News | International / Transnational - Europa Deutsche Antifaschisten im sowjetischen Exil 1933-1956

Ausstellung «Ich kam als Gast in euer Land gereist …» in Moskau eröffnet

Am 16. April 2013 wurde in Moskau die Ausstellung «Ich kam als Gast in Euer Land gereist… Deutsche Antifaschisten im sowjetischen Exil 1933-1956» eröffnet. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des Büros Moskau der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des Russischen Staatsarchivs für soziale und politische Geschichte (RGASPI) und wurde von einer Gruppe von mehreren WissenschaftlerInnen unter der Leitung von Wladislaw Hedeler als Kurator gestaltet. Die zweisprachige Ausstellung (deutsch und russisch), zu der auch ein Katalog vorliegt, wird 2013/14 in Russland (Moskau, Nowosibirsk, St. Petersburg), in Kasachstan (Karaganda) sowie in mehreren Bundesländern hier in Deutschland zu sehen sein. Außerdem ist eine Präsentation im Europaparlament in Brüssel geplant.

Die in dieser Ausstellung dokumentierten Familiengeschichten zeigen, so heißt es in einem Begleittext zur Präsentation, das widerspruchsvolle Schicksal deutscher AntifaschistInnen in der Sowjetunion der Stalinzeit. Sie kamen als Arbeitssuchende Anfang der 1930er Jahre oder nach 1933 als politisch Verfolgte in das Land ihrer Träume und Hoffnungen. Sie waren FacharbeiterInnen, JournalistInnen, LehrerInnen, MedizinerInnen, KünstlerInnen, ArchitektInnen. Ab 1936 wurden sie Opfer staatlichen Terrors, vom NKWD ermordet oder in Straflager deportiert, auf lange Jahre nach Sibirien und Kasachstan verbannt oder in Kinderheime zwangsweise eingewiesen. Sie wurden zu doppelt Verfolgten. Auch das Ende von Krieg und Faschismus brachte vielen Exilanten nicht die erhoffte Freiheit. Erst in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre konnte das Gros der in der Verbannung Lebenden ausreisen. Für sie war es die lang ersehnte Rückkehr in die Heimat, für ihre in der Sowjetunion sozialisierten Kinder ein schwerer Neubeginn im fremden Land.

In den Begrüßungsworten würdigte der Direktor des RGASPI, Andrej Sorokin, die von der Arbeitsgruppe anhand von Recherchen in seinem sowie in anderen Archiven vorgelegten Forschungsergebnisse. Die Ausstellung umfasst 21 Roll-up Tafeln mit 15 exemplarischen Biographien sowie weitere Tafeln mit Informationen zu den historischen Hintergründen. Die präsentierten Biographien sind neu erschlossene Datensammlungen, denen bisher unbekannte Materialien aus dem Besitz der Betroffenen und aus deutschen und russischen Archiven zugrundeliegen. 

Tiina Fahrni, Leiterin des RLS-Büros in Moskau, dankte dem Direktor des RGASPI für die Möglichkeit, die Ausstellung in seinem Archiv eröffnen und erstmals präsentieren zu können. Sie dankte ebenfalls dem Kurator und seinen MitarbeiterInnen für die von ihnen geleistete Arbeit.

Als Vertreterin des Vorstandes der RLS eröffnete Kerstin Kaiser (MdL) gemeinsam mit Wladislaw Hedeler die Ausstellung. Sie gab einen kurzen Einblick in die Arbeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und ordnete die Ergebnisse der Ausstellung in die gemeinsame deutsche und russische Geschichte ein. Danach stellte Wladislaw Hedeler die Arbeit am Projekt sowie deren Realisierungsschritte vor und ging auch auf die geplanten weiteren Ausstellungsorte ein.

Im anschließenden Rundtisch-Gespräch, das von Tiina Fahrni unter dem Titel «Deutsch-russische Migrationserfahrungen im Spiegel von Frieden und Krieg» moderiert  worden ist, standen sowohl die Arbeit am Ausstellungsprojekt als auch Informationen russischer TeilnehmerInnen vom «Museum Deutscher Antifaschisten Krasnogorsk», von der «Vereinigung ehemaliger minderjähriger Häftlinge des Faschismus», von «Memorial» sowie von Aleksandr Vatlin von der Moskauer Lomonossow-Universität im Mittelpunkt. Dabei wurden vor allem Fragen nach dem Quellenzugang in russischen und deutschen Archiven sowie den persönlichen Kontakten der ForscherInnen mit Familienangehörigen der in der Ausstellung präsentierten Personen thematisiert.

Außerdem wurde die Arbeit der RLS und ihrer Landesstiftungen auf dem Gebiet der Geschichtspolitik sowie der deutschen und europäischen Zeitgeschichte vorgestellt und auf zukünftige Projekte verwiesen. Wichtige Jahrestage, wie 100 Jahre Beginn des Ersten und 75 Jahre Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahr 2014 sowie der vor 25 Jahren begonnene Weg in die deutsche Einheit, würden in den kommenden Jahren eine wesentliche Rolle in der geschichtspolitischen Arbeit der RLS spielen.

Die Ausstellung wird ab dem 16. Mai 2013 in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin gezeigt. Weitere bisher geplante Ausstellungsorte in Deutschland sind Elgersburg und Potsdam.