News | J. Bacia/D. Leidig: »Kauft keine Früchte aus Südafrika!«. Geschichte der Anti-Apartheid-Bewegung, Frankfurt/M. 2008

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Bernd Hüttner,

1999 übernahm das in Duisburg ansässige Archiv für alternatives Schrifttum (afas) das Archiv der Bundesgeschäftsstelle der Anti-Apartheid-Bewegung (AAB). Das afas konnte damit als eines der größten nichtstaatlichen Archive zu den neuen sozialen Bewegungen seinen umfangreichen Beständen weitere 1200 Leitzordner hinzufügen. Der ganze Bestand der AAB wurde im afas katalogisiert und für die Ordner ein elektronisches Findbuch erstellt. Ein Produkt dieser Erschließungsarbeiten ist das hier anzuzeigende Buch.
Die AAB wird im April 1974 auf Initiative des Arbeitskreises Südliches Afrika Mainz gegründet. Ihr vorrangiges Ziel ist es, die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Kirchen der Bundesrepublik mit dem Rassistenregime in Südafrika anzuprangern, immerhin ist die Bundesrepublik damals der größte Handelspartner Südafrikas. Es entsteht ein Netz von Bündnispartnern aus Kirchen, außerparlamentarischen Gruppen und Initiativen, aber auch aus Parteien und Gewerkschaften. Eine der ersten öffentlichkeitswirksamen Kampagnen steht unter der Parole „Kauft keine Früchte aus Südafrika! Baut nicht mit an der Mauer der Apartheid“. Boykott ist ein relativ neues und wirksames Instrument, denn Orangen gibt es in jedem Supermarkt, der Boykott ist eine Aktionsform, der sich viele Menschen niedrigschwellig anschließen können – und dies auch tun. Andere Kampagnen oder Kongresse thematisieren die Verbindungen zwischen deutschen Banken und der südafrikanischen Wirtschaft, wieder andere beschäftigen sich mit der militärisch-nuklearen oder der kulturellen Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Südafrika. Die AAB kann als erfolgreiche soziale Bewegung angesehen werden, denn ihr wichtigstes Anliegen war spätestens mit den freien Wahlen im April 1994 erreicht.
Mit dem Buch liegt die bisher einzige Darstellung der Geschichte der AAB vor. Sie erzählt chronologisch und minutiös die Ereignisse in und um die AAB nach. Jene hatte zwar nur kurze Zeit mehr als 1000 Mitglieder, verfügte aber über einen sehr aktiven, in lokalen Gruppen organisierten Kern. Die Vielfalt und Streitigkeiten der Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika werden ebenso dargestellt wie der Widerhall, den diese Konflikte dann innerhalb der AAB und anderer Organisationen der internationalistischen Solidaritätsarbeit haben. Die AAB wird im politischen Kontext ihrer Zeit geschildert - und dazu gehören auch die ermüdenden Debatten um die eigene Linie wie diejenigen mit den Bündnispartnern.Dabei zeigt sich, dass das politische Spektrum der Anti-Apartheid-Aktiven von den Kirchen bis zu denjenigen reicht, die keine Probleme mit der Außenpolitik der DDR oder der Sowjetunion haben. Diese Konflikte sind heute teilweise kompliziert nachzuvollziehen, und nur noch von historischem Interesse; wie auch das ganze Buch unter einer gewissen Detailverliebtheit leidet, die die Lebenswelt der engagierten Apartheidsgegner völlig ausblendet.
Fast genau 20 Jahre nach ihrer Gründung benennt sich die AAB unter Beibehaltung ihrer Abkürzung in „Afrika Süd Aktions Bündnis“ um, 2001 löst sich die AAB in die KOSA (Koordination Südliches Afrika), einen Dachverband von Nichtregierungsorganisationen, hinein auf. Die AAB war Geschichte geworden.

Jürgen Bacia / Dorothée Leidig: „Kauft keine Früchte aus Südafrika!“. Geschichte der Anti-Apartheid-Bewegung; 29,90 EUR, 356 S., Brandes und Apsel Verlag, Frankfurt/Main 2008