News | Krieg / Frieden Nato auflösen: und was dann?

Eine Argumentationshilfe

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Thomas Händel,

Thomas Händel Foto: RLS

Die LINKE will die NATO auflösen. Manche Menschen können diese Position nicht nachvollziehen. Sie beobachten eine Welt voller Unsicherheiten, eine globale Aufrüstungsspirale, eine Zunahme von Kriegen, Fluchtbewegungen und neuen Bedrohungen. Die Auflösung der Nato erscheint ihnen als utopisch oder gar gefährlich. Die LINKE will die NATO auflösen, weil sie sie für ein Relikt des Kalten Krieges hält, das nicht dem Frieden dient, sondern sich von einem Verteidigungsbündnis in ein von den USA dominiertes Militärbündnis kriegführender Staaten verwandelt hat. 

Die Forderung nach einer Auflösung der NATO wird von der LINKEN zudem an die Forderung nach Aufbau eines kollektiven Sicherheitssystems unter Beteiligung Russlands geknüpft. Dessen oberste Ziele müssen Rüstungskontrolle und Abrüstung von atomaren und konventionellen Waffensystemen und der militärischen Offensivfähigkeiten sein, flankiert von Maßnahmen der Annäherung, Vertrauensbildung, Diplomatie und friedlichen Zusammenarbeit.

Institutionelle Kernelemente für eine neue solche Friedensordnung existieren mit der «Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa» (OSZE) und dem Europäischen Rat bereits heute. Die OSZE, hervorgegangen aus der zweijährigen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1973-1975), besteht aus 57 Staaten weltweit – auch aller Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Sie soll die NATO ablösen.

Wie soll ein solches kollektives Sicherheitssystem aussehen? Die OSZE liefert diesbezüglich eine wichtige Vorlage. In der OSZE-Schlussakte sind zehn Prinzipien formuliert:

  • die Achtung der Souveränität der beteiligten Länder,
  • keine Androhung oder Anwendung von Gewalt,
  • die Unverletzlichkeit der Grenzen,
  • die Achtung der territorialen Integrität der Unterzeichner-Staaten,
  • Die friedliche Regelung von Streitfällen,
  • keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Unterzeichner-Staaten,
  • die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
  • die Achtung der Selbstbestimmung der Völker,
  • die Zusammenarbeit gemäß der Charta der Vereinten Nationen,
  • die Erfüllung aller völkerrechtlichen Verpflichtungen.                                            

Die OSZE-Mitgliedstaaten verständigten sich auf eine Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt sowie vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich, z.B. die Beobachtung von größeren Militärmanövern. Abrüstungsvereinbarungen wurden nicht getroffen. Die Schlussakte von Helsinki, unterzeichnet am 1. August 1975, dem 61. Jahrestag vom Beginn des Ersten Weltkriegs, war kein verbindlicher Vertrag, sondern eine Selbstverpflichtung.

Alle Seiten bewerteten die Schlussakte als Erfolg. An der Schlussakte von Helsinki anzuknüpfen und sie in einen völkerrechtlichen Vertrag weiterzuentwickeln und zu präzisieren, wäre die Aufgabe eines neuen kollektiven Sicherheitssystems.

Darüber hinaus wäre perspektivisch auf ein System kollektiver Sicherheit im eurasischen Raum hinzuarbeiten, das auch im Verhältnis zu China auf Entspannung setzt und neben Abrüstung und Rüstungskontrolle in Bezug auf atomare Mittelstreckenraketen – ein neuer INF-Vertrag diesmal unter Einschluss Chinas – auch die gemeinsame Bearbeitung von anderen Menschheitsfragen erlaubt: Frieden, Klima, Technologietransfer, soziale Frage, demokratische Teilhabe.