News | Mario Keßler und die Kommunismusforschung

Zum neuen Heft 3/2021 von «Arbeit - Bewegung - Geschichte»

Information

Der Eintritt in den Ruhestand von Mario Keßlerim März 2021 ist Anlass der jüngsten Ausgabe einer für die Erforschung des Kommunismus und der Arbeiter_Innenbewegung im deutschsprachigen Raum immens wichtigen Zeitschrift. Dabei ist keine Festschrift im klassischen Sinne entstanden.

Keßlers Schaffen und Wirken wird kurz und knapp im Editorialskizziert und gewürdigt, um dann von sechs seiner Doktoranden in einer Darstellung darüber, «[w]as es zur Geschichte der Linken im zwanzigsten Jahrhundert noch zu entdecken gibt», als wichtige Referenz, als Initiator und Wegbereiter in einem gewichtigen Literaturbericht zur Erforschung der Linken eingebunden zu werden. Nicht zuletzt seine Arbeiten als Autor und seine Tätigkeit als Herausgeber verdeutlichen Keßlers eigene wichtige Rolle und Platz innerhalb der Forschung. Dieser Bericht erweist sich als außerordentlich nützliche Fundgrube über das bisher geleistete, so begegneten dem Rezensenten einige Titel, die ihm sonst unbekannt geblieben wären, wobei auch der englischsprachige Raum berücksichtigt wird, und spart zudem nicht mit dem Aufzeigen der Lücken: es sind insbesondere Frauen und die Geschlechterverhältnisse, die noch weiterer Forschung bedürfen. Im Weiteren sind es die Themen «Jews and the Left» (hier vor allem im deutschsprachigen Raum) und die Geschichte nach 1945 und wie hier an frühere Traditionen konkret angeschlossen wurde oder eben auch nicht, die tiefergehender Beschäftigung bedürfen. Auch die Bedeutung der Arbeiterbewegung für die Demokratiegeschichte ist längst nicht in allen Facetten und auch systematisch deutlich gemacht worden. Die Autoren skizzieren auch die verschiedenen methodischen Zugänge der Forschung und bieten somit einen reflektierten und hilfreichen Überblick zum Stand der historischen Kommunismusforschung, dem nur zu wünschen ist, eine breite Leserschaft zu erreichen.

Auch die folgenden Beiträge des Heftes sind allesamt lesenswert und bieten Einblicke in Themen, die bislang wenig bekannte Zusammenhänge und Hintergründe beleuchten: so portraitieren und würdigen Johannes Spohr und Claudia Krieg die lettische Jüdin und Rotarmistin Eva Vater (Artikel online). Jakub Vrba schreibt über das Ansinnen der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, die mittelalterliche Hussitenbewegung als Anknüpfungspunkt für die eigene Identität und damit der Geschichtspolitik zu benutzen.

Wie jedes Heft wird auch dieses abgerundet durch einen umfangreichen Rezensionsteil, für den man als Leser_in nur dankbar sein kann, ist doch die alleinige Orientierung angesichts zahlloser Veröffentlichungen kaum noch zielführend möglich, ohne solcherlei Vorarbeiten. Bleibt noch zu erwähnen, dass in diesem Jahr die Jahrgänge 2002 bis 2015 des Vorgängertitels JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung digital und ohne Beschränkung zugänglich gemacht wurden (Link zur Bibliothekder Friedrich-Ebert-Stftung). Auch das ist überaus begrüßenswert für alle Interessierten.

«Arbeit - Bewegung - Geschichte» H. 3/21, 218 Seiten, Einzelheft 14 EUR plus Porto. Jahresabonnement drei Hefte 39 Euro (49 Euro im Ausland), incl. Porto. Bezugüber den Metropol-Verlag.