News | Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR (Hrsg.): Alltag: DDR. Geschichten – Fotos – Objekte; Berlin 2014

Dieses Konzept der Verschränkung von Alltag und Politik, (...) bzw. von Alltag als Gegensatz und gleichzeitiger Bestandteil von Herrschaft ist schon durchdacht, grundsätzlich sympathisch und könnte auch funktionieren, allein - es tut es nicht.

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Bernd Hüttner,

Alltag:DDR ist die zweite Auflage des damals erschienenen Buches zur im Februar 2012 eröffneten, neuen Dauerausstellung des Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt. Das Dokumentationszentrum ist mittlerweile eine Abteilung des Städtischen Museums Eisenhüttenstadt und gilt als das Fachmuseum für die Alltagskultur der DDR.

Das Buch unternimmt anhand von Objekten, bzw. deren Abbildungen (158 s/w und 259 in Farbe) den Versuch, die Vergangenheit zu erkunden und danach zu fragen, wie der Alltag in der DDR funktionierte. Nach zwei Vorwörtern (u.a. von Thomas Lindenberger) und einem einleitenden Block über Eisenhüttenstadt als sozialistischer Neugründung, die von 1951 bis 1961 aus der Wiese gestampft wurde, folgen neun Kapitel: Bildung, Arbeit, Konsum, Lebensweise, Milieus, Macht, Grenzen und Heimat, Familie und schließlich Kommunikation. Diese werden jeweils durch einen kurzen Essay eingeleitet, um dann anhand einzelner Objekte und ihrer Geschichte vertieft zu werden. Anschließend folgen noch Beispiele aus der Ausstellung, die den Komplex illustrieren sollen.

Die Objekte entstammen dabei einem weiten Spektrum, sie decken implizit die ganze Gesellschaft und die komplette Zeitdauer der DDR ab. So finden sich Fotos, die oppositionelle Künstler_innen in kritischer Absicht getätigt haben, neben staatlichen Ausweisen, Uniformen neben (Fotos von) selbstgebauten Fluchtfahrzeugen und –booten, Shampoo-Flaschen neben FDJ-Abzeichen und Wimpeln und Mopeds neben Berichten aus Heimen für sog. „Schwererziehbare“.

Dieses Konzept der Verschränkung von Alltag und Politik, von Normalität und Herrschaft bzw. von Alltag als Gegensatz und gleichzeitiger Bestandteil von Herrschaft ist schon durchdacht, grundsätzlich sympathisch und könnte auch funktionieren, allein - es tut es nicht. Zumindest nicht in diesem Fall. Sicher ist so ein Band gerechterweise nur im Zusammenhang mit der begehbaren und deshalb wirkungsstärkeren Ausstellung zu sehen und zu beurteilen. Als alleinige Lektüre funktioniert er leider nicht wirklich. Er wirkt, trotz moderner Gestaltung, wie ein Modellbau- oder Spielzeugkatalog mit allerlei, aus heutiger Sicht obskuren Dingen. Die Essays enthalten einiges lesenswertes, aber auch viele Banalitäten.

Bernd Hüttner

Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR (Hrsg.): Alltag: DDR. Geschichten – Fotos – Objekte; Ch. Links Verlag, Berlin Dezember 2014 (2. Auflage), 336 Seiten, 19,90 EUR


Eigen-Sinn, Herrschaft und kein Widerstand, Artikel von Thomas Lindenberger auf docupedia.de (September 2014).