Am Freitag, 4. November 2011 fand im Projekthaus Potsdam-Babelsberg eine Veranstaltung des Gesprächskreises 'Lebenszeit - Arbeitszeit' der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit dem Titel "Arbeitsnetzwerke - (un)möglicher Projekttraum?" statt. Referentin war Florence Holzner aus Neulengbach bei Wien, die ihr Projekt "Commons - Zentrum für Neue Arbeit und Neue Kultur Wienerwald" kurz vorstellte (Stichworte: ein Projekthaus - 2 Kindergruppen und 4 Büroarbeitsplätze unter einem Dach - geteilte Miete und Verantwortlichkeiten - interner Tauschring - Konzeption einer "Team-AG" zur Entwicklung unternehmerischer Aktivitäten, die sowohl an den persönlichen Begabungen und Leidenschaften der Beteiligten als auch an den regionalen Bedarfen und Möglichkeiten anknüpfen - Alterssicherung über Investition in Gemeinschaft), um relativ schnell in ein Gespräch überzugehen, das aus anregenden und teilweise sehr präzisen Fragen der TeilnehmerInnen, reflektierten Antworten der Referentin und verschiedenen Diskussionsbeiträgen aus dem Hintergrund eigener Erfahrungen aller Anwesenden bestand.
- Wer bestimmt in Eurem Projekt? Wie habt Ihr Entscheidungsstrukturen entwickelt? Wie seid Ihr zu einer gemeinsamen Idee von Eurem Traum gekommen?
- Wie löst Ihr ganz praktische Fragen, gibt es z.B. einen Putzplan?
- Gibt es Feinde des Projektes? Freunde? Verbündete? Ein Netzwerk? Wie ist Eure Beziehung zu Euren Vermietern, Nachbarn?
- Gibt es Knackpunkte in Eurem Projekt, um die Ihr Euch immer wieder dreht?
So wurden am Beispiel des vorgestellten Projektes Erfolge und Misserfolge betrachtet und gemeinsam Schlussfolgerungen für gelingende Kooperationsformen und Projektarbeit gezogen: "Was passiert, wenn wir gemeinsam mit anderen versuchen, unsere Träume zu verwirklichen?"
Folgende Aspekte wurden beleuchtet:
- Ist „mein Traum“ auch „dein Traum“? Wie groß ist die Schnittmenge?
- Vertrauen in unterschiedliche Arten und Weisen, den Traum umzusetzen, auf der Basis des gemeinsam bewusst gemachten, ausformulierten Traums
- Wieviel Energie ist vorhanden - bei mir, bei meinen Wunsch - KooperationspartnerInnen? Entsprechend fragen, Worte und Taten abwägen, ehrliche, deutliche Konsequenzen ziehen. Die Naivität verabschieden, dass man jeden davon überzeugen kann, dass man es gut meint - auch mal Kontakte loslassen, wenn es einfach nicht stimmig wird
- Verantwortlichkeiten klären: innerhalb des Projektes, und: für mein eigenes Wohlbefinden (Selbstverantwortlichkeit)
- Klarheit der Vereinbarungen und Entscheidungsstrukturen
- Verpflichtung zur Bewusstheit / zum Ausdruck von Selbstverständlichkeiten (die bei allen unterschiedlich sein können!), Beziehungspflege offen und ehrlich.
- Das Thema der Verlässlichkeit gemachter Zusagen als größte Herausforderung vieler Gemeinschaftsprojekte
- Zumindest zunächst: Traumverwirklichung trennen von der Existenzsicherung
- Gemeinschaftsarbeit - Tauschring - Ehrenamt
- Konflikte bewusst begehen, entschlüsseln. Lieber gemeinsam den Mangel "betrauern" und dann auch gemeinsam Lösungswege finden, als Vorwurfsfronten zu beleben
- Konsenslösungen nach dem Motto: was dient der Idee am ehesten? Und nicht nach persönlichen Vorlieben. Dafür muss die gemeinsame Idee sehr gefestigt sein.
- Wir alle zusammen sind mehr als die Summe der Einzelnen. Wie lässt sich diese Gruppen- oder System-Intelligenz für den gemeinsamen Traum nutzen?
- Das Projekthaus Wienerwalt muss ggf. aufgegeben werden - ist dann der Traum gescheitert? Nein – der Traum ist größer als das Haus. Dieser Aspekt der Verwirklichung hat so nicht funktioniert – es darf also weiter geforscht werden
- Betrachtung des Projektes als Praxisforschung. Es darf ausprobiert, es dürfen Fehler und somit Erfahrungen gemacht werden! Daraus gemeinschaftlich lernen.
In der Abschlussrunde zeigten sich alle TeilnehmerInnen sehr zufrieden mit dem Workshop. Es wurden neue Perspektiven und Anregungen gefunden, Parallelen zum eigenen Leben, zu eigenen Projekten, zum Arbeitsleben wurden erkannt. Neben dem Sinn, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und sich von anderen Projekten inspirieren zu lassen wurde folgende Feststellung als sehr ermutigend empfunden: Es macht ein gutes Gefühl, dass an vielen Orten Leute an ähnlichen Themen arbeiten, sich für Ähnliches engagieren! Das schafft Verbundenheit, auch wenn man sich nicht andauernd austauschen kann.