Am 11. September 1973 stürzte das Militär unter Pinochet die erste demokratisch gewählte Regierung Chiles. Der Regierungspalast wurde gestürmt und der Präsident Salvador Allende getötet. Seine Regierungsmitglieder und Sympathisanten wurden verfolgt, gefangengenommen, verschleppt, gefoltert und viele wurden umgebracht. Es herrschte ein furchtbarer Terror im Land. Viele Verfolgte versuchten sich zu retten und ersuchten um politisches Asyl in den Botschaften.
50 Jahre später, am 26. Oktober 2023, hat die RLS Sachsen-Anhalt gemeinsam mit der GEW- Hochschulgruppe der MLU Halle-Wittenberg und der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt einen Zeitzeugen eingeladen, der an Rettungsaktionen beteiligt war: Rudolf Herz.
Rudolf Herz arbeitete zu dieser Zeit als Offizier im besonderen Einsatz und veröffentlichte seine Geschichte in dem Buch „Ich war OibE „Kern“ in Chile“.
Er berichtete emotional und mitreißend von den Schrecken des Putsches, der Wucht des unerbittlichen, brutalen Militärs einerseits und den politischen Überlegungen und taktischen Verhalten in den einzelnen Botschaften vor Ort andererseits.
Lateinamerikanische Botschaften konnten sofort Asyl gewähren, andere, auch die DDR-Botschaft, schlossen sich nach Rücksprache mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten an. In der DDR-Botschaft hatte u.a. auch der Senator und Generalsekretär der Sozialistischen Partei Chiles Carlos Altamirano Zuflucht gefunden. Es dauerte nicht lange, da waren die Botschaften überfüllt und es herrschten chaotische Zustände. Zudem wuchs die Sorge, von der Militärjunta gestürmt zu werden. So wurde beschlossen, gesuchte hochrangige Regierungsmitglieder außer Landes zu bringen. OibE „Kern“ war verantwortlich für die Ausschleusung des zweit wichtigsten Mannes der Allende Regierung. Am 5. November 1973 wurde Altamirano in einem präparierten Fluchtwagen – nach dem Vorbild eines deutsch-deutschen Schleuserfahrzeugs - erfolgreich über die Grenze nach Argentinien geschmuggelt. Die Operation blieb jahrelang geheim.
Weiterführende Infos finden Sie auch im Beitrag vom MDR zum Chile-Putsch mit Rudolf Herz.
Im Gespräch mit den VeranstaltungsbesucherInnen und dem Moderator glänzte Herz mit sehr umfangreichen und detaillierten geopolitischen, landeskundlichen und kulturellen Kenntnissen.
Im Anschluß an die Buchlesung haben zwei Exil-Chileninnen sehr ergreifend von ihren persönlichen Erlebnissen und den Ereignissen im familiären Umfeld während und nach dem Putsch in Chile sowie ihrer Auswanderung und dem Leben in der DDR berichtet.