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Das Subversive Festival in Zagreb diskutierte die "Zukunft Europas"

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Viele Fragen, kontroverse Diskussionen und hunderte BesucherInnen. Das 5. Subversive Festival in Zagreb bot vom 13.-19. Mai ein lebendiges Forum für Debatten über die Krise der Europäischen Union und die Perspektiven der Linken auf dem Balkan. Zu den abendlichen Veranstaltungen kamen täglich nicht nur über 500 BesucherInnen aus Zagreb in das Kino Europa. In diesem Jahr waren zum ersten Mal auch Gäste aus allen Ländern in Südosteuropa eingeladen, um an Workshops teilzunehmen. Bekannte linksorientierte Intellektuelle wie Tariq Ali, Saskia Sassen, Bernard Cassen und Samir Amin bereicherten das Programm mit Vorlesungen.

Das Subversive Festival hat vor fünf Jahren als ein Filmfestival begonnen. Mittlerweile ist es der zentrale Treffpunkt einer sich neu konstituierenden Linken auf dem Balkan. Mit seinem reichen Programm an Workshops und Vorlesungen bildet es eine in dieser Form einzigartige Diskussionsplattform in Südost Europa. Im Mittelpunkt des diesjährigen Festivals standen drei Themen. Am 14./15. Mai wurde die „Krise in Europa“ diskutiert. Der „Kampf um die Commons“ wurde am 16. Mai ins Zentrum gerückt. Und am 17./18. Mai trafen sich Mitglieder zahlreicher sozialer Bewegungen und linksorientierter Organisationen aus der ganzen Region zu einem „Balkan Forum“. Zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Kriege im ehemaligen Jugoslawien 1991 kamen linksorientierte AktivistInnen aus einem breiten politischen Spektrum und aus allen Republiken bzw. autonomen Provinzen des ehemaligen Jugoslawiens sowie aus Albanien, Rumänien und Bulgarien zusammen, um gemeinsame Perspektiven zu diskutieren.

Die Krise der Europäischen Union sowie die „Eurokrise“ sind für die Länder auf dem Balkan zentrale Themen. Die Schuldenkrise in Griechenland und ihre politischen Implikationen haben unmittelbare Bedeutung für alle Länder Südost Europas. Wie Peter Damo von der Lehrergewerkschaft in Rumänien auf dem Panel „Schlechte und gute Nachrichten aus der EU Peripherie“ deutlich machte, fokussiert die internationale Öffentlichkeit stark auf die Krise in Griechenland. Tatsächlich sei die Lage in Griechenland aber in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit anderen Ländern der Region. In Rumänien werde die Austeritätspolitik nach dem griechischen Modell beispielsweise bereits seit 2010 durchgesetzt und entfalte ähnlich destruktive Wirkungen.

Während des Workshops zur „Krise in Europa“ wurden allerdings nicht nur die sozialen und politischen Auswirkungen der neoliberalen Austeritätspolitik diskutiert. Auch die Frage des Widerstandes spielte eine wichtige Rolle. Neben vielen anderen ReferentInnen gingen Christophe Ventura (Memoire des Luttes, Frankreich) und Elisabeth Gauthier (Transform) auf die erfolgreiche Kampagne der Front de Gauche in Frankreich ein. Nuno Serra (Bloco de Esquerda, Portugal) sprach über den Widerstand gegen die Kürzungsdiktate in Portugal. Haris Golemis (Nicos Poulantzas Institute, Griechenland) und Costas Douzinas (Berater von Syriza) erläuterten die aktuelle Lage in Griechenland. Walter Baier (Transform), Gáspár Miklós Tamás (Philosoph, Budapest), Alessandra Mecozzi (Metallgewerkschaft FIOM, Italien) und andere diskutierten auf einem Panel über die Möglichkeiten ein „anderes Europa“ zu schaffen. Dabei spielte die Frage, welche Folgen ein möglicher Wahlsieg von Syriza in Griechenland haben könnte, eine wichtige Rolle. Als Zeichen der Solidarität mit den zeitgleich stattfinden Blockupy Proteste in Frankfurt a.M wurde von den TeilnehmerInnen eine Resolution verabschiedet.

Von großer Bedeutung für die sich neu konstituierende Linke in Südost Europa war vor allem das „Balkan Forum“, das vom Belgrader Büro der Rosa Luxemburg Stiftung unterstützt wurde. Unter dem Motto „Towards a Balkan Social Forum“ kamen Akteure linker Organisationen und sozialer Bewegungen aus der ganzen Region zu einem bisher einmaligen Treffen zusammen. Arlind Qori (Tirana), Agon Hamza (Pristina/ Ljubljana), Mate Kapovic (Zagreb) und andere sprachen über die Durchsetzung neoliberaler Austeritätspolitik, die Einführung von Flat-Tax-Regimen und die Durchsetzung einer rücksichtslosen Privatisierungspolitik in Albanien, Kosovo und Kroatien. Vuk Bačanović (Sarajevo) und Zdravko Saveski (Skopje) machten am Beispiel Bosnien-Herzegowinas und Mazedoniens deutlich, wie die lokalen Eilten ethnonationale Ideologien als Ressourcen zur Stabilisierung von Machtpositionen einsetzen. Der beiden Referenten sprachen über die Notwendigkeit der Herausbildung eines neuen „Klassenbewusstseins“, um die Nationalismen in der Region zu überwinden. Wie u.a. Vladimir Simović (Belgrad) deutlich machte, bietet vor allem der Widerstand gegen eine weitere Privatisierung und Kommodifizierung öffentlicher Güter („Commons“) eine strategische Klammer für die vielen parzellierten sozialen Kämpfe, die bisher von StudentInnen oder Beschäftigten im städtischen Dienstleistungsbetrieben weitgehend getrennt geführt werden. Ein besonderes Gewicht hatte vor diesem Hintergrund das Panel zu „Deindustrialisierung und ArbeiterInnenwiderstand“, an dem gewerkschaftliche Aktive aus Kroatien und Serbien teilnahmen.

Zum Abschluss des „Balkan Forums“ resümierten die Organisatoren des Subversive Festivals, Srećko Horvat und Igor Štiks, die Ergebnisse. Wie Štiks ausführte, zeigte das Forum die „Möglichkeit und Notwendigkeit“ für einen „anderen Balkan“ der sozialen Gerechtigkeit, direkten Demokratie und der Emanzipation. Zwar zeigten sich deutliche Unterschiede in der Situation in den einzelnen Ländern, gleichzeitig zeigte sich aber auch die „dringende Notwendigkeit“ Bündnisse sozialer Bewegungen in den einzelnen Ländern und über alle Grenzen hinweg aufzubauen. Diese Bewegungen sollten den Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ neu definieren und Fragen der Menschenrechte, der Minderheitenrechte und Geschlechtergerechigkeit integrieren.

Zum Ende des Festivals fand am 19. Mai eine Diskussion zum Thema „Die Zukunft des Balkans“ statt, an der mit Renata Salecl (Ljubljana), Boris Buden (Berlin) und Dubravka Ugrešić (Niederlande) einige der bekanntesten Intellektuellen und SchriftstellerInnen aus der Region teilnahmen. Sie überprüften unter anderem kritisch den Gebrauch des Begriffs „Balkan“, der sowohl in der westlichen Öffentlichkeit als auch in der Region selbst gleichzeitig Angst und Faszination auslöst. Interessant waren auch die Parallelen, welche in dieser Diskussion zwischen der strukturell-institutionellen Krise der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) in den achtziger Jahren und der Krise der Europäischen Union ausgemacht wurden.