Die Rosa-Luxemburg-Stiftung erreicht die Zielgruppe Jugend über ein Netz von Bildungsträgern, die auch untereinander kooperieren. Im November steht auf der Tagung des Stiftungsverbundes zur Entscheidung, ob sie zusätzlich eine eigene Jugendbildung der Landesstiftungen fördert. Dies sollte im Rahmen des Jugendbildungsnetzwerks erfolgen.
Schon die Idee war ungewöhnlich. Andere Stiftungen schreiben Projekte aus, wählen unter BewerberInnen aus oder schaffen sich einen Veranstalter-Pool, an den sie Aufträge vergeben. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung dagegen beteiligte vor rund acht Jahren Bildungsträger an der Auswahl zu fördernder Projekte. Anfangs funktionierte das nicht – einerseits aus Konkurrenzgründen, andererseits da sich die Beteiligten kaum kannten. Dennoch reservierte die Stiftung einvernehmlich einen Teil der Mittel für die künftige Vernetzung linker Bildungsinitiativen und ‑träger.
Ein halbes Jahr später fand eine erste gemeinsame Tagung statt, die ein enormes Bedürfnis nach Austausch, Kooperation und Entwicklung gemeinsamer Handlungsfähigkeit offenbarte. Alle Beteiligten waren von dessen Stärke überrascht, ebenso wie von der Vielfalt der Projekte, die ans Netzwerk andockten. Ihre Spanne reichte von Politgruppen, die die eigene Qualifizierung organisieren, über Jugendverbände und ‑vereine bis zu kleinen und mittleren Trägern, deren MitarbeiterInnen mit Bildung ihren Lebensunterhalt verdienen. Im Jahr 2004 ging die Förderung in die Regie des Netzwerks über. Seitdem waren 176 Partnerinnen und Partner an den Angeboten beteiligt, davon 45 aus den alten Bundesländern.
Die Heterogenität der Träger ermöglicht lebhafte Diskussionen über kritischen Gehalt und Arbeitsformen linker Bildung, bisher ohne Spaltungstendenzen oder politische Dominanzen. Zahlreiche gemeinsame Projekte sind so als offene Arbeitsgruppen im Netzwerk oder in direkter Kooperation entstanden. Das Ineinander von politischer und theoretischer Auseinandersetzung und gemeinsamer praktischer Arbeit hat die Debatten qualifiziert und die sozialen Beziehungen so intensiviert, dass sie auch Meinungsverschiedenheiten aushalten. Die Stiftung steht zu dem Umfeld in produktivem Austausch, ohne dass das Netzwerk ein Organ der Stiftung im engeren Sinn ist, sondern eine bilaterale Schnittstelle. So setzt und fördert die Stiftung Schwerpunkte und hat in der politischen Jugendbildung einen Einfluss gewonnen, der wegen der Vernetzung der Träger untereinander viel stärker ist als bei eindimensionaler Förderung. Zugleich nimmt sie Diskurse, Kontakte und Projektideen auf, die sie verarbeitet und nutzen kann. Effizient ist die Sache auch: im Jahr 2009 wurden für 192 Einzelaktivitäten 87.000 Euro ausgegeben – von einem so reichhaltigen und sparsamen Jugendprogramm können andere Stiftungen nur träumen.
Das außergewöhnliche Gründungsverfahren war geringen Finanzmitteln und schwacher Verankerung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in der Jugendbildung geschuldet – aber auch der Überlegung, dass eine Struktur nur tragfähig wird, wenn die Beteiligten Verantwortung übernehmen. Heute gibt es ein eigenes Gremium, das Ausschreibungen formuliert, über Förderanträge entscheidet und Entscheidungskriterien transparent macht. Der «Vergabeausschuss» setzt sich paritätisch aus Vertreterinnen und Vertretern aus dem Netzwerk und den Landesstiftungen zusammen. Der Ausschuss entscheidet zentral nach politischen und Qualitätsstandards, vor Ort setzen dann Bildungsträger und Landesstiftungen die Projekte gemeinsam um.
Dieses Verfahren hat sich bewährt. Dafür sprechen neben den vielen erfolgreichen Projekten auch die gewachsenen Arbeitsbeziehungen: die beteiligten Landesstiftungen sind heute mit Initiativen und Trägern eng vernetzt, viele haben sogar Netzwerker im Vorstand und unter ihren MitarbeiterInnen. Mehrere Landesstiftungen bringen ins Netzwerk finanzielle Mittel ein. Dem Aufbau einer eigenen Jugendbildung muss das nicht entgegen stehen: so erarbeitete bei der Hellen Panke im Jahr 2006 eine Gruppe junger Mitglieder – angeregt von Auseinandersetzungen im Netzwerk – ein eigenes Jugendbildungskonzept, zwei Jahre später gab es dafür eine halbe Stelle. Vergangenes Jahr erreichten 17 Einzelveranstaltungen und ein Kapital-Lesekurs insgesamt 290 Teilnehmende. Drei der Veranstaltungen setzte die Helle Panke in Kooperation mit dem Netzwerk- Träger reflect! um, die übrigen allein. Heute ist die Panke mit politischen Initiativen von Jugendlichen vernetzt und wird auch für deren Veranstaltungen angefragt. Der Aufbau einer guten Jugendbildung bei den Landesstiftungen bedarf einer aktiven – und auch einer finanziellen – Beteiligung am bestehenden Jugendbildungsnetzwerk.
Knut -Sören Steinkopf ist aktiv im Demokratischen Jugendforum
Brandenburg . Peter Wagenknecht ist Jugendbildungsreferent bei
der «Hellen Panke » – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin