News | Ausstellung zu Gustav Landauer in Berlin

Lesenswerte Begleitpublikation erschienen

Im Andenken an Gustav Landauer (1870-1919) und anlässlich seines 100. Todestages am 2. Mai eröffnete am 27. März 2019 die Ausstellung «Die Anarchie ist das Leben der Menschen, die dem Joche entronnen sind. – Gustav Landauer in Berlin 1889-1917» im ehemaligen Rathaus Kreuzberg. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der die Texte der Ausstellung in teils leicht erweiterten Fassungen wiedergibt.

Es handelt sich um 24 Beiträge zumeist aus der Landauer-Forschung bekannter Autor*innen. Sie schlagen den Bogen von Landauers Herkunft aus Karlsruhe über seine Zeit in Berlin bis zu seiner Ermordung in München im Zuge der Niederschlagung der dortigen Räterepublik. Drei weitere Texte widmen sich der unmittelbaren Nachwirkung sowie dem Gedenken Landauers in der Weimarer Republik (Erik Natter), seiner Wiederentdeckung in der Literatur (Anatole Lucet) und seiner Nachwirkung in alternativen Bewegungen (Elisabeth Voß). Ein Beitrag lässt Landauer in Auszügen aus seinem «Aufruf zum Sozialismus» (1911) selbst zu Wort kommen. Begleitet werden die Texte von zahlreichen, zum Teil kaum oder bislang unveröffentlichten Abbildungen.

In ihrer Zusammenschau geben die Beiträge einen Überblick über Landauers Leben und ermöglichen zugleich – thematisch konzentriert – tiefere Einblicke in dasselbe. So rücken erstmals auch die langen Jahre seines Wirken in Berlin stärker in den Vordergrund.

Tilman Leder widmet sich in seinem Text Landauers Aktivitäten als Redakteur der Zeitschrift «Der Sozialist». Über die anfänglichen Richtungskämpfe der Beteiligten, die schnell einsetzende Verfolgung des Blattes und eine erste Haftstrafe für Landauer bis hin zum Wiedererscheinen des «zweiten Sozialist» lässt sich Landauers Tätigkeit als junger Redakteur hier gebündelt nachvollziehen.

Jan Rolletschek bespricht im anschließenden Text die Idee der Freien Volksbühne und deren Realisierung. Bis 1918 blieb Landauer in der Verwaltung der Volksbühne, die vier Jahre zuvor ein eigenes Haus auch durch sein Engagement eröffnen konnte, stark verankert.

Birgit Seemann wendet sich dem «Bund mit Hedwig Lachmann» zu, die Landauer 1899 kennenlernte und mit der ihn eine lebenslange «intensive Liebes- und Arbeitsgemeinschaft» verband.

Viele weitere Beiträge befassen sich mit Landauers jüdischer Identität, seinen pazifistischen Bestrebungen und seiner politischen Verfolgung. Sie gehen auf sein Engagement für die Konsumgenossenschaft «Befreiung», für freie Schulen und die damalige Jugendbewegung ein oder besprechen die Gründung des «Sozialistischen Bundes» und das Wiedererscheinen des «Sozialist» als dessen «Organ».

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Mai im Rathaus Kreuzberg und anschließend ab 16. Mai 2019 im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin zu sehen. Begleitend finden ein Rahmenprogramm und Führungen statt. Informationen und Kontakt: gustav-landauer.org

Nico Bischoff

Gustav Landauer Denkmalinititative (Hrsg.): «Die Anarchie ist das Leben der Menschen, die dem Joche entronnen sind.« – Gustav Landauer in Berlin 1889-1917. Ausstellungskatalog, Berlin 2019. Die 60seitige Broschüre ist gegen Spende und Porto bei der Denkmalinitiative sowie in ausgewählten Berliner Buchhandlungen zu beziehen.