In Ludwigsburg referierte der Osteuropaexperte Dr. Felix Jaitner auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg und der Gruppe Ludwigsburg der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) sehr kenntnisreich über «Das System Putin und den Krieg in der Ukraine». Den Ausgangspunkt dieses bonapartistischen Regimes sieht er in der durch die ökonomische «Schocktherapie» nach der Auflösung der Sowjetunion ausgelösten Unsicherheit der Bevölkerung. Diese «Therapie» schon unter Jelzin war auch von der Metallindustrie in Baden-Württemberg massiv vorangetrieben worden, die Putin lange förderte. Widerstand gegen die wilde Privatisierung wurde unterdrückt und ein «Oligarchen-Staat» schützte die Eigentumsverhältnisse. Mit der Partei «Einiges Russland» habe Putin eine Plattform geschaffen für die Vermittlung zwischen unterschiedlichen Fraktionen der Elite. Rüstung diene der Stabilisierung der Wirtschaft, deren Basis der Rohstoffexport ist. Die Sanktionen wegen des Ukrainekriegs zwängen nun zum Versuch einer «Reindustrialisierung», die mit einem zunehmend aggressiven Nationalismus gefordert wird. Andererseits destabilisiere der Krieg auch den postsowjetischen Raum – die hegemoniale Kraft sowohl Russlands als auch des Westens seien ebenso geschwächt wie Völkerrecht, die UN und Abrüstungsbemühungen.
Mit weit über 70 Personen war die Veranstaltung sehr gut besucht. Gefragt wurde nach der Rolle der russischen Kommunistischen Partei KPRF, die Jaitner eher als «Scharfmacher« des Konflikt sieht. Von Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg könne kaum gesprochen werden, allerdings hätten ca. 1 Million junge Menschen das Land verlassen. Westliche Waffenlieferungen stachelten den Konflikt an mit verheerenden Folgen für die Ukraine.
Auf der Seite der Rosa-Luxemburg-Stiftung sind Arbeiten von Felix Jaitner frei verfügbar:
- Gescheiterte Modernisierung und imperiales Projekt. Die russische Außenpolitik im Spiegel ökonomischer und sicherheitspolitischer Interessen
- Frieren für die Freiheit? Die Folgen eines EU-Energieembargos für die russische Wirtschaft
auch sein wichtiges Buch:
Zuletzt erschien von ihm: «Russlands Kapitalismus. Die Zukunft des ‹System Putin›» (VSA Verlag 2023) In dem Sammelband «Die neuen Bonapartisten» schrieb er über «Die Entstehung des Kapitalismus und das ‹Regime der Ruhe›. Bonapartismus in Russland von Jelzin bis Putin». Der Sammelband steht ebenfalls kostenfrei online zur Verfügung.