Die Nachricht vom Tod Hermann Scheers hat Trauer und Bestürzung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung ausgelöst. «Das ist ein großer Verlust für die gesellschaftliche Linke», sagte das geschäftsführende Vorstandsmitglied Florian Weis. Der Politiker und alternative Nobelpreisträger sei ein hoch angesehener Experte für Energie- und Friedensfragen sowie ein Streiter für parteiübergreifende, zukunftsorientierte Entwürfe einer solidarischen Gesellschaft gewesen.
Scheer stand mit seinem Wissen auch der Rosa-Luxemburg-Stiftung seit Jahren als wichtiger Ratgeber zur Seite – etwa bei Fragen des sozialökologischen Umbaus und modernisierter linker Gesellschaftskonzepte. Erst vor gut zwei Wochen war er Eröffnungsredner der internationalen Nachhaltigkeitskonferenz «Power to the People - Neue Energie für linke Alternativen» in Berlin. Er hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für ein dezentrales Energiesystem aus hundert Prozent erneuerbaren Energien. Die herrschende Debatte um Energie aus Öl, Kohle und Atomkraft kritisierte er als verlogen: «Die ökonomische Wahrheit wird nicht gesagt.» Der nötige Systemwechsel komme einem milliardenschweren «sozialen Wirtschaftsprogramm» vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene gleich.
Im Juni 2010 hatte Scheer auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung auf dem Fest der Linken in Berlin gesprochen. Bei der Podiumsrunde «Solidarisch in die Offensive» sprach sich der Mitinitiator des Instituts Solidarische Moderne für ein Crossover der Linken in der Bundesrepublik aus. «Dabei kommt es auch darauf an, die Grenzen der eigenen Partei zu überschreiten, vor allem das Schweigen untereinander zu durchbrechen», so Scheer. Die Linken müssten sich wieder eine gemeinsame Kommunikationsbasis schaffen.
Der Tod des SPD-Politikers geht auch persönlich nahe. «Hermann Scheer war seit 25 Jahren mein politischer Freund. Nach gemeinsamen Aktivitäten für Cubasolar haben wir seit Anbeginn bei Eurosolar zusammengearbeitet», sagte der Direktor des Zentrums für internationalen Dialog und Zusammenarbeit, Wilfried Telkämper. Auch die Kooperation auf europäischer und globaler Ebene mit Scheer sei stets bereichernd und solidarisch gewesen, so der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlamentes.
Hermann Scheer starb am Donnerstag morgen im Alter von 66 Jahren in Berlin.
Dokumentationen der Auftritte von Hermann Scheer bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in diesem Jahr finden Sie unter www.rosalux.de/shorturl/power-to-the-people sowie www.rosalux.de/shorturl/fdl-2010 .
Democracy Now!-Spezial mit einem der letzten Interviews mit Hermann Scheer:
http://www.democracynow.org/2010/10/15/hermann_scheer_1944_2010_german_lawmaker