News | Geschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus Daniel Blatman beendete Lesereise in Oranienburg

Präsentation des Buches über die Todesmärsche 1944/45

Am Samstag, dem 29. Oktober 2011, beendete der israelische Historiker Prof. Dr. Daniel Blatman, Direktor des Avraham Harman Institute of Contemporary Jewry der Jerusalemer Hebrew University, seine Lesereise, die ihn durch zwölf Städte in Deutschland führte. Die Lesereise war von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gemeinsam mit dem Rowohlt-Verlag organisiert worden. Letzte Station der Lesereise war die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Sachsenhausen. Diese Veranstaltung hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg gemeinsam mit der Leitung der Gedenkstätte vorbereitet.

Blatman stellte mit einem ausführlichen Vortrag (übersetzt von Helmut Ettinger) sein Buch „Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmordes“ vor, das 2010 im Rowohlt-Verlag erschienen ist. Das Buch ist das Ergebnis langjähriger Forschungen in zahlreichen deutschen, israelischen und amerikanischen Archiven und hat im deutschen Feuilleton große Aufmerksamkeit erregt.

Der Autor vertrat die Auffassung, dass den Todesmärschen 1944/45 kein strikter Befehl und keine systematische Vernichtungsstrategie mehr zugrunde lagen. Unmittelbar vor Kriegsende waren die ansonsten sehr bürokratisch und zentralistisch arbeitenden Nazibehörden dazu nicht mehr in der Lage. Sie befanden sich bereits in Auflösung. Auch der Auffassung Daniel Jonah Goldhagens, wonach die Todesmärsche das letzte Glied in der Kette eines ausschließlich antisemitisch begründeten Völkermordes waren, trat Blatman entgegen. Sonst ließe sich nicht erklären, warum auch aus Konzentrationslagern, in denen keine Juden inhaftiert waren, Todesmärsche stattfanden. Von den 700.000 Häftlingen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges auf die Todesmärsche gezwungen wurden, kamen 250.000 Menschen ums Leben.

Prof. Dr. Günter Morsch (Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten), der die Veranstaltung moderierte, erläuterte, dass der Begriff „Todesmarsch“ nicht von den Nationalsozialisten stamme. Er sei von den Häftlingen selbst geprägt worden, die sich bereits kurz nach Kriegsende in ihren Erinnerungsberichten dazu äußerten.

An der Veranstaltung im Informationszentrum der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg nahmen etwa 40 Personen teil.

 

Buchtitel:

Daniel Blatman: Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmordes. Rowohld-Verlag, Reinbek 2010, 864 Seiten, 34,95 Euro.