News | Parteien / Wahlanalysen - Westeuropa - Europa links Die erste Linkskoalition seit der Zweiten Spanischen Republik

Unidas Podemos beteiligt sich an der Koalitionsregierung in Spanien unter Führung der Sozialdemokraten

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Die Bündnispartei Unidas Podemos betonte seit dem dritten Wahlgang ihre taktische Bereitschaft für die Bildung einer Linkskoalition, da sie unter Berücksichtigung der Enthaltung und Unterstützung anderer Parlamentsfraktionen eine «rot-rote» Regierungsbildung für möglich hielt. Der Vorschlag der Partei fand bislang kein Gehör, da Spanien auf staatlicher Ebene noch nie von einer Regierungskoalition geführt wurde.  Interview mit Pablo Iglesias im Mai, 2017, Foto: Álvaro Minguito, El Salto

Nach vier Wahlgängen in vier Jahren beteiligt sich das linksalternative Bündnis Unidas Podemos (UP) mit einem Minderheitsanteil an der Koalitionsregierung unter Federführung der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE). Der Generalsekretär der UP, Pablo Iglesias, soll einer der stellvertretenden Ministerpräsidenten werden und seine Partei soll vier Ministerien besetzen. Ausschlaggebend für die Koalitionsbildung waren die Enthaltung der katalanischen und baskischen Unabhängigkeitsparteien ERC und EH Bildu und die Ja-Stimmen von kleineren Regionalparteien sowie der nationalistischen Parteien PNV (Baskenland) und BNG (Galizien).

Eine Einschätzung aus dem Europa-Büro Brüssel von Vera Bartolomé und Amelia Martínez Lobo.
 

Nach dem Wahlgang am 10. November 2019, und wie wir bereits in früheren Artikeln anmerkten, waren die rechten und extremrechten Parteien aufgrund der Machtverhältnisse im spanischen Parlament nicht in der Lage, eine Regierung zu bilden. Demgegenüber konnte die PSOE ihre politische Basis weitgehend erhalten, und obwohl die UP erneut ein schlechteres Ergebnis verzeichnete, erzielten die radikalen Linksparteien in Spanien eines ihrer besten Wahlergebnisse, um Umgestaltungsprozesse auf staatlicher Ebene anstoßen zu können.

Die Bündnispartei Unidas Podemos betonte seit dem dritten Wahlgang ihre taktische Bereitschaft für die Bildung einer Linkskoalition, da sie unter Berücksichtigung der Enthaltung und Unterstützung anderer Parlamentsfraktionen eine «rot-rote» Regierungsbildung für möglich hielt. Der Vorschlag der Partei fand bislang kein Gehör, da Spanien auf staatlicher Ebene noch nie von einer Regierungskoalition geführt wurde.

Die Gespräche, die im November aufgenommen und weniger als 48 Stunden nach den Wahlen vom 10. November öffentlich gemacht wurden, prägte indessen der deutliche Sinneswandel der PSOE unter Pédro Sánchez. Zumal sich die Partei zuvor vehement gegen eine Koalitionsregierung gestemmt hatte. Nach den gescheiterten Versuchen im Sommer 2019 kommt diese nun doch zustande, und die UP soll dabei einen stellvertretenden Ministerpräsidenten (die Koalition verfügt über vier solcher Kabinettsposten) in der Person von Pablo Iglesias stellen und vier Ministerien besetzen. Für das Arbeitsministerium und das Ministerium für Verbraucherschutz sind jeweils Yolanda Díaz und Alberto Garzón, beide Mitglieder der Partei Izquierda Unida und der Kommunistischen Partei, vorgesehen. Irene Montero von Podemos, die derzeitige Sprecherin der Parlamentsfraktion, wird voraussichtlich mit dem Ministerium für Gleichstellung betraut, während das Ministerium für Universitäten einem Mitglied der Partei En Comú Podem, Manuel Castells, zugedacht ist.

Vor dem Hintergrund der von der Europäischen Union geforderten Strukturreformen, die von der spanischen stellvertretenden Ministerpräsidentin mit Schwerpunkt Wirtschaft Nadia Calviño streng verteidigt werden, steht die Regierung vor vielfältigen Herausforderungen. Wenig überraschte, dass das von beiden Parteien beschlossene Regierungsprogramm ein Rückgängigmachen der drakonischen Maßnahmen zum Ziel hat, die von der spanischen Volkspartei PP in ihrer Amtszeit implementiert wurden. Gleichzeitig soll aber die von Brüssel auferlegte Ausgabenobergrenze eingehalten werden, die eine größere soziale Umverteilung und eine weitreichende wirtschaftliche Umgestaltung verhindert. Die PSOE, der alle Wirtschaftsressorts zufallen, hat jedoch bereits erklärt, dass sie sich Brüssel nicht widersetzen wird. Auch in der Migrationsfrage – die PSOE soll auch die Minister*innen für Migration und Grenzsicherung stellen – scheint nichts auf eine Kehrtwende hinzudeuten. Spanien erweist sich somit auch als getreuester Verfechter dieser Politik. Desgleichen soll im Handelsministerium und im Auswärtigen Amt die politische Linie aus der vorhergehenden Amtsperiode beibehalten werden.