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Nachruf auf Heinz Hillebrand

Heinz Hillebrand, 2019
Heinz Hillebrand (1954 - 2023)

Heinz Hillebrand, langjähriges Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, ist während seines Urlaubs in Tunesien plötzlich verstorben. Die Nachricht von seinem Tod hat uns tief getroffen. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen, engsten Freunden und Weggefährten.

Wir haben Heinz als revolutionären Sozialisten, als belesenen und wissbegierigen proletarischen Intellektuellen kennengelernt und als Mensch geschätzt. Mit unersättlicher Neugierde beschäftigte er sich mit Geschichte, Gesellschaftsanalyse und Großtheorien, wie sie nur der Sozial- und Bildungsaufsteiger herauszubilden vermag, für den das Studium der Geschichtswissenschaft im fortgeschrittenen Alter – mit 50 machte Heinz sein Abitur, studierte und promovierte dann mit einer Arbeit über kommunistische Dissidenten im Westen nach dem Mauerbau – keine bürgerliche Selbstverständlichkeit, sondern in Klassenauseinandersetzungen erkämpfte Errungenschaft war und ist. Dabei verriet Heinz nie die Klasse, aus der er kam, genoss die Güter aus der Welt des Geistes und die kühne Gedankenführung ohne vom Boden der Tatsachen abzuheben.

Heinz Hillebrand wurde politisch in und durch die Deutsche Kommunistische Partei sozialisiert, als er noch Lehrling und dann Arbeiter in einem Betrieb in Wuppertal war. Die unübersehbaren Widersprüche der DKP-Politik veranlassten ihn, sich für eine Erneuerung der Partei zu engagieren, die jedoch letztlich scheiterte. 

Es war ein durchaus typischer Werdegang, dass Heinz aus diesen Zusammenhängen nach 2004 über die WASG zur PDS fand und damit zur Gründergeneration der LINKEN gehörte. Mit linken ehemaligen Sozialdemokraten fand er sich dann in der gewerkschaftlich orientierten Sozialistischen Linken wieder und arbeitete – quasi in bester «Aktionseinheit» die Bedingungen «revolutionärer Realpolitik» und «radikalen Reformismus» auslotend – in dieser Linkspartei-Strömung zusammen.

Die breite Erschütterung über seinen Tod zeigt, wie sehr Heinz Hillebrand die Partei und die Stiftung vor allem bildungspolitisch prägte. Linke politische Bildung war ihm eine Herzensangelegenheit. Mit seinen Vorschlägen und Impulsen hat er die politische Bildungsarbeit der Stiftung konzeptionell unterstützt und maßgeblich mitgestaltet. Dabei hatte er vor allem die nichtakademischen Zielgruppen im Blick und wurde nicht müde, die Erarbeitung adäquater Bildungsmaterialien einzufordern.

Lebenslanges Lernen – Heinz hat diese vom Neoliberalismus als Anpassungsideologem geprägte Formel in intrinsischer Motivation mit kritischer Stoßrichtung gelebt, weil Wissensdurst seine Triebkraft blieb, die leichtfiel, weil sie sich mit ästhetischer Genussfähigkeit verband, wie sie beispielsweise in der Begeisterung für den Avantgarde-Freejazzer Peter Brötzmann ihren Ausdruck fand.

Heinz, der Denker, der Kämpfer und der Mensch, wird uns allen sehr fehlen. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.
 

Heinz Bierbaum, Vorstandsvorsitzender
Daniela Trochowski, Geschäftsführerin