News | Soziale Bewegungen / Organisierung - Globalisierung - Europa global Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2022

Rückblick auf die Protest-Choreographie in Garmisch-Partenkirchen

Information

Author

Julia Killet,

Protestcamp zum G7-Gipfel in Elmau, 25.6.2022
Protest-Camp zum G7-Gipfel in Elmau, 25.6.2022, Foto: Julia Killet, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Beschlüsse des G7-Gipfels sind an Niederträchtigkeit kaum zu übertreffen: Entgegen des Versprechens auf dem Glasgower Weltklimarat wird weiter in fossile Energien investiert und wirksame Hilfen gegen den weltweiten Hunger bleiben aus. Bereits zum zweiten Mal trafen sich die Vertreter der sieben reichsten Länder der Welt im oberbayerischen Schloss Elmau. Um das Luxus-Hotel wurde eine vier Quadratkilometer große Sicherheitszone mit neuen Landeplätzen für Hubschrauber eingerichtet und von einem 16 km langen meterhohen Zaun abgeschirmt. 18.000 Polizist*innen und Sicherheitskräfte waren im Einsatz. In einem mobilen Justizzentrum mit Arrestzellen für 150 Personen waren rund um die Uhr Richter*innen und Staatsanwält*innen anwesend. Für die Sicherheitsmaßnahmen wurden Haushaltsmittel im Höhe von 180 Millionen Euro bereitgestellt.

Dr. Julia Killet war bei den Protesten gegen den G7-Gipfel in Elmau 2022 dabei. Sie leitet das Regionalbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern (Kurt-Eisner-Verein) in München.

Davon ließen sich Demonstrant*innen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Österreich und der Schweiz aber nicht abschrecken. Erst kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass der G7-Gipfel wieder in Bayern stattfinden sollte. Den Globalisierungskritiker*innen blieb also nur ein knappes halbes Jahr, um den Protest zu organisieren. Anfang Januar 2022 wurde die Aktionsplattform Stop G7 Elmau gegründet, die als loser Zusammenschluss von klimaaktivistischen, EineWelt-Engagierten, ökologischen, kapitalismuskritischen, antirassistischen, feministischen und antimilitaristischen Gruppen zusammenarbeitete. Die bundesweite Unterstützung war eher verhalten. Kaum eine Organisation hatten den G7-Gipfel als programmatischen Jahresschwerpunkt gesetzt.

Im Vorfeld des Gipfels luden Engagierte der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) und der «Gruppe international München» zu einer Mobilisierungsrundreise mit Aktivist*innen aus dem globalen Süden ein. In mehr als 20 Städten berichteten Referierende aus Mexiko, Namibia, der Westsahara, Honduras und Kurdistan, wie verheerend sich die Politik der G7 auf ihre Länder auswirkt und von Kontinuitäten des Kolonialismus. Die Karawane «Für das Leben statt G7» wie sich das von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützte Projekt nannte, stoppte auch auf der Demonstration in München und reiste dann weiter Richtung Elmau.

Zum Auftakt der Proteste hatten entwicklungspolitische und globalisierungskritische Organisationen in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein zum G7-Alternativgipfel mit dem Schwerpunkt «Global gerecht Wirtschaften in Krisenzeiten» eingeladen. In sechs Workshops diskutierten die rund 60 Teilnehmenden im hybriden Bildungsformat und unter Zuschaltung von internationalen Referierenden einen Nachmittag lag Themen wie Schuldenerlass, nachhaltiges Wirtschaften und Menschenrechte und stellten gerechte Alternativen zur neokolonialen Politik der G7-Staaten vor.

Unter dem Motto «Klimakrise, Artensterben, Ungleichheit — Gerecht geht anders!» riefen am nächsten Tag Nichtregierungsorganisationen, darunter Brot für die Welt, Bund Naturschutz, Campact, Greenpeace und Misereor zur «G7-Demo» in der bayerischen Landeshauptstadt München auf. Eine direkte Zusammenarbeit mit der Plattform StopG7Elmau wurde im Vorfeld abgelehnt. Zu groß war die Sorge, das gleiche Schicksal wie Attac zu erfahren. Drei Tage vor der Demo hatten in München acht Polizeibusse gebrannt, was ohne Beweise in einen Zusammenhang mit den G7-Protesten gestellt wurde. Auf der Demonstration wurden neun Personen festgenommen. Die Aktivist*innen beklagten ein «gewaltvolles Vorgehen» von Polizist*innen.

Von den 20.000 erwarteten Demonstrant*innen kamen nur 4.000 auf die Theresienwiese. Im Vergleich zu 2015 war die Teilnahme an allen Protestformen viel geringer. Das mag verschiedene Gründe haben: Zum einen waren dieses Mal SPD, Grüne und FDP die Gastgeber*innen des Gipfels, was die Unterstützung aus entsprechenden politischen Milieus reduzierte. Zum anderen wurde der Krieg gegen die Ukraine als zentrales internationales, politisches Thema wahrgenommen und band Kräfte. Auch die Ausläufer der Corona-Pandemie machten Planungen schwierig. Außerdem ist Bayern im Gegensatz zu Hamburg, wo 2018 der G20-Gipfel stattfand und die Proteste von zahlreichen linken Organisationen bundesweit unterstützt wurden, für Engagierte größerer Städte offenbar schwieriger zu erreichen. Zudem dürfte auch das bekannte gewaltvolle Vorgehen der Polizei wie auch das besonders repressive Polizeiaufgabengesetz in Bayern abgeschreckt haben. (Siehe auch: den Bericht über den Weltwirtschaftsgipfel 1992 in München)