News | GK Geschichte Zeitschrift für Weltgeschichte Heft 1/2013 erschienen

Transnationale Unternehmen - Globale Netzwerke und lokales Engagement ist der Schwerpunkt des eben erschienen Heftes 1/2013 der Zeitschrift für Weltgeschichte. Die herausgeberInnen schreiben: "Mit Durchsetzung der Industrialisierung im 19. Jahrhundert von ihrem Ausgreifen von Nordwest Europa und Nordamerika auf die Welt wurden auch ihre wesentlichen Errungenschaften sukzessive exportiert. Zunächst in Form von Waren, sodann von Investitionsgütern und schließlich wurde mehr oder weniger systematisch in verschiedenen Teilen der Welt in Infrastruktur sowie Produktionsanlagen investiert, um vor Ort für regionale Märkte in Übersee zu produzieren. Dieser Prozess wurde Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Begriff "Weltwirtschaft" subsummiert, wobei man diesen Terminus ebenso für die Jahrhunderte zuvor benutzen kann - dann allerdings ohne moderne Infrastruktur, das Fabriksystem und vor allem ohne die systematische globale Arbeitsteilung.

In der vorliegenden Ausgabe der ZWG interessieren weniger die ökonomischen Beziehungen der Weltwirtschaft, sondern ihr Trend zur globalen Vernetzung, insbesondere das Spannungsfeld zwischen den handelnden politisch und kulturell national geprägten Subjekten und einem internationalen besser noch weltweiten Umfeld. Wie wirkt sich das Wissen über den internationalen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen aus? Für Immanuel Kant war klar: In einer vom ewigen Frieden garantierten, sich in freiem Handel austauschenden Welt wirft der Bürger seine enge lokal, regional und national geprägte Schale ab und wird zum Weltbürger, dem dann über kurz oder lang eine politische Weltstruktur folgt. So einfach verlief die seitherige Entwicklung jedoch nicht. Die Globalisierungsvorgänge erwiesen sich als komplizierter. Die transnationalen Unternehmer, die das Geschäft seit einigen Jahrhunderten in alle Winkel der Welt trieb und treibt, bleiben bisher noch national verhaftet. Das gilt auch, wenn sie die Seite wechselten und ausgewandert sind. Es scheint selbst dann noch zu gelten, wenn sie de facto gleichzeitig an mehreren Stellen der Welt leben und hin und her pendeln.
Die Frage ist also eher: Wie wirkt sich die Spannung zwischen den Akteuren der Weltwirtschaft und ihren lokalen wie nationalen Identitäten aus? Was bedeutete das Engagement in einem international operierenden Geschäft für die politische Einstellung? Wie wirkt sich Weltgewandtheit im lokalen Kontext aus? Hatte sie progressive, konservative, allgemein kritische Einstellungen zur Folge? Was folgt daraus die kulturellen Einstellungen? Welche Rolle spielte das internationale Geflecht an persönlichen Kontakten und engen persönlichen Beziehungen im lokalen Umfeld? Wie verhalten sich dabei Geschäft und öffentliches Engagement und ist dahinter vielleicht sogar ein System erkennbar, etwa die Volatilität des geschäftlichen Wirkens auf den trans- und internationalen Märkten eine Bindung oder sogar feste Verwurzelung entgegenzusetzen? Das Schwerpunktthema "Transnationale Unternehmer - Globale Netzwerke und lokales Engagement" hat viele Dimensionen und auf viele Fragen werden nur fragmentarische, vorläufige Antworten gegeben werden können."

INHALT

Jan Hüsgen
Die Herrnhuter Brüdergemeine als globales Unternehmen

Adelheid von Saldern
Ein rheinisches Textilunternehmen und sein transregionales Netzwerk

Klaus Weber
Diamonds & Charity: Imperiale Dimensionen jüdischer Wohlfahrtspflege in London im Kontext der osteuropäischen Migration 1885-1919

Ralf Roth
Alles über Metallhandel, Eisenbahnen und wie die soziale Frage zu lösen ist. Frankfurts Global Players Charles Hallgarten und Wilhelm Merton in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg

Tobias Brinkmann
Profit vs. Solidarität? Jacob Schiff, Albert Ballin und die jüdische Auswanderung aus Osteuropa 1890-1914

Burkhard Breslauer
Von der Datenverarbeitung zur Informationstechnologie: Mythos IBM

Arnnold Heitzig
Globale Netzwerke und lokales Engagement am Beispiel der Commerzbank als
international operierender Großbank

Imre Levai, Peter Szatmari
Pfade der Modernisierung: catch-up oder take off?

Christoph Mertl
Review: Angela Schottenhammer, Peter Feldbauer (Hg.): Die Welt
1000-1250

Klemens Kaps
Review: Immanuel Wallerstein: Das moderne Weltsystem IV

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