Strafe stellte bestimmte Gebiete ihres Walds zu betreten oder zu nutzen. Das unabhängige Indien verbesserte ihre Lage nicht. Denn die indische Regierung ordnete die Ansprüche der Adivasi an ihrem Wald dem «nationalen Interesse» unter. Damit stand dem Bau von Straßen, Staudämme und Industriekomplexen nichts im Wege.