News | Rosa-Luxemburg-Stiftung Class and the city

Ungewöhnliche Orte und neue Konzepte sollen junges Publikum anziehen. Episode 14 von Katharina Weise.

Neue thematische Ansätze und Veranstaltungskonzepte, ungewöhnliche Orte, jüngeres Publikum – ab Mitte des Jahres bis zum folgenden Sommer widmen sich mehrere Konferenzen in Berlin dem Prekariat und der Lage in der Kreativbranche, der Netzwelt und der Metropolenpolitik.

City, Cyber, Class, Creatives – so lassen sich die Themen der Symposien auf eine Kurzformel bringen. Ziel ist die Vernetzung von Wissenschaft, parlamentarischer Politik und außerparlamentarisch Engagierten. Im Fokus steht die Organisierung junger linker AkteurInnen. Den Bedürfnissen dieser Generation von politisch Interessierten wird der Programmablauf angepasst, multimediale Bildungsformate kommen zum Einsatz. Mal bauen die OrganisatorInnen das Foyer des großen Konferenzsaales am Franz-Mehring-Platz in eine gemütliche Lounge und Ort der Vernetzung um, mal geht es mit der gesamten Konferenz in ein Theater oder auf ein ehemaliges Industriegelände. In das Programm eingebunden werden Filme, Tanzperformances, Lesungen, anschließend wird zur Party vor Ort oder in einen angesagten Club geladen.

Den Auftakt bildet im Juni 2009 die Konferenz «Class in Crisis»zur Lage des globalen Prekariats. International renommierte WissenschaftlerInnen wie der Soziologe Lo|¨c Wacquant aus Berkeley sowie Frances Fox Piven und Darvid Harvey aus New York sprechen. AktivistInnen berichten von Organisierungsstrategien unter Flüchtlingen, prekär Beschäftigten und in Stadtvierteln. Ein Höhepunkt: Das Kollektiv KanalB und die Verkäuferin «Emmely» präsentieren den Film «Ende der Vertretung» über den Streik im Einzelhandel und Emmelys Kampf gegen ihre fristlose Kündigung wegen angeblich unterschlagener Pfandbons im Wert von 1,30 Euro.

Im Herbst geht es mit der Konferenz «Überleben in den Creative Industries» in den Prater der Berliner Volksbühne. Im Mittelpunkt stehen die gewandelten Arbeits- und Lebensbedingungen von Kreativen und Fragen der Organisierung. Wissenschaftliche Analyse trifft auf Literatur, Film, Musik und darstellende Kunst. Erneut kann die Stiftung bekannte internationale Forscher etwa aus Kanada, den USA und Großbritannien gewinnen, dazu VertreterInnen von Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und aus der Netz-Community. KünstlerInnen greifen das Konferenzthema in ihren Beiträgen auf, darunter die norwegische Tanzcompagnie «Baktruppen», die israelische Band «Ofrin», die «Bolschewistische Kurkapelle» sowie die Schriftsteller Raul Zelik und Karsten Krampitz.

In einer etwas kleineren Variante setzt die Stiftung die Debatte um digitale Produktionsverhältnisse, Aspekte der Informationsgesellschaft und politische Perspektiven im Mai 2010 mit der Tagung «Kapitalismus dot com» fort. Nach der Einführung zur «globalen Wissensökonomie» durch Ursula Huws von der London Metropolitan University werden im «Haus der Demokratie und Menschenrecht» Fragen der Arbeitsverhältnisse und des Eigentums, der Freiheitsrechte sowie der Interventionschancen diskutiert. Ein Fazit: Aus linker Sicht müssen die soziale Dimension von Netzpolitik sowie die Vernetzung linker AkteurInnen noch stärker in den Blick genommen werden. Im Juli schließt sich die Konferenz «Metropolenpolitik» auf dem ExRotaprint-Gelände in Berlin-Wedding an, einer früheren Druckmaschinenfabrik. Bei Gluthitze werden Stadtentwicklungskonzepte von London, Istanbul und Wien vorgestellt sowie in Workshops alternative Projekte aus Tel Aviv, Berlin, New York und Paris vertiefend diskutiert. Der Veranstaltungsort bietet einen passenden Raum für den Erfahrungsaustausch, werden dort doch selbst alternative Konzepte zum Umgang mit Eigentum und Stadtentwicklung umgesetzt. Neben Gentrifizierung, Privatisierung und Rekommunalisierung, Migration und Integration werden auch Fragen der Schrumpfung von Städten sowie der Umgang mit Großprojekten kritisch debattiert. Kreative Formen des Umgangs mit der Stadtteilveredelung erleben die TeilnehmerInnen bei der Megaspree-Parade und bei der Abschlussfeier im Club ://about blank am Ostkreuz.

KATHARINA WEISE IST REFERENTIN FÜR KOMMUNALPOLITIK IN DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG