News | Erinnerungspolitik / Antifaschismus - GK Geschichte - 70 Jahre. Befreiung! Neuanfang? Deutsches Historisches Museum (Hrsg.): 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang. Zwölf Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, 2015

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Bernd Hüttner,

Am 25. August 1944 wurde Paris befreit. Im Monat darauf wird Luxemburg von den Truppen der Alliierten erreicht. Im dem von knapp 300.000 Menschen bewohnten Land können sich 2500 Deserteure und andere Angehörige des Widerstands wieder aus ihren Verstecken wagen. Durch die Ardennenoffensive wird aber der Nordteil Luxemburgs Ende 1944 ein zweites Mal von deutschen Truppen besetzt, und Luxemburg wird erst am 22. Februar 1945 endgültig befreit. Ebenfalls ungefähr 2500 Personen werden in Luxemburg wegen Kollaboration verurteilt, die allermeisten zu Strafen unter fünf Jahren, acht werden hingerichtet. Wer von den Verurteilten Mitte 1947 die Hälfte seiner Strafe bereits verbüßt hat, wird zu diesem Zeitpunkt schon entlassen.

In den benachbarten Niederlanden sind bei Kriegsende 200.000 Menschen tot, über die Hälfte von ihnen Juden und Jüdinnen. Von den bei Kriegsbeginn in Holland lebenden Juden und Jüdinnen werden über drei Viertel ermordet. Für die Niederlande ist aber, neben der Debatte um den Umgang mit Kollaboration, für die Nachkriegszeit die beginnende Entkolonialisierung wichtig. 1949 wird z.B. das heutige Indonesien unabhängig. In den Beiträgen zu Polen und dem zur Sowjetunion wird die immense Zerstörung, die die deutsche Armee dort anrichtete, überdeutlich.

Dies sind nur einzelne Aspekte aus einigen Ländern, um die es im Buch „1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang“ geht. Dessen Beiträge thematisieren die wirtschaftlichen und innen- wie außenpolitischen Probleme und Konflikte in zwölf europäischen Ländern; die AutorInnen fragen danach, in welchem Zustand sich Gesellschaft und politisches System am Ende des Krieges befinden, und danach, welche Umwälzungen die Nachkriegszeit prägten. Die Veröffentlichung behandelt Kriegsende und unmittelbare Nachkriegszeit in Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei, Polen, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und der Sowjetunion. Die Beiträge sind nach Ländern sortiert und bestehen in ihrem Umfang von ca. 20 Seiten jeweils zur Hälfte aus Text und Illustrationen. Es handelt sich um eine von Universitätsangehörigen verfasste populärwissenschaftliche Publikation, die viel erzählt, aber auch Zahlen nennt. Ihre Zielgruppe sind in erster Linie die MuseumsbesucherInnen, SchülerInnen und andere Interessierte.

Es handelt sich aber– und dies ist auch so zu erwarten – um Überblickstexte, transnationale Vergleiche werden z.B. keine vorgenommen. Das Buch ist die Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin, das seit seiner Gründung Anfang der 1990er Jahre das „Nationalmuseum für Geschichte“ in Deutschland ist. Es ist kein Katalog, denn die in der Ausstellung wichtigen „exemplarisch ausgewählten“ 36 Biografien, die dort „die Vielschichtigkeit individuellen Erlebens“ verdeutlichen sollen, so die Pressemitteilung zur Eröffnung der Ausstellung, kommen im Buch nicht explizit vor.

Die Sonderausstellung ist noch bis 25. Oktober 2015 im Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin zu sehen.

Bernd Hüttner

Deutsches Historisches Museum (Hrsg.): 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang. Zwölf Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, 248 Seiten, 24,95 EUR, Theiss Verlag, ISBN 978-3806230611